Politik

Die Radikalisierung des Bundestagswahlkampfs hat begonnen

Es ist unverkennbar, dass die Radikalisierung des Bundestagswahlkampfs bereits begonnen hat. Gegenseitige Denunziationen und Verleumdungen werden alle Grenzen des Anstands sprengen.
14.06.2021 21:21
Aktualisiert: 24.06.2021 21:21
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Die Radikalisierung des Bundestagswahlkampfs hat begonnen
Eine Bronzefigur in Form eines Engels an einem Kreuz auf einem Friedhof. (Foto: dpa)

Wer sagt uns, wer die Guten und wer die Bösen sind?

Je erbitterter und verbitterter man sich diese Frage in einem Umfeld massiver Denunziationen, Verleumdungen und haltlosen Vorwürfen stellt, desto schwieriger wird es, eine Antwort darauf zu finden. Die Kernlosigkeit und Unzuverlässigkeit, mit der die Corona-Debatte geführt wird, ist unverkennbar – und doch sind es Teile unserer alltäglichen Realitäten.

Die aktuellen Lockerungen im öffentlichen Leben dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die gesamte deutsche Gesellschaft kurz vor einem politischen Nervenzusammenbruch steht. Eine Wohlstandsgesellschaft kann nicht normal bleiben, wenn sie über mindestens sieben Jahre hinweg (seit 2013) permanent unter Hochspannung steht.

Kaum hat das ganze Land ein Gefühl der Erleichterung erfasst, schon wird mit einem Paukenschlag der nächste Streit in die Gesellschaft getragen. Der Klima-Disput, der mit voller Wucht eine neue Stufe der Emotionalisierung herbeiführen wird, wird nicht nur den Wahlkampf, sondern auch die kommende Legislaturperiode dominieren. Dies wird der Vorgang sein, wie er unverkennbar, abgerückt und klar in einer späteren Epoche vor der rückschauenden Betrachtung stehen wird. All jene politischen Begriffe, wie wir sie bisher gekannt haben, haben ihre Bedeutungen verwirkt. Nichts von dem, was wir bisher gekannt haben, konnte seinen Fortbestand bewahren. Und doch versuchen die Menschen, sich eigenständig Orientierungshilfen zu schaffen, die nicht selten ins Irrationale abgleiten.

Doch den Bürgern ist kein Vorwurf zu machen. Denn diese Irrationalität ist das Ergebnis einer Emotionalisierung der gesamten gesellschaftlichen Debatte, die von einigen Politikern jeglicher Couleur nicht in etwa gebremst, sondern sogar vorsätzlich gefördert und befördert wird. Das Gefühl, dass in Deutschland und Europa angesichts der politischen Entwicklungen in Richtung des Radikalismus die nächste und wahrscheinlich finale Zivilisationskatastrophe stattfinden könnte, gewinnt an Stärke. Denn die menschlichen Raubtierinstinkte werden erneut Schritt für Schritt geweckt. Das kann nicht gut ausgehen.

Wer glaubt, dass die Wucht der Corona-Debatte alsbald überwunden sein wird, der täuscht. Die Klima-Debatte wird alle Grenzen des Anstands und der bisher gültigen Konventionen sprengen. Sie wird die radikalen Ränder wachsen lassen. Die Positionierung in die eine oder andere Richtung fällt mir persönlich deshalb so schwer, weil meine Beobachtungen den nachweislichen Schluss zulassen, dass es nicht in etwa um das Wohl der Gesellschaft, sondern um Agenden geht, die von partikularen Interessen geleitet werden.

Ein Gefühl der geistigen Leere überkommt den Menschen, wenn er sich zwischen Lagern entscheiden muss, die jeweils die Gegenseite als „Verschwörungstheoretiker“ oder „Volksverräter“ brandmarken. Ein Prozess der doppelten Inquisition findet statt, bei dem vom normalen Bürger mit einer unglaublichen Radikalität verlangt wird, sich zu positionieren. Es ist völlig egal, wie man persönlich argumentiert. Unterstellt wird dem Zuschauer immer wieder eine vorsätzliche zerstörerische Intention – ausgerechnet von denjenigen, die im Ring stehen.

Wie sinnlos die Erklärungen, wie unendlich töricht die Rechtfertigungsversuche – jedoch auch, wie hoffnungslos und hilflos die rhetorischen Notkonstruktionen, mit denen man versucht, an seiner eigenen Normalität festzuhalten, um nicht in den Strudel dieses ekelhaften Grauens hineingezogen zu werden.

Doch wer sagt uns nun, wer die Guten und wer die Bösen sind?

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen US-Investoren strömen zu EARN Mining Cloud Mining und erzielen über 1.000 XRP pro Tag

Onchain-Daten zeigen, dass große Investoren bei einem XRP-Anstieg auf 3,10 US-Dollar Gewinne mitgenommen haben. Adressen mit Beständen...

avtor1
Cüneyt Yilmaz

                                                                                ***

Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Milliarden gegen US-Dominanz
18.09.2025

SAP-Vorstand Thomas Saueressig gibt den Ton an: Mit einer Milliardenoffensive will er Europas digitale Selbstständigkeit sichern – von...

DWN
Politik
Politik Frankreich-Proteste: Hunderttausende gegen Sparpläne und Regierung
18.09.2025

Hunderttausende Menschen ziehen durch Frankreichs Straßen, Schulen und Bahnen stehen still. Die Wut über Macrons Personalentscheidungen...

DWN
Politik
Politik Draghi warnt: EU verliert geopolitische Bedeutung – welcher Reformplan für Europa dringend nötig ist
18.09.2025

Mario Draghi rechnet ab: Die EU habe ihre geopolitische Bedeutung überschätzt und sei heute schlecht gerüstet für die globalen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Amazon fährt Investitionen in Deutschland hoch
18.09.2025

Amazon baut seine Dominanz in Deutschland massiv aus. Milliarden fließen in neue Standorte, Cloud-Infrastruktur und Künstliche...

DWN
Politik
Politik USA liefern wieder Waffen mit europäischem Geld
18.09.2025

Die USA nehmen Waffenlieferungen an die Ukraine wieder auf – doch diesmal zahlt Europa. Für Deutschland könnte das teuer und politisch...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt Deutschland: Käufer kehren zurück, Zinsen steigen
18.09.2025

Der deutsche Immobilienmarkt lebt wieder auf. Mehr Käufer greifen zu, doch steigende Bauzinsen bremsen die Euphorie. Während die...

DWN
Politik
Politik Fed senkt Leitzins: Trump drängt auf geldpolitischen Kurswechsel
18.09.2025

Die US-Notenbank senkt erstmals seit Ende 2024 den Leitzins – ein Schritt, der tief in die innenpolitische Auseinandersetzung hineinragt....

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation in Deutschland: Wieso sich so viele Deutsche Geld für Lebensmittel leihen
18.09.2025

Brot, Milch, Schulden: Mehr als die Hälfte der unter 50-Jährigen greift für Alltagsausgaben zum Kredit – oft bei der Familie. Wer...