Deutschland

Deutsche Umwelthilfe gegen Nord Stream 2: Klagen Ideologen uns ins vorindustrielle Zeitalter zurück?

Henrik Paulitz, der Leiter der renommierten "Akademie Bergstraße", kommentiert die Klage des Lobbyvereins "Deutsche Umwelthilfe" (DUH) gegen die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2.
03.06.2021 12:46
Aktualisiert: 03.06.2021 12:46
Lesezeit: 2 min
Deutsche Umwelthilfe gegen Nord Stream 2: Klagen Ideologen uns ins vorindustrielle Zeitalter zurück?
Axel Friedrich, Berater des Lobbyvereins "Deutsche Umwelthilfe" (DUH), Remo Klinger, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Jürgen Resch, Geschäftsführer der DUH, bereiten sich auf eine ihrer vielen Verhandlungen vor. (Foto: dpa)

Man mag zur fast fertiggestellten Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 stehen wie man will, sei es aus energie- oder aus außenpolitischen Gründen, sei es, weil man ein Gegner oder Befürworter von Putins beziehungsweise der russischen Politik ist, sei es, weil unklar ist, für wen oder was am Ende das Erdgas bestimmt ist. Davon losgelöst sollte nun aber am Beispiel der bevorstehenden Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) dringend darüber diskutiert werden, ob es wirklich sinnvoll ist, praktisch jedes Industrieprojekt auf dem Gerichtsweg zu Fall zu bringen. Grundsätzlich spricht überhaupt nichts dagegen, dass sich besorgte Bürger, die sich auch in Vereinen organisieren können, nicht nur an die Politik, sondern auch an die Gerichte wenden. Was aber ist, wenn immer mächtiger werdende Umweltorganisationen am Ende regelrecht gegen alles klagen? Was ist, wenn die Gerichte diesen Klagen immer häufiger stattgeben, weniger, weil diese begründet sind, sondern möglicherweise eher deswegen, weil eine medial aufgewühlte Öffentlichkeit solche Urteile erwartet?

Nicht zuletzt unter Berufung auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Klimapolitik könnten nun Umweltorganisationen mehr denn je dazu verleitet sein, es als legitim zu betrachten, nahezu jegliches menschliches Wirtschaften mit einer Klage unterbinden zu dürfen. So möchte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die fast fertiggestellte Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 unter Verweis auf den Klimaschutz stoppen. Das ist kurios, weil andere führende Umweltverbände Deutschlands (DNR, BUND, Greenpeace) im Rahmen des Kohleausstiegs, also in der "Kohlekommission" aus Klimaschutzgründen zig neue Erdgas-Kraftwerke empfohlen haben, als Ersatz für Kohle- und Atomkraftwerke, als notwendigen Baustein der Energiewende.

Inzwischen scheinen DNR, BUND und Greenpeace davon aber auch nicht mehr viel wissen zu wollen und erwecken den Eindruck, als würden sie in Brüssel gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen Erdgas und Erdgaskraftwerke lobbyieren, obwohl die Wind- und Solaranlagen dringend auf diese Backup-Kraftwerke angewiesen sind. Hier stellt sich die Frage, ob die Umweltorganisationen und "Think Tanks", die die Politik mit medialer Unterstützung beständig vor sich hertreiben, tatsächlich eine konsistente, rational begründete und nicht zuletzt auch verantwortliche Linie verfolgen. Ihr Agieren erweckt teilweise den Anschein, als sei "Klimaschutz" so etwas wie eine "Allzweckwaffe", mit der alles und jedes bekämpft werden kann und soll. Unter der populär gewordenen "Verzichts-Ideologie" hat am Ende kaum noch eine Industrie (außer die gerade staatlich begünstigte und alimentierte) und kaum noch ein Grundbedürfnis eine Daseinsberechtigung. Stellt man sich dabei eigentlich die Frage, was am Ende überhaupt noch bleibt? Den Akteuren ist möglicherweise gar nicht bewusst, dass am Ende Verarmung und Verelendung die Folge sein könnten. Leben wir in Deutschland am Ende nur noch von Luft und Liebe? Wollen wir (uns) am Ende alles verbieten?

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Henrik Paulitz

Henrik Paulitz ist Gründer und Leiter der "Akademie Bergstraße für Ressourcen-, Demokratie- und Friedensforschung". Er ist der Autor mehrerer Bücher, darunter "StromMangelWirtschaft - Warum eine Korrektur der Energiewende notwendig ist" (2020). 
DWN
Finanzen
Finanzen Bayer-Aktien auf Jahreshoch: Pharma-Erfolg mit dem Gerinnungshemmer Asundexian
24.11.2025

Nach Jahren des Abstiegs erlebt die Bayer-Aktie einen überraschenden Kursschub. Ein neuer Studienerfolg weckt Hoffnung auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bürokratieabbau: Normenkontrollrat kritisiert Bund-Länder-Pläne als zu schwach
24.11.2025

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hält die aktuellen Vorschläge von Bund und Ländern zum Bürokratieabbau für unzureichend. In...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Infrastruktur in der Finanzlücke: Pkw-Maut als mögliche Lösung?
24.11.2025

Eine aktuelle Studie der Denkfabriken Agora Verkehrswende und Dezernat Zukunft zeigt, dass Deutschland bis 2030 rund 390 Milliarden Euro...

DWN
Panorama
Panorama Kita unter Druck: Experten fordern besseren Gesundheitsschutz für Erzieher
24.11.2025

Das Kita-System in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Hohe Ausfallraten und Personalmangel belasten Erzieherinnen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technologie im Mittelstand: Cloud bleibt bei kleinen Unternehmen ein Nischenthema
24.11.2025

Während große Unternehmen längst auf Cloud-Dienste für Speicher, Rechenleistung und Softwareanwendungen setzen, ist die Nutzung bei...

DWN
Technologie
Technologie Digitalisierung: Was Deutschland von Estland lernen sollte
24.11.2025

Deutschland steckt im digitalen Stau: Ämter arbeiten auf Papier, Gründer warten wochenlang, Unternehmen verlieren Zeit und Geld. Estland...

DWN
Politik
Politik Deutschland investiert am meisten in Soziales – IW-Studie zeigt EU-Spitzenplatz
24.11.2025

Deutschland führt europaweit bei den Sozialausgaben: Laut einer aktuellen Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft fließen...

DWN
Panorama
Panorama Artenschutz-Gipfel eröffnet: 185 Staaten verhandeln über das Überleben bedrohter Arten
24.11.2025

In Usbekistan hat eine internationale Artenschutzkonferenz begonnen, bei der Vertreter aus 185 Staaten über strengere Regeln für den...