Finanzen

EZB-Protokoll deutet mögliche Straffung der Geldpolitik an

Das Protokoll der letzten Zinssitzung der EZB deutet darauf hin, dass die umfangreichen PEPP-Anleihenkäufe im kommenden Monat heruntergefahren werden könnten. Für die Märkte wäre dies ein erheblicher Dämpfer.
14.05.2021 16:42
Aktualisiert: 14.05.2021 16:42
Lesezeit: 2 min

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrer Zinssitzung im April den Boden für anstehende schwere Entscheidungen bereitet. Allerdings hielten sich die Euro-Wächter in ihren Diskussionen dazu bedeckt, welchen Weg sie auf dem nächsten Zinstreffen im kommenden Monat einschlagen könnten. Dies geht aus dem Protokoll zur Zinssitzung am 22. April hervor, das die EZB am Freitag veröffentlichte.

Im Blickpunkt stehen vor allem die umfangreichen Notfall-Anleihenkäufe in ihrem "PEPP" genannten Programm. Die EZB hatte beschlossen, diese im zweiten Quartal deutlich zu erhöhen. An dieser Entscheidung hielten die Währungshüter im April fest.

Die Euro-Wächter hätten weitgehend darin übereingestimmt, dass die Finanzierungsbedingungen im Euro-Raum seit März im Großen und Ganzen stabil geblieben seien, hieß es im Protokoll. Die Juni-Sitzung biete die nächste Gelegenheit, "um eine gründliche Bewertung der Finanzierungsbedingungen und des Inflationsausblicks vorzunehmen." Dann liegen dem EZB-Rat neue Konjunkturprognosen der Notenbank-Volkswirte vor.

Einige Euro-Wächter wie Lettlands Notenbank-Chef Martins Kazaks und der Notenbankchef der Niederlande, Klaas Knot, hatten bereits dafür argumentiert, die PEPP-Käufe im Zuge einer konjunkturellen Erholung herunterzufahren.

Nach Einschätzung von Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, wird die Debatte an den Börsen über eine höhere Inflation und ein Abschmelzen der Notfall-Anleihenkäufe auch die EZB erreichen. "Nicht notwendigerweise auf der Juni-Sitzung, aber spätestens auf der September-Sitzung", meint der Experte.

Einen abrupten Stopp der Käufe erwartet Brzeski nicht. Seine Prognose: "Ein allmähliches Beenden der Wertpapierkäufe unter dem PEPP-Programm, während diese unter dem alten Asset Purchase Program erhöht werden." Dieses als "APP" abgekürzte Kaufprogramm läuft bereits - mit Unterbrechung - seit Frühjahr 2015.

"Bei der nächsten Sitzung im Juni könnte es zu einer hitzigen Debatte kommen", glaubt Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert. Er hält es für möglich, dass der EZB-Rat sich letztendlich dafür entscheiden könnte, einen sehr vorsichtigen Rückgang der wöchentlichen PEPP-Käufe zu signalisieren.

GELDPOLITISCHE HILFEN WERDEN BLEIBEN

Fortschritte in den Impfkampagnen, eine die sich immer mehr abzeichnende robuste wirtschaftliche Erholung im Euro-Raum und steigende Inflationszahlen stellen die EZB immer stärker vor die Entscheidung, ob und wenn ja wie stark sie ihre Notfall-Anleihenkäufe in den kommenden Monaten verringern soll.

Die auf 1,85 Billionen Euro angelegten Käufe sollen nach den derzeitigen Planungen noch bis Ende März 2022 fortgesetzt werden. Rund eine Billion Euro des Kaufrahmens wurde bereits ausgeschöpft. Im Augenblick erwerben die Währungshüter im Rahmen von PEPP monatlich Papiere im Volumen von 80 Milliarden Euro, beim APP-Programm sind es derzeit dagegen nur 19 Milliarden Euro.

Aber selbst wenn die PEPP-Käufe abgeschmolzen werden, wird die geldpolitische Unterstützung der EZB für die Wirtschaft nicht enden. Reichliche geldpolitische Hilfe bleibe entscheidend nach der Pandemie-Phase, um die Inflation zu stützen, hieß es im Protokoll. Die EZB strebt knapp zwei Prozent Teuerung an, verfehlt aber ihre Zielmarke bereits seit Jahren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ticketsteuer sinkt: Flugbranche verspricht mehr Verbindungen – Passagiere bleiben skeptisch
22.11.2025

Die Bundesregierung will den Luftverkehr mit einer Absenkung der Ticketsteuer ab Mitte nächsten Jahres entlasten. Die Flug- und...

DWN
Politik
Politik New York-Wahl: Was Mamdanis Sieg für Europa bedeutet
22.11.2025

Der Sieg eines radikalen Sozialisten in New York, Deutschlands Stillstand und Polens Aufstieg: Ein Kommentar darüber, wie politische und...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...

DWN
Politik
Politik Koalition unter Druck: Bundesrat zwingt Merz-Regierung in den Vermittlungsausschuss
21.11.2025

Die Stimmung in der Koalition mau, der Rentenstreit noch längst nicht ausgestanden – jetzt legt sich auch noch der Bundesrat quer. Er...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Ein Mundscan reicht: Das Healthtech DentalTwin erstellt KI-basierte Modelle für Zahnersatz
21.11.2025

Mithilfe KI-basierter Datengenerierung verlagert das Start-up DentalTwin die Zahnprothetik ins Digitale. Das dürfte nicht nur Praxen und...

DWN
Politik
Politik EU lockert Datenschutz: Digitaler Omnibus reformiert Regeln für KI
21.11.2025

Europa steht bei der Digitalpolitik vor einem Wendepunkt, an dem Wettbewerbsfähigkeit und Schutz von Bürgerrechten neu austariert werden....