Technologie

Macht der Bargeld-Verzicht der Schweden eine digitale Zentralbankwährung unnötig?

Nirgends in der westlichen Welt ist man so weit fortgeschritten im Hinblick auf digitale Zentralbankwährung und Abschaffung des Bargelds wie in Schweden. Nun hat die Riksbank eine Studie zu ihrer geplanten E-Krona veröffentlicht.
08.04.2021 11:55
Lesezeit: 2 min
Macht der Bargeld-Verzicht der Schweden eine digitale Zentralbankwährung unnötig?
Eine Sechs-Dukaten-Goldmünze aus dem Jahr 1644, die unter Königin Christina von Schweden in Riga geprägt worden ist. (Foto: dpa) Foto: Friso Gentsch

In Schweden wird die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung (central bank digital currency, CBDC) voraussichtlich viel länger dauern, als Verantwortliche und Beobachter ursprünglich dachten. Dies zeigen die neuesten Ergebnisse der ersten Phase eines entsprechenden Pilotprojekts, welche die Zentralbank des Landes am Dienstag veröffentlicht hat.

Schweden ist unter den westlichen Staaten am weitesten fortgeschritten bei der Erforschung digitaler Zentralbankwährungen. Und die Riksbank hält auch weiter daran fest, dass eine von ihr kontrollierte digitale Zentralbankwährung die "potenziellen Probleme" lösen kann, die sich aus der schnellen Abschaffung des Bargelds ergeben.

Doch die Aufgabe ist schwierig und Schwedens Riksbank, die älteste Zentralbank der Welt, muss die Einführung immer wieder verschieben. Einst war die Einführung einer E-Krone bis zum Jahr 2018 geplant. Doch jetzt sagt die Riksbank, dass das aktuelle Pilotprojekt nicht vor Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein wird und dass sie ihre Versuche möglicherweise sogar bis Ende 2026 fortsetzen wird.

Andere große Zentralbanken der Welt haben haben im Hinblick auf digitale Währungen bereits aufgegeben und ziehen es vor, zunächst abzuwarten, was die anderen machen. Sogar der Präsident der US-Notenbank Federal Reserve, Jerome Powell, sieht keinen Vorteil darin, auf dem Gebiet Vorreiter zu sein. Er sagte kürzlich, dass die USA die Einführung lieber richtig machen wollen, als einfach die ersten zu sein.

Laut Aussagen von Mithra Sundberg, die das Projekt bei der Riksbank leitet, ist noch immer nicht genau klar, was die digitale Währung letztlich leisten soll. Im Übrigen soll es sich bei der E-Krona, wenn das Projekt denn überhaupt vorankommen wird, nicht um einen Ersatz für das Bargeld handeln, wie die Riksbank ausführt.

Trotz dieser Versicherung, zeigen die Zahlen, dass Bargeld in Form von Banknoten und Münzen in Schweden weiter auf dem Rückzug ist. Laut dem McKinsey Global Payments Report geht die Bargeldnutzung seit dem Jahr 2010 praktisch überall auf der Welt zurück. Doch in keinem anderen Staat in dem Vergleich wurde im vergangenen Jahr so wenig Bargeld verwendet wie in Schweden.

Projektchefin Mithra Sundberg sagt, dass sie und ihr Team noch nicht die geldpolitischen Auswirkungen der Einführung einer E-Krona untersucht haben, wohl aber die "technischen Möglichkeiten, Zinsen zu erheben". Das Pilotprojekt zeigt, dass es möglich ist, Zinsen auf eine digitale Zentralbankwährung zu erheben, unabhängig davon, ob die Währung auf Nutzerkonten oder auf Token basiert.

Wenn ein negativer Zinssatz angewandt werden soll, kann der Endnutzer die Token halten, aber nicht einen separaten Schlüssel, der den Zugang zu diesen Token ermöglicht. "Die Kompatibilität einer positiv oder negativ verzinsten E-Krona mit einem Verteilungsmodell, wie es in Phase eins getestet wurde, ist eine viel umfassendere Frage als die rein technischen Möglichkeiten und Grenzen", so die Riksbank.

Im Moment konzentriert sich die Riksbank auf ein sogenanntes zweistufiges Modell, bei dem sie für die Ausgabe und Einlösung einer digitalen Zentralbankwährung verantwortlich wäre. In einem solchen Rahmen hätten die "Teilnehmer", darunter Banken oder Zahlungsunternehmen, direkten Kontakt mit dem Endnutzer, sagt Micael Lindgren, der technische Projektleiter bei der Riksbank.

Noch hat die Politik nicht entschieden, ob die Zukunft des Geldes in Schweden eine staatliche Digitalwährung sein wird, wofür es nach Ansicht der Riksbank eines neuen gesetzlichen Rahmens bedürfte. Die Gesetzgeber müssen nun die durch das Pilotprojekt gewonnenen Informationen beurteilen und dann sagen, ob und in welcher Form sie eine E-Krona überhaupt wollen.

Fraglich ist, ob die schwedische Politik derzeit großes Interesse an einer digitalen Zentralbankwährung zeigen wird. Denn zwar ergeben sich daraus erhebliche Möglichkeiten in den Bereichen negative Zinsen und Überwachung der Bürger. Doch da die schwedische Zahlungs-App Swish das Bargeld de facto schon ersetzt hat, könnte sich eine staatliche E-Krona schlicht als unnötig erweisen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin, Ether und Co.: Wie Sie an der Börse sicher in Kryptowährungen investieren
08.11.2025

Wollen Sie Kryptowährungen kaufen? Dann müssen Sie dafür nicht auf irgendwelchen unseriösen Internetportalen herumsurfen. Kurse von...

DWN
Politik
Politik Donald Trump und die US-Präsidentschaftswahl 2028: Strebt er eine dritte Amtszeit an und geht das so einfach?
08.11.2025

Die Diskussion um Donald Trumps mögliches politisches Comeback zeigt das Spannungsfeld zwischen Recht, Strategie und Macht in den USA....

DWN
Technologie
Technologie Deep Tech als Rettungsanker: Wie Deutschland seine industrielle Zukunft sichern kann
08.11.2025

Deutschland hat große Stärken – von Forschung bis Ingenieurskunst. Doch im globalen Wettlauf um Technologien zählt längst nicht mehr...

DWN
Technologie
Technologie So optimiert KI in Belgien die Landwirtschaft: Schwankende Ernten prognostizieren? Kein Problem!
08.11.2025

Die Landwirtschaft muss Erträge effizient planen und Schwankungen ausgleichen, wobei KI zunehmend Entscheidungen auf verlässlicher Basis...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Managergehälter: Wie viel Mut hinter den Millionen steckt
08.11.2025

Topmanager reden offen über ihr Einkommen? In Estland sorgen zwei Führungskräfte für großes Staunen. Sie zeigen, wie viel Disziplin,...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Leitzins: Stillstand oder Strategie? Was die EZB-Zinsentscheidung wirklich bedeutet
08.11.2025

Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins beim jüngsten EZB-Zinsentscheid nicht angerührt – doch das Schweigen ist laut. Christine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Schmuck aus Holz und Stein: Holzkern – wie Naturmaterialien zum einzigartigen Erfolgsmodell werden
07.11.2025

Das Startup Holzkern aus Österreich vereint Design, Naturmaterialien und cleveres Marketing zu einem einzigartigen Erfolgsmodell. Gründer...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall Street: Wie die Märkte alle Warnsignale ignorieren
07.11.2025

Die Wall Street kennt derzeit nur eine Richtung – nach oben. Während geopolitische Krisen, Schuldenstreit und Konjunkturrisiken...