Deutschland

Gericht untersagt Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz - und erhebt Vorwürfe gegen den Geheimdienst

Das Verwaltungsgericht Köln untersagt es dem Inlandsgeheimdienst, die AfD zu beobachten - und erhebt schwere Vorwürfe gegen den Dienst.
05.03.2021 13:56
Aktualisiert: 05.03.2021 13:56
Lesezeit: 2 min

Der Bundesverfassungsschutz darf die AfD vorerst nicht beobachten. Das entschied am Freitag das Verwaltungsgericht Köln und gab damit einem Antrag der Partei statt. Zugleich warf das Gericht dem Inlandsgeheimdienst vor, die mit dem Gericht vereinbarte Vertraulichkeit des Falles gebrochen zu haben.

Gerichtssprecher Michael Ott sagte, das Verwaltungsgericht habe mit einer sogenannten Zwischenentscheidung die Aktivitäten des Verfassungsschutzes verboten, bis über den Eilantrag der AfD gegen die Beobachtung und Einstufung als Verdachtsfall entschieden werde. Eine inhaltliche Bewertung der Einstufung als mögliche Gefahr für die verfassungsgemäße Ordnung sei mit der nun angeordneten Aussetzung der Beobachtung nicht verbunden. Wann über den Eilantrag entschieden wird, blieb zunächst offen.

Das Verwaltungsbericht begründete seine Entscheidung damit, dass durch Medienberichte die Einstufung der AfD als Verdachtsfall bekannt geworden sei und damit in "unvertretbarer Weise in die verfassungsrechtlich gewährleistete Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen" wurde. Das Gericht rüffelte den Bundesverfassungsschutz, indem es feststellte, alles spreche dafür, dass sich der Geheimdienst nicht an seine Stillhaltezusagen gehalten beziehungsweise nicht dafür gesorgt habe, dass keine verfahrensrelevanten Informationen nach außen dringen.

Hintergrund ist ein früherer Antrag der AfD, in dem die Partei bereits Ende Januar eine einstweilige Anordnung gefordert hatte, die dem Verfassungsschutz die Einstufung als "extremistische Bestrebung" und die Beobachtung untersagen sollte. Außerdem wollte die AfD mit dem Antrag erreichen, dass der Verfassungsschutz seine Einschätzung nicht veröffentlichen darf. Die Richter lehnten damals den Wunsch der AfD ab, dem Verfassungsschutz sofort die Einstufung als Verdachtsfall und die Beobachtzung zu verbieten. Sie verbanden dies mit einer "Stillhaltezusage" des Verfassungsschutzes. Das heißt, die Beobachtung der Partei sollte nicht öffentlich bekannt werden. Für die Richter steht nach den Medienberichten jedoch fest, dass der Geheimdienst verantwortlich dafür ist, dass die Einstufung der AfD als Extremismus-Verdachtsfall "durchgestochen" wurde.

Der Bundessprecher der Partei, Jörg Meuthen, kommentiert das Urteil in einer Pressemeldung:

„Das Verwaltungsgericht Köln hat heute mit sofortiger Wirkung die Beobachtung der AfD gestoppt – diese Entscheidung ist nicht nur großer Sieg für uns, sondern auch für den Rechtsstaat. Denn das Verwaltungsgericht hat gezeigt, dass das rechtswidrige Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen die größte Oppositionspartei mit rechtlichen Mitteln gestoppt werden kann.

Der Verfassungsschutz ist konkret für das Durchstechen streng vertraulicher Informationen an die Medien abgewatscht worden. Die Behörde von Herrn Haldenwang dürfte sich jetzt zweimal überlegen, ob sie sich weiterhin gegen die größte Oppositionspartei im deutschen Bundestag politisch instrumentalisieren lassen will. Für uns steht fest: Wir werden auch weiterhin alle Rechtsmittel ausschöpfen, um gegen den rechtswidrigen Umgang des BfV mit der AfD vorzugehen. Dass unsere Erfolgsaussichten dabei gut sind, hat der heutige Tag bewiesen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...