Deutschland

Forstwirtschaft: „Green Deal“ der EU konterkariert den Klima- und Artenschutz

Die Bemühungen der EU-Kommission, den Arten- und Klimaschutz mit dem sogenannten „Green Deal“ zu stärken, werden ins Leere laufen, sagt der Interessenverband Familienbetriebe Land und Forst.
19.05.2021 14:00
Aktualisiert: 19.05.2021 14:12
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Forstwirtschaft: „Green Deal“ der EU konterkariert den Klima- und Artenschutz
Der "Frauenschuh". (Foto: dpa) Foto: AHO Thüringen/Volker Kögler

Die Interessengemeinschaft Familienbetriebe Land und Forst unterstützt die Bemühungen der EU-Kommission zu mehr Arten- und Klimaschutz, kritisiert aber die Herangehensweise scharf:

„Wir unterstützen die Ziele der EU-Kommission, mit dem Green Deal mehr Arten- und Klimaschutz zu erreichen. Doch die geplanten Maßnahmen passen nicht zu diesen Zielen: Wir weisen deshalb im Rahmen unserer Informationskampagne dringend darauf hin, auf pauschale Nutzungsverbote zu verzichten, denn diese erschweren den Klima- und Artenschutz auf der Fläche und in der Wertschöpfung“, so der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst, Max von Elverfeldt, mit Blick auf die aktuellen Beratungen zum Klimaschutzgesetz und im Vorfeld des internationalen Tages zur Erhaltung der Artenvielfalt am 22. Mai 2021.

Die EU-Biodiversitätsstrategie als ein wesentlicher Bestandteil des europäischen Green Deal sieht unter anderem vor, dass 10 Prozent der Land- und Meeresflächen Europas unter strengen Schutz gestellt werden sollen. Dabei soll jegliche wirtschaftliche Landnutzung, einschließlich Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei, vollständig verboten werden. Max von Elverfeldt rechnet vor, was das in Zahlen bedeutet: „10% Flächen-Stilllegungen in Deutschland bedeuten rund 3,5 Mio. Hektar Landflächen, die aus der Bewirtschaftung genommen werden. Das sind knapp 5 Mio. Fußballplätze bzw. fast 15 % der land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Bei einem durchschnittlichen Nutzungswert von 20.000 € je Hektar würde die Stilllegung von 10% der Landfläche zu einem volkswirtschaftlichen Schaden von über 70 Milliarden Euro pro Jahr allein in Deutschland führen.“

Zudem sei es klimapolitisch unverständlich, auf Nutzungsverbote zu setzen. Die gesamte Klimaschutzleistung eines ungenutzten Waldes verliert laut wissenschaftlichen Berechnungen rund 4 Tonnen CO2 je Hektar. Dies entspricht 50% der Pro-Kopf-Emission in Deutschland. „Wir erleben derzeit, wie die globale Nachfrage nach dem nachwachsenden klimafreundlichen Rohstoff Holz zunimmt, und die EU will Teile der Forstwirtschaft lahmlegen. Das passt nicht zusammen.“

Auch sei dem Artenschutz mit Nutzungsverboten nicht geholfen. Prof. emeritus Dr. Dr.h.c. Ernst Detlef Schulze vom Max-Planck Institut für Biogeochemie Jena fordert daher einen Paradigmenwechsel: „Die bisherigen Bemühungen zum Erhalt der Arten haben nicht gewirkt. Die Schlussfolgerung der EU ist, dass wir mehr Schutzgebiete errichten müssen, um diesem Trend entgegen zu wirken.

Untersuchungen im nachhaltig bewirtschafteten und unbewirtschafteten Wald haben jedoch ergeben, dass auch ein Mehr an Schutz am globalen Artenschwund nichts ändern wird. Wir benötigen demnach keine neuen Nutzungsverbote, sondern vielmehr einen Paradigmenwechsel im Arten- und Klimaschutz: Weg von Schutzverordnungen für bedrohte Arten, hin zu marktwirtschaftlichen Anreizen für die Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Flächen zum Erhalt bedrohter Arten.“

Als Beispiel sei der Frauenschuh genannt, die einzige „prioritäre Pflanzenart“ im EU-Naturschutzkonzept von Natura 2000. Man findet den Frauenschuh vor allem in bewirtschafteten Wäldern Süddeutschlands. Ohne Bewirtschaftung wird der Wald zu dunkel, sodass die Art mit besonderem Schutzstatus keine Blüten mehr ausbilden kann. Der Frauenschuh verschwindet.

Ein Umdenken beim Green Deal fordern auch die Familienbetriebe Land und Forst im Rahmen der am 19. Mai gestarteten Informationskampagne Unser Green Deal – Klima- und Artenschutz statt Nutzungsverbote. „Klima- und Artenschutz haben für uns Land- und Forstwirte höchste Priorität. Deshalb möchten wir aktiv an der Umsetzung des Green Deal mitwirken und schlagen wirksame Alternativen zu den beabsichtigten Nutzungsverboten vor, um den Einklang zwischen ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit zu sichern“, erklärt Elverfeldt. Dazu gehören u.a. ein integrativer Ansatz von Bewirtschaftung und Artenschutz sowie die Honorierung und Inwertsetzung von ökologischen Leistungen der Land- und Forstwirtschaft.

Unter www.unser-green-deal.de finden Sie weitere Hintergrundinformationen sowie Bild- und Videomaterial zur Kampagne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Online-Banking überzeugt so viele Deutsche wie nie zuvor
16.09.2025

Bankgeschäfte per Computer oder Smartphone sind in Deutschland auf Rekordniveau. Im Jahr 2024 nutzten 67 Prozent der 16- bis 74-Jährigen...

DWN
Technologie
Technologie Innovation gegen Ärztemangel- Frankreich setzt auf Hightech-Kabinen
16.09.2025

In Frankreich breiten sich in ländlichen Regionen zunehmend Kabinen mit Medizingeräten und Videoberatung durch Ärztinnen und Ärzte aus....

DWN
Politik
Politik Nawrocki besucht Berlin – Bundesregierung weist Reparationsforderungen zurück
16.09.2025

Polens neuer rechtskonservativer Präsident Karol Nawrocki ist zu seinem Antrittsbesuch in Berlin eingetroffen. Dabei könnte es zu...

DWN
Immobilien
Immobilien Smart Cities in Europa: Warum die urbane Zukunft mehr als IT braucht
16.09.2025

Smart Cities gelten als Schlüssel für die urbane Zukunft – doch ohne klare Strategie und Bürgerbeteiligung bleiben sie Stückwerk....

DWN
Politik
Politik EU-Datengesetz: Smart-TV bis E-Bike - mit Data Act haben Nutzer neue Rechte
16.09.2025

Der Data Act der EU sieht seit dem 12. September 2025 vor, dass Hersteller Zugang zu den gespeicherten Daten vernetzter Geräte gewähren...

DWN
Politik
Politik Sondergipfel in Katar: Forderung nach internationalem Waffenembargo gegen Israel
15.09.2025

Der Sondergipfel in Katar hat mit scharfer Kritik auf das israelische Vorgehen reagiert. Mehrere Staaten der Region erklärten ihre...

DWN
Politik
Politik UN-Kritik: Israel zielt auf Journalisten um eigene Gräueltaten zu vertuschen
15.09.2025

252 Reporter sind in gut zweieinhalb Jahren im Gazastreifen getötet worden. Diese Zahl sei kein Zufall, meinen Menschenrechtsexperten und...

DWN
Politik
Politik Elektroautos: Autofahrer revoltieren gegen Brüsseler Kurs
15.09.2025

Subventionen statt Innovation: Während China den Markt dominiert, setzt die EU auf Elektroautos um jeden Preis. Für Autofahrer und...