Unternehmen

Die DWN-Analyse: Wie die Elefantenhochzeit am Wohnungsmarkt Blackrock in Deutschland immer mächtiger macht

Lesezeit: 2 min
27.05.2021 17:10  Aktualisiert: 27.05.2021 17:10
Eigentlich hatte es die rotgrüne Schröder-Regierung vor 20 Jahren gut gemeint, als sie die rechtlichen Voraussetzungen dafür schuf, die maroden staatlichen Wohnungsgesellschaften zu privatisieren. Doch ist das Ergebnis nun die Megafusion zwischen Vonovia und Deutsche Wohnen, die immer mehr von internationalen Heuschrecken kontrolliert werden.
Die DWN-Analyse: Wie die Elefantenhochzeit am Wohnungsmarkt Blackrock in Deutschland immer mächtiger macht
Die Fassade der Zentrale der börsennotierten Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen SE in Berlin. (Foto: dpa)

Es ist die größte Fusion, die es je am deutschen Wohnungsmarkt gegeben hat. Die Ankündigung, dass sich die beiden Wohnungs-Riesen Vonovia und Deutsche Wohnen zusammenschließen, hat sogar die europäischen Börsen in neue Rekordhöhen getrieben. Denn die Summen, um die es geht, sind schon gewaltig: So will Vonovia den Konkurrenten für 18 Milliarden Euro oder 53,03 Euro je Aktie kaufen.

Damit füllen die Unternehmen die Schlagzeilen der Medien, die sich in Superlativen nahezu überschlagen: „Der mächtigste Wohnkonzern der Republik“, schreibt beispielsweise „Spiegel Online“. „Der größte private Vermieter Europas“, berichtet die „Welt“. „Die Fusionsplänen pushen den ganzen Immobilienmarkt“, analysiert die Investment-Publikation „Der Aktionär“.

Dabei ist eins jetzt schon klar: Die Megafusion wird einen Monpolisten am deutschen Wohnungsmarkt schaffen, den es in dieser Form noch nie vorher gegeben hat. Das Riesenunternehmen wird über eine gemeinsame Marktkapitalisierung von 45 Milliarden Euro und über ein riesiges Portfolio von Wohnungen verfügen. Besonders wichtig ist dabei Berlin, wo Deutsche Wohnen derzeit jetzt schon zu den größten Vermietern zählt.

Der neue Monopolist wird über eine Marktmacht verfügen, die einzigartig ist. Gerade am deutschen Wohnungsmarkt fällt dies besonders ins Gewicht, weil dieser bisher zersplittert und unübersichtlich ist. Ein einziges börsennotiertes Unternehmen verfügt jetzt über ein einheitliches Portfolio und über Informationen über den attraktiven Markt, die keinem anderen Anbieter auch nur im Ansatz zur Verfügung stehen.

Blackrock bereits jetzt schon bedeutender Investor

Und davon werden in erster Linie die ausländischen Aktionäre profitieren, die in den vergangenen Jahren heimlich still und leise Anteile an den Unternehmen erworben haben, die ursprünglich einmal staatliches Eigentum gewesen sind. So hat sich bei beiden Firmen bereits Blackrock eingekauft - der weltgrößte Vermögensverwalter. Bei Deutsche Wohnen ist der Fonds im Januar 2021 eingestiegen und hat mehr als elf Prozent einworben.

Am Konkurrenten Vonovia kontrollieren die US-Amerikaner etwa acht Prozent und sind in beiden Unternehmen der größte Einzelinvestor. Darüber hinaus engagiert sich die Norwegische Zentralbank, die an Deutsche Wohnen und Vonovia 8,9 beziehungsweise 6,2 Prozent hält.

Ein Einstieg bei einem aktiennotierten Unternehmen ist für einen Ausländer schon deswegen attraktiv, weil die großen deutschen Gesellschaften keine Hemmungen kennen, ihre wirtschaftlichen Interessen durchsetzen. Eine staatliche kleine Wohnungsbaugesellschaft hingegen hat da grundsätzlich mehr Probleme, weil sie die Belange der Politiker und der Mieter berücksichtigen muss.

Die Fusion zwischen Vonovia und Deutsche Wohnen ist der Höhepunkt der Privatisierung von staatlichen deutschen Wohnungsbaugesellschaften, die vor knapp 20 Jahren unter der rotgrünen Schröder-Regierung begonnen wurde. Sie hatte damals angefangen, die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Gemeinden und Kommunen die maroden staatliche Gesellschaften verkaufen konnten. Damit sollten die öffentlichen Haushalte entlastet werden.

Doch ist der Schuss nun völlig nach hinten los gegangen. Denn große Investmentgesellschaften wie Blackrock werden sich wohl am meisten um ihre Renditen kümmern. Die notwendigen Wohnungen zu bauen, die in Deutschland fehlen, steht bei ihnen nicht im Fokus. Dass sich bereits jetzt schon viele private Investoren bei den Wohnungsgesellschaften eingekauft haben, ist vielen in der Öffentlichkeit nur sehr wenig bekannt. Durch die Megafusion dürften es nun sogar noch mehr werden. Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht.

 

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...