Unternehmen

Hochtief verschiebt in Nordrhein-Westfalen in spektakulärer Weise Riesen-Brücke

Die Baubranche kommt noch relativ gut durch die Krise. Jetzt ist dem Marktführer Hochtief sogar etwas gelungen, das vorher noch nie jemand geschafft hat.
16.03.2021 17:32
Aktualisiert: 16.03.2021 17:32
Lesezeit: 3 min
Hochtief verschiebt in Nordrhein-Westfalen in spektakulärer Weise Riesen-Brücke
Die Lennetalbrücke in Nordrhein-Westfalen. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

„Das Sahneteilchen unseres Bauprojekts ist gelungen, ich bin stolz auf unser Team. Es war Präzisionsarbeit“, sagte Hochtief-Projektleiter Jan Felgendreher. „Dass der Verschub heute so gut gelungen ist, stellt die Weichen für künftige Bauprojekte“, sagte Auftraggeberin Elfriede Sauerwein-Braksiek, Direktorin der Niederlassung Westfalen der Autobahn GmbH des Bundes.

Damit kommentierten der größte deutsche Baukonzern und eine Vertreterin des deutschen Staates ein spektakulären Abschnitt eines Projektes, den Hochtief gerade beendet hat: Das Unternehmen hat die Lennetalbrücke in Nordrhein-Westfalen, die 30.000 Tonnen schwer und fast einen Kilometer lang ist, um fast 20 Meter seitlich verschoben. Die Fachleute, die in das Vorhaben eingebunden waren, benötigten dafür sechseinhalb Stunden.

Nie zuvor hatte jemand in Deutschland versucht, eine Brücke von dieser Dimension so zu bewegen. Die ersten Arbeiten hatten Ende 2013 begonnen, mit der Verkehrsfreigabe des sechsspurigen Verbindungsweges wird im Sommer des laufenden Jahres gerechnet - mit einer Verspätung um ein halbes Jahr.

Das Unternehmen hatte in der ersten Bauphase westlich der bestehenden Brücke provisorische Pfeiler errichtet, die zunächst eine Fahrbahn des neuen Viaduktes trugen. Als Hochtief die Säulen baute, lief der Verkehr weiter über die alte Strecke. Nach Beendigung dieser Bauarbeiten wurde der Verkehr seit März 2017 über den neuen Brückenteil geleitet. Dann folgte der Abriss der alten Brücke sowie der Bau von Pfeilern am endgültigen Standort. Und schließlich verschob jetzt Hochtief vor einer Woche die Fahrbahn von den provisorischen Säulen weg an ihren letztlich vorgesehenen Platz.

Fast 90.000 Fahrzeuge passieren pro Tag die Lennetalbrücke

Dass das Projekt verkehrspolitisch besonders bedeutsam ist, wird auch an folgenden Zahlen deutlich: Denn hier passieren pro Tag rund 90.000 Autos und LKW diese Stelle der Autobahn. Folglich stellt es für Hochtief einen erheblichen Prestige-Gewinn dar.

Doch ist dies nur ein spektakulärer Einzelerfolg des Konzerns, der nicht unbedingt die gesamten Geschäfte des Konzerns widerspiegelt. So spricht das Unternehmen zwar in seiner offiziellen Mitteilung für die Bilanz 2020 von „robusten Ergebnissen“. Doch finden sich in nahezu allen Teilen des Zahlenwerkes, das sehr viele unübersichtliche Posten auflistet, Rückgänge im zweistelligen Prozentbereich:

Die Umsätze sind im Vergleich zum Vorjahr um 11,2 Prozent auf etwas weniger als 23 Milliarden Euro gefallen. Darüber hinaus ist der operative Konzerngewinn um 28,7 Prozent auf 476,8 Millionen Euro geschrumpft. Und der Auftragseingang hat sich um 24,2 Prozent auf fast 23,1 Milliarden Euro verringert, während sich der Auftragsbestand um 10,8 Prozent auf 45,8 Milliarden Euro verkleinert hat.

Das Besondere an Hochtief ist nicht nur seine Umsatzgröße, sondern auch die Tatsache, dass das Unternehmen in keinem der zahlreichen Bau-Verbände mehr Mitglied ist. Ende 2016 war der Essener Konzern aus dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) ausgetreten. Jetzt spart das Essener Unternehmen dadurch pro Jahr 700.000 bis 800.000 Euro, wie das Fachblatt "WirtschaftsWoche" berichtete. Das Unternehmen sieht sich als politisch stark genug, um seine Interessen allein zu vertreten. So steuert Hochtief grundsätzlich sechs bis sieben Prozent zu den Gesamtumsätzen des Wirtschaftszweiges bei.

Doch heißt dies nicht, dass es sich deswegen wesentlich besser entwickelt als die kleineren Firmen, die Mitglieder bei einem Bauverband sind – beispielsweise bei der Bundesvereinigung Bauwirtschaft (BVB): „Wir blicken auf ein kompliziertes Jahr 2020 zurück, das uns immerhin noch ein Umsatzwachstum von 2,5 Prozent gebracht hat. Allerdings ist das Jahr bei unseren Mitgliedern sehr unterschiedlich verlaufen“, schätzte der Vorsitzende Marcus Nachbauer die Lage der rund 370.000 Mitgliedsbetriebe ein.

Damit haben die Firmen der BVB einen Gesamtumsatz von 363,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Corona-Krise hat sich zwar grundsätzlich nicht so stark auf die Branche ausgewirkt, weil viele Mitarbeiter im Freien auf den Baustellen arbeiten. Branchenfachleute sagen, dass sich der Wirtschaftszweig im Großen und Ganzen nicht beklagen kann.

Doch war der Ausbruch der Pandemie bei manchen Aufträgen schon zu spüren. Beispielsweise beim Wohnungsbau, weil die Privatkunden die Bau-Fachleute nicht mehr in die Wohnungen lassen wollten. Darüber hinaus gestaltete sich mitunter die Organisation der Hygiene-Maßnahmen als schwierig, weil die Kollegen bei der Arbeit nicht immer den notwendigen Mindestabstand einhalten konnten.

Immerhin gibt Nachbauer vom BVB für das laufende Jahr einen leicht positiven Ausblick: „Und auch für 2021 erwarten wir nur ein geringfügiges Wachstum von 1,3 Prozent. Unsere Mitglieder würden dann 368,2 Millarden Euro Umsatz erwirtschaften.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trotz US-Verboten finden chinesische Tech-Giganten Wege, um im KI-Rennen zu bleiben
14.06.2025

Die USA wollen Chinas Aufstieg im KI-Sektor durch Exportverbote für High-End-Chips stoppen. Doch Konzerne wie Tencent und Baidu zeigen,...

DWN
Technologie
Technologie Einsatz von Tasern: Diskussion um „Aufrüstung“ der Polizei
14.06.2025

Taser gelten als umstritten, nun will Innenminister Alexander Dobrindt damit die Bundespolizei ausrüsten. Kritik kommt von Niedersachsens...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividendenstrategie: Für wen sie sich im Aktiendepot lohnen kann
14.06.2025

Mit einer Dividendenstrategie setzen Anleger auf regelmäßige Erträge durch Aktien. Doch Ist eine Dividendenstrategie sinnvoll, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krisenmodus in der Industrie: Autohersteller weichen Chinas Regeln aus
14.06.2025

Weil China den Export kritischer Magnetstoffe drastisch beschränkt, geraten weltweite Lieferketten ins Wanken. Autohersteller suchen eilig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft H&M baut Milliardenhandel mit Secondhand-Mode aus
14.06.2025

H&M will das Image der Wegwerfmode abschütteln – mit gebrauchten Designerstücken mitten im Flagshipstore. Wird ausgerechnet Fast...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Atomkraftgegner fordern Ende der Uran-Geschäfte mit Kreml
14.06.2025

Atomkraftgegner wenden sich an die Bundesregierung: Sie fordern einen Stopp russischer Uranlieferungen nach Lingen. Auch die hybride Gefahr...

DWN
Finanzen
Finanzen Teuer Wohnen in Deutschland: Rund jeder Siebte zahlt mehr als halben Monatslohn für Miete
14.06.2025

Nach der Mietzahlung ist bei manchen nicht mehr viel übrig für den Rest des Monats, zeigt eine Studie. Jedoch haben viele Menschen auch...

DWN
Technologie
Technologie Autoren fragen, ob ihre Werke für künstliche Intelligenz genutzt werden können – eine unmögliche Mission?
14.06.2025

Ein Ex-Spitzenmanager von Meta warnt: Wenn KI-Unternehmen vor jedem Training urheberrechtlich geschützte Werke lizenzieren müssten,...