Finanzen

Ist Tesla ein Autobauer - oder ein Krypto-Hedgefonds?

Lesezeit: 3 min
06.06.2021 09:22  Aktualisiert: 06.06.2021 09:22
Tesla schwächelt im Geschäft mit Elektroautos, verdient dafür aber kräftig mit dem Handel von Bitcoin und C02-Zertifikaten. Das wirft eine drängende Frage auf: Verfolgt Elon Musk mit seinen berüchtigen Bitcoin-Tweets etwa eine großangelegte Spekulations-Strategie, um die operativen Verluste des Kerngeschäfts zu verschleiern?

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Tesla hat im ersten Quartal nur aufgrund von Handels-Geschäften mit Bitcoin und C02-Zertifikaten überhaupt einen Gewinn erzielen können, wie das Fachmagazin „Autonews“ berichtet. Bei einem Umsatz von 10,4 Milliarden Dollar konnte der E-Auto-Pionier unter dem Strich einen Vorsteuer-Gewinn (EBIT) von 533 Millionen verbuchten.

Interessant ist dabei folgendes: Der Verkauf von Emissionsrechten an andere Automobil-Hersteller brachte satte Einnahmen in Höhe von 518 Millionen Dollar. Mit dem Verkauf eines geringen Anteils des firmeneigenen Bitcoin-Vermögens erzielte man einen weiteren Gewinn von 101 Millionen. Das bedeutet, der Konzern hätte einen Verlust gemacht, hätte er sich allein auf sein operatives Geschäft - Automobilbau, Solartechnik, Batterien, Stromtankstellen - verlassen.

Das verwundert auch nicht wirklich, wenn man sich die Daten im Hinblick auf die Verkäufe von Elektroautos in den letzten Monaten genauer anschaut. Die Konkurrenz schläft nicht, der Wettbewerb wird härter. Tesla hat seine Stellung als Marktführer – zumindest temporär – eingebüßt. 2020 lagen die Kalifornier mit einem Marktanteil von 13 Prozent nur auf dem dritten Platz hinter Renault/Nissan und Volkswagen. In China bekommen sie mit „NIO“ ernsthafte Konkurrenz, und in vielen europäischen Ländern ist Volkswagens ID.3-Modell das meistverkaufte Elekto-Auto, darunter in Deutschland, den Niederlanden und Norwegen.

Musk und Bitcoin: Ein einziges Hin und Her

Aber zurück zu Bitcoin: In der Vergangenheit hatten Äußerungen von Elon Musk auf Twitter wiederholt für Preisturbulenzen gesorgt. Wenn der Tesla-Chef Bitcoin positiv erwähnte, stieg der Preis deutlich an, umgekehrt fiel der Preis, wenn er einen negativen Tweet über Bitcoin absetzte. Musk wird sich seines enormen Einflusses auf den Bitcoin-Preis bewusst sein. Gleichzeitig hat Tesla nach eigenen Angaben Milliarden Dollar in Bitcoin investiert und damit die Bitcoin-Rally in den vergangenen Monaten mitbefeuert.

Man könnte in diesem Kontext fast vermuten, dass das Hin-und-Her-Lavieren Elon Musks bezüglich Bitcoin zumindest teilweise Kalkül ist. Ob der exzentrische Tesla-Gründer mit seinem Konzern (und womöglich auch privat) insgeheim eine Hedgefonds-artige Long-Short-Strategie bei Bitcoin verfolgt? Befürchtet Musk, dass man die Verluste im Kerngeschäft bald mit dem Verkauf von C02-Zertifikaten nicht mal ansatzweise kompensieren kann – und wettet deswegen zusätzlich auf Bitcoin? Dies wäre zumindest eine mögliche Erklärung dafür, dass sich Musk in letzter Zeit in punkto Bitcoin so sprunghaft gibt.

Als Außenstehender kann man schwer einschätzen, was der Tesla-Chef von Bitcoin tatsächlich hält. Warum befeuerte Musk den Bitcoin-Preis noch Ende März mit der Ankündigung, dass man die Digitalwährung von nun an als Zahlungsmittel akzeptieren werde – nur um dann keine zwei Monate später (zufälligerweise nach Quartalsabschluss) eine Kehrtwende zu vollziehen, angeblich aufgrund von Umweltbedenken wegen des hohen Energieverbrauchs beim Mining? Wollte Musk hier den Preis vor Quartalsende nach oben beeinflussen, damit Tesla einen Teil seines Bitcoin-Bestandes mit Gewinn veräußern konnte? Und wollte er analog später den Preis drücken, um wieder günstig Bitcoin akkumulieren zu können? Das wollen wir an dieser Stelle selbstverständlich nicht unterstellen. Fest steht aber folgendes: Ein defizitäres Kerngeschäft, das nur durch sogenannte "außerordentliche Einkünfte" kompensiert wird, ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell.

Nun ist Bitcoin erstmal doch keine Zahlungsoption für Käufer von Tesla-Autos. Warum der plötzliche Meinungsumschwung? War sich Musk allen Ernstes bis vor kurzem nicht bewusst, welchen Energiebedarf der Proof-of-work-Algorithmus hat?

Nochmal zwei Wochen später am 24. Mai twitterte Musk erneut über Bitcoin: "Ich habe mit nordamerikanischen Bitcoin-Schürfern gesprochen. Sie haben sich verpflichtet, die aktuelle und geplante Nutzung erneuerbarer Energien zu veröffentlichen (...)“. Das Ganze bewertete Musk mit den Worten „Potenziell vielversprechend“ und holte mit dieser Aussage den Bitcoin-Kurs aus einem Zwischentief. Am 4. Juni folgte dann der nächste Meinungsumschwung: Der Tesla-Gründer twitterte „Bitcoin“ nebst einen zerbrochenen Herz-Smiley und promt gaben die Kurse leicht nach. Anscheinend wollte Musk damit andeuten, dass seine Liebe zu Bitcoin endgültig vorbei ist, wobei man spätestens in einem Monat mit dem nächsten (diesmal vermutlich wieder positiven) Tweet rechnen kann.

Diese Art des Herumlavierens ist so gar nicht typisch für den Tesla-Chef. Normalerweise hat er eine klare (und in der Regel ziemlich kontroverse) Meinung über die Themen, zu denen er sich äußert. Erfolgreiche Unternehmer brauchen klare Überzeugungen, denen sie folgen können. Musk würde ja auch nicht von heute auf morgen seine Pläne für die Besiedlung des Mars einstampfen.

Tesla-Anleger scheinen bei dem ganzen Hickhack allerdings doch etwas nervös zu werden. Schon seit Bekanntgabe der Quartalszahlen (26. April) befindet sich die Aktie auf Talfahrt.



Wenn man den jüngsten Kursverlauf von Tesla mit dem Kursverlauf von Bitcoin vergleicht, fällt eine starke Korrelation auf.

Sollte hier eine ursächliche Beziehung vorliegen, kann man über die Richtung trotzdem nur mutmaßen. Ist Bitcoin deshalb so stark gefallen, weil Tesla die Kryptowährung nun doch nicht als Zahlungsoption akzeptiert? Möglicherweise. Es gibt aber auch andere Faktoren wie den immer noch milliardenschweren Bitcoin-Bestand Teslas – dieser allein würde schon erklären, warum die Tesla-Aktie in letzter Zeit immer gemeinsam mit Bitcoin fällt. Außerdem weisen Teile der Anlegerschaft von Bitcoin und Tesla ähnliche Eigenschaften auf, zum Beispiel ein fast schon übertrieben großes Vertrauen in ihr Investment und eine durchschnittlich längerfristige Haltedauer.

Links zu Elon Musks letzten Bitcoin-Tweets:

twitter.com/elonmusk/status/1374617643446063105

twitter.com/elonmusk/status/1392602041025843203

twitter.com/elonmusk/status/1396914548167233537

twitter.com/elonmusk/status/1400620080090730501


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...

DWN
Politik
Politik Droht Deutschland der Bankrott? Bundestag setzt Haushaltswoche aus - trotz nahender Haushaltssperre!
21.11.2024

Die Haushaltskrise eskaliert nach dem Ampel-Aus: Nach der abgesagten Sitzungswoche zur Finanzierung der Haushalte, liegen die Etats für...