Finanzen

Zentralbank der Zentralbanken warnt vor Blasen im Finanzsystem

Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich wählt ihre Worte mit Bedacht. Im Klartext warnt sie vor dem Platzen riesiger Bewertungsblasen an den Aktien-, Anleihe- und Derivatemärkten.
01.03.2021 14:02
Lesezeit: 3 min

Das seit Jahren andauernde Nullzinsumfeld sowie die Aussicht auf weitere Jahre einer weltweit extrem expansiven Geldpolitik treibt Investoren aus Sicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zunehmend in riskante Spekulationsgeschäfte.

„Die erhöhte Risikobereitschaft zeigte sich in einem anhaltend starken Absatz von Unternehmensanleihen, insbesondere von Unternehmen mit einem niedrigeren Rating“, teilte die BIZ am Montag zur Veröffentlichung ihres jüngsten Quartalsbericht mit. Je schlechter die Bonität eines Unternehmens eingestuft wird, desto größer ist die Möglichkeit eines Bankrotts.

Allerdings erhalten Investoren für ihren riskanteren Einsatz auch höhere Zinsen als bei Unternehmensanleihen im als relativ sicher geltenden Investment Grade-Bereich. Das Emissionsvolumen hochverzinsliche, riskanter, Papiere sei im ersten Jahresviertel mehr als doppelt so groß gewesen wie im Durchschnitt der Auftaktquartale 2010 bis 2019. Die in Basel ansässige BIZ gilt als Zentralbank der Notenbanken und ist eine wichtige Denkschmiede für die Geldpolitik.

Zu der gestiegenen Risikobereitschaft hat aus Sicht der BIZ-Experten auch die Erwartung beigetragen, dass die Notenbanken ihre Geldschleusen weiter unbegrenzt offenhalten und in den USA ein massives konjunkturelles Hilfspaket auf den Weg gebracht werde. Anfang 2021 seien in den USA und in den Schwellenländern die Finanzierungsbedingungen konjunkturstützender gewesen als zu jedem Zeitpunkt in den vergangenen zehn Jahren.

„Anzeichen von Überschwang“

Dabei habe das Verhalten von Privatanlegern „Anzeichen von Überschwang“ gezeigt, erklärte die BIZ – eine zurückhaltende Formulierung, welche im Klartext wohl eher mit den Worten „angesichts der dauerhaften Interventionen der Zentralbanken und der Drückung der Leitzinsen auf Null gehen Anleger inzwischen jedes Risiko ein, um noch ein paar Prozent Rendite erwirtschaften zu können“ ausgedrückt werden sollte.

Die Kapitalflüsse in Aktien weckten laut BIZ „Erinnerungen an den Technologieboom Ende der 1990er Jahre.“ So sei die Zahl der Börsengänge nach oben geschnellt und auch der Anteil nicht profitabler – also rote Zahlen schreibender – Firmen, die den Finanzmarkt anzapften, habe zugenommen. Auch diese Formulierung klingt eher zurückhaltend – tatsächlich dürfte es eine ernste Warnung sein, dass aus Sicht der BIZ-Analysten eine riesige Spekulationsblase kurz vor dem Platzen steht.

In ihrem Quartalsbericht wies die BIZ auch auf den jüngsten Anstieg der Renditen langlaufender Staatsanleihen hin, welcher die Aktienmärkte in den vergangenen Tagen ins Trudeln gebracht hatte. Zu den Gründen zählte sie, dass Notenbanken versprochen hätten, vor einer Straffung ihrer Geldpolitik erst abzuwarten, bis sich die Konjunktur vollständig von der Pandemie erholt habe. „Das macht es wahrscheinlicher, dass die expansivere Fiskalpolitik und die jüngste Rally bei Öl und anderen hochgradig zyklischen Rohstoffpreisen inflationäre Auswirkungen hat,“ schreiben die Analysten. In der Euro-Zone hatten sich zuletzt mehrere EZB-Notenbanker besorgt über den Anstieg der Anleiherenditen gezeigt.

Abkopplung von der Realwirtschaft

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich warnte schon in ihrem letzten Quartalsbericht Anfang Dezember vor Risiken im Unternehmenssektor. Die Institution wies dabei auf die niedrigen Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen hin - eine Folge stark steigender Anleihekurse. Diese Entwicklung stehe im Widerspruch zu dem unsicheren mittelfristigen Wirtschaftsausblick, schreibt die BIZ.

Ein gegensätzliches Signal komme etwa aus dem Bankensenktor. So hätten die Geldhäuser in den USA und Europa ihre Vergabestandards für Kredite zuletzt verschärft. In der Vergangenheit hätten sich die Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen und die Kreditstandards jedoch im Gleichklang bewegt. Dass dies aktuell nicht so sei, erklärt die BIZ mit den Anleihekäufen der Notenbanken, der allgemein extrem lockeren Geldpolitik und der damit einhergehenden Suche der Anleger nach Rendite.

„Zwischen den Bewertungen risikobehafteter Wertpapiere und dem Wirtschaftsausblick scheint weiterhin eine gewisse Diskrepanz zu bestehen“, sagte Claudio Borio von der BIZ, auch mit Blick auf die hohen Bewertungen an den Aktienmärkten. Damit ist im Klartext gemeint, dass sich die Bewertungen an den Aktien- und Anleihemärkten von der Entwicklung der Realwirtschaft abgekoppelt haben. Die Märkte bewegten sich aufgrund der Erwartung verfügbarer Corona-Impfstoffe zwar in die richtige Richtung. „Die Bewertungen liegen jedoch wieder über oder nahe den vor der Pandemie verzeichneten Niveaus, als überzogene Bewertungen bereits ein Thema waren“, warnte Borio.

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