Deutschland

Merkel fordert muslimische Verbände auf, Antisemitismus zu verurteilen – doch sie blendet ihre Flüchtlings-Politik aus

Lesezeit: 2 min
18.05.2021 22:10  Aktualisiert: 18.05.2021 22:10
Kanzlerin Angela Merkel hat die muslimischen Verbände aufgefordert, sich klar gegen den Antisemitismus zu stellen. Doch das haben sie schon getan. Erinnert sich die Kanzlerin vielleicht daran, dass sie diejenige gewesen ist, die vor wenigen Jahren zahlreiche Menschen ins Land gelassen hat, die aus antisemitisch geprägten Ländern stammen?
Merkel fordert muslimische Verbände auf, Antisemitismus zu verurteilen – doch sie blendet ihre Flüchtlings-Politik aus
Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: dpa)

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Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet von den türkischen und muslimischen Verbänden in Deutschland eine klare Positionierung gegen Antisemitismus. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagte Merkel nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Teilnehmerkreisen, dass es „null Toleranz“ für antisemitische Ausschreitungen geben dürfe. Sie habe die Erwartung, dass diese Verbände ihren Einfluss deutlich machten, um diese Position zu unterstreichen. Wer in Deutschland lebe, müsse sich auch mit der deutschen Geschichte beschäftigen. Sie habe am Montag mit dem Zentralrat der Juden telefoniert. Deutschland und die Bundesregierung stünden solidarisch zu Israel und zu dessen Selbstverteidigungsrecht, betonte die Kanzlerin weiter.

Merkels Forderung unterstellt, dass die muslimischen Verbände die Hass-Demos gegen Juden nicht verurteilt hätten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die dpa hatte vor wenigen Tagen gemeldet:

„Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, hat die antisemitischen Proteste vor Synagogen scharf kritisiert. «Ich verurteile entschieden solch widerliche Szenen», sagte Mazyek der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Samstag). «Wer Rassismus beklagt, selbst aber solch antisemitischen Hass verbreitet, hat alles verwirkt. Wer angeblich Israelkritik üben will, dann aber Synagogen und Juden angreift, greift uns alle an und wird meinen Widerstand bekommen», sagte Mazyek.“

In einer Mitteilung kritisierte die Türkisch-Islamische Gemeinde DITIB die antisemitischen Proteste in Deutschland: „Unsere Solidarität gilt den jüdischen Gemeinden. Antisemitismus hat wie jegliche gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit keinen Platz in unserer Gesellschaft und keinen Platz in unseren Reihen.“

Der „Deutschlandfunk“ wörtlich: „Die DITIB appellierte an Musliminnen und Muslime, sich von hasserfüllten Menschenansammlungen fernzuhalten. Ihr Landesgeschäftsführer in Hessen, Akdeniz, führte in der ,Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘ aus, dass die – Zitat – ,vermeintlichen Proteste‘ antisemitische und demokratiefeindliche Züge angenommen hätten, sehe man mit großem Entsetzen. Der israelisch-palästinensische Konflikt werde missbraucht, um das emotionale Empfinden Gläubiger zu instrumentalisieren. Es sei auf das Schärfste zu verurteilen, dass Juden, jüdische Symbole oder Synagogen zur Zielscheibe antisemitischer Hassübergriffe würden, führte Akdeniz aus.“

Die Türkische Gemeinde in Deutschland äußerte sich in einer gesonderten Mitteilung unter der Überschrift „Kein Raum für Antisemitismus!“ (HIER).

Merkel dürften diese Tatsachen bekannt sein. Warum tut sie trotzdem so, als ob wieder ausschließlich andere die Schuldigen sind? Ist das Agitation oder Propaganda?

Zum einen bietet sich das Thema sehr gut an, um von der Unfähigkeit der Bundesregierung im Verlauf des Lockdowns abzulenken. Es werden nämlich sehr viele deutsche Bürger in die Armut abgleiten. Doch zum anderen verschleiert Merkel damit, dass sie es gewesen ist, die Millionen von Menschen binnen kürzester Zeit ins Land geholt hat, die aus Ländern stammen, in denen Antisemitismus weit verbreitet ist.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hatte nach Angaben von „SPIEGEL ONLINE“ im Jahr 2016 gesagt: „Die Flüchtlinge, die in so großer Zahl seit dem vergangenen Jahr bei uns Zuflucht suchen, kommen ganz überwiegend aus Staaten, die mit Israel tief verfeindet sind. Wer mit einem solchen Feindbild groß geworden ist, legt es nicht einfach beim Grenzübertritt ab.“

Hat Merkel von diesen Menschen, die mehrheitlich friedvoll sind, bei ihrer Aufnahme jemals gefordert, sich mit der deutschen Geschichte zu befassen? Hat sie von diesen Menschen jemals überhaupt irgendetwas eingefordert?

Ganz im Gegenteil. Einige von ihnen wurden sogar – oder vor allem – dann aufgenommen, wenn sie keinen Reisepass dabei hatten. Doch die Feststellung der Identität eines Einreisenden ist unglaublich wichtig, was uns zum nächsten Problem bringt:

Weiß die Kanzlerin, wie viele Anti-Terror-Prozesse der Generalbundesanwalt veranlasst hat, um gegen Menschen mit Flüchtlingsbezug vorzugehen? Wenn nicht, dann kann sie die aktuellen Prozesse sehr gerne HIER (und für die Vorjahre HIER) abrufen.

Wer trägt nun die Schuld für all diese Probleme? Aiman Mazyek, der Islam, das Gebot der christlichen Nächstenliebe, die AfD, George Soros oder wahlweise Donald Trump, Viktor Orbán, Recep Tayyip Erdoğan und Wladimir Putin?

Die Verantwortlichen für die Miseren im Land sitzen nicht bei den muslimischen Verbänden oder bei irgendwelchen anderen eingetragenen Vereinen und ausländischen Politikern, sondern direkt in Berlin – und Merkel ist die Chefin dieser Riege.


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