Politik

Opposition: Bundesregierung will Mitsprache des Bundestags bei Corona in speziellem Gremium „versenken“

Die Oppositionsparteien FDP und Grüne kritisieren Pläne der Bundesregierung zur Bildung eines speziellen Gremiums.
02.03.2021 15:56
Aktualisiert: 02.03.2021 15:56
Lesezeit: 2 min

Der Bundestag soll nach den Vorstellungen von Union und SPD mithilfe eines neuen Gremiums mehr Mitsprachemöglichkeiten beim Kampf gegen die Corona-Pandemie erhalten. Dazu soll ein „Parlamentarisches Begleitgremium Covid-19-Pandemie“ eingesetzt werden, wie aus einem Antrag der Koalitionsfraktionen hervorgeht. Darin heißt es: „Das interdisziplinäre Gremium soll aktuelle sowie künftige gesundheitliche und soziale Fragen der Bewältigung der Covid-19-Pandemie behandeln und gibt auf wissenschaftlicher Grundlage Handlungsempfehlungen.“

Der Antrag liegt auch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. Demnach soll das Gremium ein Unterausschuss des Gesundheitsausschusses werden, aus 21 Abgeordneten bestehen und externe Sachverständige einbeziehen. Zu seinen Themenfeldern soll die Erforschung und Bekämpfung von Virusmutationen ebenso gehören wie die Produktion und Beschaffung von Impfstoffen oder das Lernen und Lehren während der Pandemie.

Vor allem die Opposition im Bundestag hat immer wieder kritisiert, dass das Parlament bei den Maßnahmen gegen die Pandemie zu wenig mitzureden habe. Allerdings hatte der Bundestag selbst zum Beginn der Pandemie durch das Feststellen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite der Regierung weitgehende Handlungsfreiheit gegeben. In dieser Woche will der Bundestag über das Fortgelten der Notlage entscheiden. Die Verlängerung soll künftig immer nur noch für drei Monate gelten.

Kritik aus der Opposition

Das von Union und SPD geplante Gremium stößt bei der FDP auf starke Kritik. „Die Sache riecht ganz nach einem mit heißer Nadel gestrickten Ablenkungsmanöver“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, am Dienstag in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. „Die Frage, wie es in der Pandemie weitergeht, gehört ins Plenum des Deutschen Bundestag. So werden Transparenz und Öffentlichkeit gewährleistet. Diese Fragen dürfen nicht in einem neuen Unterausschuss eines Fachausschusses versenkt werden“, sagte Buschmann. „Das Konzept ist zudem widersprüchlich.“ Einerseits solle das Gremium interdisziplinär arbeiten. Andererseits werde gerade kein gemeinsamer Unterausschuss der verschiedenen betroffenen Fachausschüsse gebildet.

Auch die Grünen im Bundestag kritisieren die Pläne. Es handle sich um ein „untaugliches Ablenkungsmanöver“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Dienstag. Entscheidend sei, dass die Bundesregierung nicht länger „in eigenen Nebenrunden hinter verschlossenen Türen“ wichtige Entscheidungen treffe. „Der Bundestag braucht keinen Placebo-Ausschuss, sondern muss sich sein Entscheidungsrecht zurückholen.2 Das Plenum müsse über die pandemische Lage und einen Risikostufenplan zur Pandemiebekämpfung entscheiden können.

Die Bundesregierung solle einen interdisziplinär besetzten Pandemierat einberufen, verlangte Göring-Eckardt. „Es ist überfällig, dass es in der Pandemiebekämpfung eine koordinierte interdisziplinäre Strategie gibt, die auf breiten wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert.“ Dies wäre im Gegensatz zu einem Unterausschuss des Bundestags ein sinnvolles Gremium zur Beratung der Regierung.

Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte am Dienstag, der Bundestag habe sehr viele Unterausschüsse. „Also es ist nicht ungewöhnlich.“ Das Gremium solle auch „nach vorne arbeiten“. Brinkhaus stellte aber klar: „Die exekutiven Entscheidungen werden weiter von der Exekutive getroffen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Bankenregulierung: Neue Regelungen setzen Europas Institute unter Druck
26.11.2025

Die europäische Bankenaufsicht ringt derzeit mit der Frage, wie sich Regulierung und Wettbewerbsfähigkeit neu austarieren lassen, ohne...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Deutsche gegen militärische Führungsrolle in Europa
25.11.2025

Rente, Bürgergeld, Wehrdienst – bei solchen Themen ist die Stimmung der Bürger gut erforscht. Für die Außenpolitik gilt das hingegen...

DWN
Politik
Politik Lawrow zu Europa: "Ihr hattet eure Chancen, Leute"
25.11.2025

Haben sich die Ukraine und die USA geeinigt? Europa jedenfalls habe seine Chance verspielt, den Ukrainekonflikt politisch zu entschärfen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Biotech-Unternehmen wandern aus: Europa verliert 13 Mrd. Euro an die USA
25.11.2025

Europas Biotech-Branche steht an einem Wendepunkt, weil zentrale Finanzierungsquellen immer seltener im eigenen Markt zu finden sind....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
25.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Experten warnen vor wachsenden Risiken am Markt
25.11.2025

Die Finanzmärkte stehen unter spürbarer Spannung, während Anleger die Dynamik rund um künstliche Intelligenz bewerten. Doch weist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Doppelbesteuerung Rente: Ob Sie betroffen sind und was Sie tun können!
25.11.2025

In Deutschland müssen auch Rentner ihre Rente versteuern, weil Renten als Einkünfte gewertet werden, obwohl Arbeitnehmer bereits im...

DWN
Politik
Politik Georgiens Krise: Welche Machtverschiebung Europa jetzt alarmieren sollte
25.11.2025

Ein Land am Schwarzen Meer verliert seine demokratischen Sicherungen, während die Regierung Kritiker verfolgt und neue Allianzen mit...