Weltwirtschaft

Deutschland startet Rohstoffabbau auf dem Grund des Pazifiks

Lesezeit: 3 min
07.04.2021 11:56  Aktualisiert: 07.04.2021 11:56
Deutschland hat mit dem Abbau seltener Rohstoffe auf dem Grund des pazifischen Ozeans begonnen.
Deutschland startet Rohstoffabbau auf dem Grund des Pazifiks
Manganknollen. (Foto: dpa)
Foto: BGR

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Grafik: Lizenzgebiete im Pazifik. Die für das BGR reservierten Zonen sind in knallrot zentral und weit im Osten dargestellt. Quelle: ISA

Deutschland untersucht im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts den Abbau metallhaltiger Knollen in der Tiefsee. Im Pazifik zwischen Hawaii und Mexiko werde bis Mitte Mai ein Gerät getestet, das sogenannte Manganknollen vom Meeresboden aufnehmen kann, teilte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) am Mittwoch mit. Die Knollen enthalten Rohstoffe, die für erneuerbare Energietechnologien und Elektrogeräte wichtig sind, wie etwa Nickel, Kupfer oder Kobalt.

Bezüglich der Reserve-Potenziale schreibt die BGR in einer Stellungnahme:

„Das deutsche Lizenzgebiet umfasst insgesamt 75.000 Quadratkilometer, verteilt auf zwei Areale mit 15.000 qkm im zentralen Bereich und 60.000 qkm im Osten des Manganknollengürtels. Diese zwischen Hawaii und Mexiko gelegene Tiefseeregion mit Wassertiefen zwischen 4000 und 6000 m ist dicht mit polymetallischen Knollen, auch Manganknollen genannt, belegt. Die Knollen sind meist zwischen 3 und 8 Zentimetern groß. Sie enthalten neben durchschnittlich 30 Prozent Mangan auch knapp 3 Prozent Kupfer, Nickel und Kobalt. Vor allem diese drei letztgenannten Wertmetalle bilden eine bedeutende Rohstoffquelle für die Zukunft. Weitere Spurenmetalle, die in wirtschaftlich interessanten Konzentrationen in den Knollen vorkommen, sind Titan, Molybdän, Lithium und Neodym. Die Manganknollenvorräte im deutschen Lizenzgebiet betragen rund 900 Millionen Tonnen Nassgewicht, das entspricht etwa 600 Millionen Tonnen Trockengewicht.“

Die Arbeiten für das Projekt „Mining Impact“ finden zunächst in einem belgischen, dann in einem deutschen Manganknollen-Lizenzgebiet im Pazifik statt. Der Kollektor der belgischen Firma Global Sea Mineral Resources (GSR), der die Knollen ansaugt, wird dafür in 4.500 Meter Tiefe abgelassen. Daneben sind zwei Tauchroboter und ungefähr 40 verschiedene Sensoren am Meeresboden im Einsatz. Ein Team aus 23 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Bord des norwegischen Schiffes „Island Pride“ soll die Auswirkungen des Unterwasser-Abbau auf die empfindliche Umwelt erforschen. Nach Angaben der BGR ist es der weltweit erste Test dieser Art.

Warnung vor Umweltschäden

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warnte allerdings davor, den Meeresboden auszubeuten. „Unsere Meere können die steigenden Temperaturen und Massen an Plastikmüll kaum verkraften. Industrieller Tiefseebergbau würde das rasante Artensterben in den Ozeanen beschleunigen. Diese ökologische Katastrophe muss verhindert werden“, sagte die Meeresbiologin Sandra Schöttner.

Bereits in der Nacht zum Dienstag demonstrierten Greenpeace-Aktivisten im nordöstlichen Pazifik auf dem Schiff „Rainbow Warrior“ vor dem Industrieschiff „Maersk Launcher“, von dem aus die kanadische Firma Deepgreen Metals den Rohstoffabbau plane.

Greenpeace schreibt in einer Mitteilung: „Auf Flächen so groß wie Bayern und halb Rheinland-Pfalz sollen im Pazifischen und im Indischen Ozean der industrielle Abbau von Manganknollen vorbereitet werden. Gewaltige Maschinen würden sie mit Walzen aus dem Sediment ausgraben. Sie tragen dabei die gesamte obere, mit Lebewesen bevölkerte Schicht des Meeresbodens ab. So wird Lebensraum samt speziell angepasster Arten zerstört. Die freigesetzten gigantischen Sedimentwolken könnten die Nahrungskette im Meer empfindlich stören und zum Absterben von Plankton führen. Einzigartige Tiefsee-Ökosysteme wären gefährdet und der Meeresboden als wichtige Kohlenstoffsenke der Erde beeinträchtigt.“

Die BGR erkundet seit 2006 im Auftrag der Bundesregierung ein Manganknollen-Gebiet im Pazifik. Grundlage dafür ist ein Vertrag mit der Internationalen Meeresbodenbehörde, der Deutschland das exklusive Recht gibt, 15 Jahre lang auf einem Meeresareal von 75.000 Quadratkilometern den Bestand der Manganknollen und die Umweltbedingungen zu untersuchen. Das Projekt läuft am 18. Juli aus.

Die Erkundung geht einer möglichen industriellen Nutzung voraus. Ziel ist es, die Versorgung Deutschlands mit Rohstoffen wie Mangan, Nickel, Kupfer und Kobalt langfristig sicherzustellen. Bisher ist Deutschland dabei auf Importe aus anderen Ländern angewiesen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...