Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will dem Verdacht nachgehen, ob deutsche Kliniken in der Pandemie die Zahl freier Intensivbetten zum Kassieren von Freihaltepauschalen heruntergerechnet haben könnten. Das müsse aufgeklärt werden, sagte Spahn am Freitag vor der Bundespressekonferenz. "Aber es muss auch jenseits von Vermutungen gearbeitet werden. Und da ist auch viel Vermutung im Raum."
Seit rund einer Woche gibt es Spekulationen darüber, ob Kliniken durch bewusst falsche Angaben bei Intensivbetten versucht haben könnten, Ausgleichszahlungen durch die Regierung zu erhalten. Grundlage für die Vermutungen ist das in der Pandemie eingeführte Intensivbetten- Register (Divi-Register). Es ist eine gemeinsame Datenbank der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und des RKI. Die Vorwürfe kamen nach Medienangaben vom Bundesrechnungshof unter Bezugnahme auf ein Schreiben aus dem Robert Koch-Institut vom Januar. Recherchiert hatten dazu WDR, NDR und die "Süddeutsche Zeitung".
RKI-Präsident Lothar Wieler hielt den Verdacht am Freitag für unbegründet. Die Daten seien für sein Institut auch durch andere Quellen nachzuvollziehen. Diese spiegelten die Angaben im Divi-Register wider, sagte er. "Das heißt also, die Daten sind völlig nachvollziehbar. Und die Situation in Krankenhäusern ist in keiner Weise verzerrt - nach unseren Informationen."
"Ich kann grundsätzlich nicht ausschließen, dass es auch falsche Meldungen gegeben hat. Jenseits von Vermutungen", sagte Spahn. Bisher gebe es aber offenbar wenige stichhaltige Nachweise dafür. In dem RKI-Brief heiße es auch, dass es aus den eigenen Daten und Analysen nicht zu erkennen sei. "Es sagt ja keiner, dass das alles perfekt gelaufen ist", ergänzte Spahn. Er kenne aber niemanden, der die tatsächliche Belastung der Kliniken in der Pandemie in Frage stelle. Am Ende sei die Frage: "Auf wen können wir uns denn eigentlich noch verlassen? Und ich hab erst einmal ein Grundvertrauen in Ärztinnen und Ärzte."
Die Vereinigung der Intensivmediziner hatte bereits am 11. Juli betont, dass die abgefragten Daten aller rund 1330 Intensivstationen mit Akutversorgung in Deutschland zu jeder Zeit belastbar waren - und es weiterhin seien.
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