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Bremer Gericht kippt Maskenpflicht für Grundschüler, Urteil ist nicht anfechtbar

Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat die Maskenpflicht für Grundschüler gekippt. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
21.04.2021 13:23
Aktualisiert: 21.04.2021 13:23
Lesezeit: 3 min
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Bremer Gericht kippt Maskenpflicht für Grundschüler, Urteil ist nicht anfechtbar
Ein Schüler einer Sechsten Klasse meldet sich zum Beginn des Unterrichts am ersten Schultag nach den Sommerferien an der Max-Planck-Schule in Kiel in einem Klassenraum. (Foto: dpa) Foto: Gregor Fischer

Wegen unklarer Formulierungen in einer Verordnung hat das Bremer Oberverwaltungsgericht (OVG) die Maskenpflicht für Grundschüler in Bremen vorläufig aufgehoben. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Der Beschluss im Wortlaut:

Die Maskenpflicht für Grundschülerinnen und Grundschüler wird wegen eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vorläufig außer Vollzug gesetzt. Die Testpflicht als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht bleibt bestehen. Das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen hat mit Beschlüssen vom 20.04.2021 in zwei Verfahren über Eilanträge von Grundschülern entschieden. In einem Verfahren (1 B 178/21) wandten sich die durch ihre Eltern vertretenen Kinder gegen die in der 24. Coronaverordnung angeordnete Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für Grundschülerinnen und Grundschüler ab einem Inzidenzwert von 100.

Im anderen Verfahren (1 B 180/21) wandten sich die Antragsteller zusätzlich gegen die Regelung, dass der Zutritt zum Schulgelände – und damit die Teilnahme am Präsenzunterricht – nur unter Vorlage eines Tests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 mit einem negativen Testergebnis zulässig ist. I. Das Oberverwaltungsgericht hat die in § 17 Abs. 5 Satz 4 der 24. Coronaverordnung angeordnete Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für Grundschülerinnen und -schüler an der Schule ab einem Inzidenzwert von 100 vorläufig außer Vollzug gesetzt. Nach Auffassung des zuständigen Senats ist die Regelung, die die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung davon abhängig macht, dass in der Stadtgemeinde Bremen oder der Stadtgemeinde Bremerhaven laut Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts eine Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 von 100 pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (Inzidenzwert) überschritten wird „und sich dies nicht auf ein oder mehrere Ausbruchsgeschehen außerhalb von Schulen zurückführen lässt“, zu unbestimmt. Für Grundschülerinnen und Grundschüler sowie ihre Eltern sei nicht feststellbar, wann diese Voraussetzung erfüllt sei. Dies lasse sich auch nicht durch Auslegung ermitteln.

Belastbare Daten hierzu würden von offizieller Seite nicht erkennbar veröffentlicht. Zugleich wies das Gericht jedoch darauf hin, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch für Grundschülerinnen und -schüler grundsätzlich eine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme darstelle, um das Infektionsgeschehen im Schulbetrieb zu reduzieren und zu kontrollieren. In diesem Zusammenhang stellte das Gericht fest, dass die Verpflichtung zum Tragen von Alltagsmasken für Grundschülerinnen und -schüler im Übrigen nicht in das Recht auf körperliche Unversehrtheit eingreife, sondern sich als bloßer Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit darstelle. Die einstweiligen Außervollzugssetzung der Maskenpflicht für Grundschülerinnen und Grundschüler wirke nicht nur zugunsten der Antragsteller, sondern sei allgemeinverbindlich.

II. Im Hinblick auf die Regelung, die das Betreten des Schulgeländes von einem negativen Testergebnis abhängig macht, haben die Antragsteller geltend gemacht, dass die Schulen nicht die Treiber der Pandemie seien. Die Testpflicht greife schwer in die Grundrechte der Schülerinnen und Schüler ein. Durch den Test entstünden Schmerzen und es drohe ein Verletzungsrisiko. Hierzu dürfe niemand staatlicherseits gezwungen werden. Heimunterricht stelle keine Alternative zum Präsenzunterricht dar. Die Testpflicht führe gerade bei Grundschülerinnen und Grundschülern zu einer starken psychischen Belastung, die im Falle eines positiven Tests mit einem Mobbingrisiko verbunden sei. Das Oberverwaltungsgericht hält die Regelung, den Zugang zum Schulgelände – und damit auch zum Präsenzunterricht – vom Nachweis eines negativen Testergebnisses abhängig zu machen, als Teil eines Gesamtkonzeptes für geeignet, um trotz gegenwärtiger Infektionslage Präsenzunterricht zu gewährleisten. Die Regelung führe unabhängig von der Frage nach der konkreten Zuverlässigkeit der einzelnen Tests dazu, zumindest einen Teil infizierter und damit in der Regel auch infektiöser Personen frühzeitig zu erkennen und vom Unterrichtsbesuch in Präsenz fernzuhalten.

Durch diese Zugangsbeschränkung und die damit verbundene Möglichkeit, einen Schulbesuch infektiöser Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen, trage die Maßnahme dazu bei, eine Weiterverbreitung des Virus innerhalb des Schulbetriebs zu vermeiden. Lediglich freiwillige Tests seien kein gleich geeignetes Mittel um zu gewährleisten, dass sich alle auf dem Schulgelände befindlichen Personen einem Schnelltest mit negativem Ergebnis unterzogen hätten. Selbst wenn man annähme, dass die Testung in die körperliche Unversehrtheit der betroffenen Schülerinnen und Schüler eingreife, sei der Eingriff bei zu unterstellender sachgemäßer Anwendung als gering anzusehen.

Wer den Test nicht durchführen wolle oder könne, werde nicht vom Unterrichtsangebot ausgeschlossen, sondern nehme am Distanzunterricht teil. Die Antragsteller machten zwar zutreffend geltend, dass es bei falsch-positiven Testergebnissen zu unnötigen Quarantänemaßnahmen mit damit einhergehenden psychischen Belastungen kommen könne. Dies werde aber durch den Nutzen der Testungen überwogen.

Die Beschlüsse sind nicht anfechtbar. OVG Bremen, Beschlüsse vom 20.04.2021 (Az. 1 B 178/21 und 1 B 180/21)

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