Der Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, warnt vor einer rein auf Konfrontation basierenden Strategie im Umgang mit China und der Entstehung eines neuen Kalten Krieges.
Laschet fordert dagegen ein offenes, auf einen gegenseitigen Interessensausgleich angelegtes Verhältnis zu China. Probleme müssten konstruktiv im Dialog und im Sinne der Kooperation gelöst werden.
In einem Interview mit der Financial Times gab Laschet zu bedenken, dass viele europäische Staaten Vorbehalte gegen den strikten Anti-China-Kurs des amerikanischen Präsidenten Joe Biden hätten. „Die Frage ist doch: wenn wir davon reden, China ‚einzudämmen“, wird dies zu einem neuen Konflikt führen. Brauchen wir einen neuen Feind? Und hier sind die Europäer vorsichtig, da China zwar ein Wettbewerber und systemischer Rivale ist und ein anderes Gesellschaftsmodell verfolgt, aber eben auch ein Partner ist – etwa bei Kampf gegen den Klimawandel.“
Biden hatte die Formate des Nato-, G7- und EU-Gipfels in den vergangenen Tagen dazu genutzt, um eine breite Allianz von Ländern unter US-Führung gegen China in Stellung zu bringen.
Deutschland solle nicht davor zurückschrecken, „kritische Fragen“ zu stellen. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob das öffentliche, laute und aggressive Anprangern der Menschenrechtssituation in einem anderen Land wirklich zu Verbesserungen führt. Oft kann man mehr in vertraulichen Gesprächen mit politischen Führern erreichen als in Pressekonferenzen.“
China sei ein Wettbewerber und die Demokratien dieser Welt müssten ihre Kooperation vertiefen – ein zentrales Anliegen der US-Regierung – aber es müsse unbedingt vermieden werden, in eine Mentalität des Kalten Krieges gegen China zurückzufallen. „Das 21. Jahrhundert ist sehr verschieden und der Blick in die Zeit vor 1989 zurück eröffnet uns nur noch begrenzte Perspektiven. Wir leben nun in einer multipolaren Welt mit verschiedenen Akteuren.“
„Ich will es deutlich sagen: Dass unser Land wirtschaftlich vergleichsweise gut dasteht, haben wir auch dem schnellen Wirtschaftsaufschwung Chinas nach der Pandemie zu verdanken“, sagte Laschet in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. „Nichtsdestotrotz bleibt es wichtig, China besser in die regelbasierte Ordnung einzubinden.“
Laschet stellt sich damit erneut hinter die China-Politik der Bundesregierung. Die USA hatten auf den Gipfeltreffen mit den Europäern für einen härteren Kurs plädiert, den auch etwa die Grünen möchten. Der G7- und der Nato-Gipfel hatte eine deutlich härtere Sprache gegenüber Peking beschlossen. Kanzlerin Angela Merkel hatte danach allerdings betont, dass China eben auch Partner sei. CDU-Chef Laschet hatte bereits vor wenigen Tagen vor einer „rein innenpolitisch argumentierenden Abgrenzung“ gegenüber China gewarnt.
Pragmatischer Ansatz auch zu Russland
Laschet verfolgt auch gegenüber Russland einen pragmatischen Ansatz. Man müsse mit Moskau wieder sprechen, damit der Westen eine „sensible Beziehung“ zu Russland führen könne. „Russland zu ignorieren hat weder unseren noch den Interessen der US-Regierung gedient.“ Das Treffen zwischen Biden und Russlands Präsident Putin vergangener Woche in Genf sei deshalb ein gutes Zeichen gewesen.
Laschet äußerte auch Kritik an der russischen Politik der vergangenen Jahre, etwa an der Annexion der Krim, welche er als „inakzeptabel“ bezeichnete. Trotzdem müsse man wie mit China auch mit Russland pragmatisch zusammenarbeiten. „Es ist das flächenmäßig größte Land der Welt, eine Atommacht.“ Bidens Ansatz, Russland ernst zu nehmen und Kooperationskanäle wiederzueröffnen, sei richtig.
Gegensatz zu Baerbock
Mit seinen pragmatischen und auf Ausgleich der Interessen bedachten Ansichten steht Laschet im Wiederspruch zu seiner Konkurrentin der Grünen ums Kanzleramt, Annalena Baerbock.
Baerbock hatte sich in der Vergangenheit mehrfach sehr kritisch gegenüber China geäußert und die Bereitschaft erkennen lassen, sich dem von den USA angeführten Feldzug gegen das Land anzuschließen. So verknüpfte sie beispielsweise die Klima-Politik mit der Konfrontation gegen China, welche es aus ihrer Sicht zu suchen gelte.
Ende April übernahm Baerbock in einem Interview mit der FAZ praktisch alle wirtschaftlichen und PR-Elemente des US-Feldzugs gegen China und Russland sowie die dadurch angereicherten Vorwürfe gegen China: Angesichts des militärischen Verhaltens Russlands im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt sei es ungeachtet des Tiefpunktes in den Beziehungen beider Seiten das Wichtigste, „den Druck auf Russland zu erhöhen“, sagte Baerbock. Der im Bau befindlichen deutsch-russischen Gaspipeline durch die Ostsee müsse „die politische Unterstützung entzogen“ werden. Die Politikerin forderte eine Mischung aus „Dialog und Härte“ in der Politik gegenüber China. Europa könne entscheiden, welche Produkte es importiere. „Wir können sagen: Produkte aus Zwangsarbeit kommen nicht auf unseren Markt.“ Wenn Telekom-Ausrüster wie Huawei europäische Daten an den chinesischen Staat weitergeben müsse, könne Europa Produkte solcher Hersteller nicht in seine Infrastruktur einbauen.
Eine komplette wirtschaftliche Abkopplung lehnt aber auch Baerbock ab: „Dafür ist das ein viel zu großer Markt.“ Auch die Menschenrechtslage lasse sich nicht dadurch verbessern, dass man nicht mehr miteinander spreche.