Erstmals seit Februar 2019 haben mehr Schwellenländer innerhalb eines Monats ihre Leitzinsen angehoben als gesenkt. Wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet, belief sich die Anzahl der Leitzinsanhebungen in einer Gruppe von 37 Staaten im März netto auf 5. Noch im Februar standen netto zwei Leitzinssenkungen zu Buche.
Wie aus einer interaktiven Grafik von Reuters hervorgeht, gab es seit Februar 2019 ausschließlich Leitzinssenkungen oder netto Stagnation. Zum Höhepunkt des nun beendeten Lockerungszyklus im März 2020 senkten noch 27 der 37 untersuchten Länder die Leitzinsen.
Inflationärer Druck
Zu den Zentralbanken, welche die Leitzinsen im März angehoben hatten, gehören die Geldinstitute Russlands, Brasiliens, der Türkei, der Ukraine und Georgiens. „Wir erwarten, dass auch mehrere südamerikanische Länder die Finanzierungsbedingungen straffen werden“, zitiert Reuters einen Analysten von S&P Global Ratings. „In den kommenden 12 Monaten könnten solche Leitzinsanhebungen in Ländern wie Kolumbien, Chile, Mexiko und auch den Philippinen (und weitere Anhebungen in Russland und Brasilien) stattfinden.“
Hauptsächliche Triebfeder der geldpolitischen Straffung dürfte die deutlich anziehende Inflation in den betreffenden Währungsräumen sein. So steigen die Weltmarktpreise für wichtige Industriemetalle seit Monaten an und auch die Notierungen für Rohöl, Erdgas oder Heizöl haben zuletzt im langfristigen Vergleich spürbare Gewinne realisiert. Kupfer – dessen Preisentwicklung Analysten eine Indikatorfunktion für das Wachstum der Weltwirtschaft beimessen – ist derzeit so teuer wie zuletzt im Jahr 2011 und auch die Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel wie Mais, Reis oder Getreiden befinden sich auf hohem Niveau.
Mit den Leitzinsanhebungen reagieren die Schwellenländer zudem auf die jüngsten Renditeanstiege am Markt für amerikanische Staatsanleihen. Diese haben Investoren veranlasst, einen Teil der in Übersee investierten Gelder in die USA zurückzubringen. Mit der Anhebung des Zinsniveaus und der dadurch verbesserten Renditemöglichkeiten versuchen die traditionell auf Dollar-Importe angewiesenen Staaten wie die Türkei nun, diesen Abfluss zu verlangsamen oder sogar umzukehren.