Das britische Netzwerk von Wissenschaftlern, Catapult Network, entwickelt mit dem internationalen Hersteller von Rotorblättern, GE Renewable Energy, einen Roboter für die Wartung von Windkraft-Anlagen. Das geht aus einer Erklärung hervor. Die neue Technologie wird in der Lage sein, in großer Höhe Millionen von Schrauben zu warten, die die Anlagen zusammenhalten. Sie wird insbesondere auf hoher See eingesetzt, weil dort die Reparaturen besonders schwierig sind. Sie kann aber auch zu Lande zum Einsatz kommen.
Die künstliche Intelligenz sieht aus wie ein Insekt, das auf den Konstruktionen nach oben krabbelt und mit Hilfe von Ultraschall seine Arbeiten verrichtet. GE Renewable Energy, das bei dem Projekt eine beratende Funktion übernimmt, geht davon aus, dass die Firmen, die diesen Roboter einsetzen, 75 Prozent der Kosten für die Reparatur von Schrauben sparen, die bisher anfallen. Die Partner rechnen für die neue Technologie ab 2030 mit einem Marktpotenzial von 150 Millionen Pfund oder 174 Millionen Euro. Die Neuerung stellt aus ihrer Sicht „einen wesentlichen Schritt dar, um den gesamten Markt“ zu entwickeln.
"Die Prüfung der Schraubverbindungen ist eines der wichtigsten Themen überhaupt, da sie die Standsicherheit der Windenergie-Anlagen berührt", kommentiert Philip Matthiessen, der Sprecher des Bundesverbandes Windenergie (BWE) auf Anfrage der DWN. "Durchgeführt wird es bei der Wartung durch Techniker der Service- und Wartungsunternehmen sowie durch unabhängige Sachverständige im Rahmen vorgeschriebener wiederkehrender Prüfungen. Die Prüfung erfolgt, indem Sachverständige die Schraubenverbindungen abklopfen, um anhand des Klangs mögliche Lockerungen festzustellen", erklärt der Vertreter des BWE.
Hintergrund: Gerade Reparaturarbeiten auf See verlangen von den Unternehmen bisher einen vergleichsweise hohen Aufwand. Die Naben der Anlagen können weit über 100 Meter hoch sein und ein Gewicht im zweistelligen Tonnen-Bereich haben. Zur Orientierung: Der Kölner Dom, der zu den bekanntesten Bauwerken Deutschlands zählt, ist fast 160 Meter hoch.
Wie groß der Bedarf für Reparaturen ist, wird auch der Zahl der Rotorblätter und Schrauben deutlich, die es im gesamten Vereinigten Königreich gibt. Schätzungen zufolge sind insgesamt 30.000 Rotorblätter in Betrieb. Dabei wurden zehn Millionen Schrauben verwendet. Wenn Großbritannien bis 2050 seine Klimaziele erreichen will, wird das Land noch mehr Windkraftanlagen als bisher einsetzen müssen. Dann müssen rund eine Million Rotorblätter mit 80 Millionen Schrauben gewartet, schätzen Experten.
Dass Großbritannien die Innovation entwickelt, ist kein Zufall, weil das Land zu den Nationen gehört, die sich sehr stark im Windgeschäft engagieren. So verfügte das Vereinigte Königreich 2019 über 34 Windanlagen auf See und lag damit weltweit auf dem ersten Platz. Deutschland betrieb 25 und befand sich damit auf dem zweiten Rang, gefolgt von China (23 Anlagen).
Da das Land für die Branche so wichtig ist, engagiert sich hier auch die deutsche RWE. Großbritannien ist für RWE sogar ein Schlüsselmarkt, wenn es darum geht, die eigenen Klimaziele zu erreichen. Wie der Energiekonzern auf seiner Website mitteilt, will es bis 2040 klimaneutral werden – und das auch mit Hilfe von Projekten im Vereinigten Königreich.
"Als einer der Weltmarkt-Führer beim Geschäft mit den Offshore-Windanlagen begrüßt RWE alle technologischen Fortschritte, welche helfen, die Energiekosten zu senken, und welche die Gesundheit und Sicherheit unserer Bauten und Einsatzteams noch mehr gewährleisten", sagt Mark Flemming, der Sprecher von RWE Renewables UK, auf Anfrage der DWN. "Die Windenergie ist entscheidend, um für unser Energiesystem Klima- und Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Investitionen in Innovationen wie diese zeigen, welche Anstrengungen die Branche unternimmt, um langfristiges Wachstum und die Entwicklung der Windenergie weltweit zu erreichen", fügt Flemming hinzu.