Politik

Geplante EU-Kerosinsteuer würde außereuropäische Fluglinien bevorteilen

Die deutschen Fluglinien haben die EU-Pläne für eine gemeinsame Kerosinsteuer kritisiert. Auf diese Weise würden nicht die Emissionen reduziert, sondern die Wettbewerber aus Dubai, Doha, Istanbul und London bevorteilt.
05.07.2021 15:44
Aktualisiert: 05.07.2021 15:44
Lesezeit: 2 min

Die Pläne für eine EU-weite Mindeststeuer für umweltschädliche Flugkraftstoffe treffen in der Luftfahrtbranche auf Kritik. Der Verband BDL fürchtet vor allem Nachteile in Deutschland. "Eine europäische Kerosinsteuer hätte im internationalen Luftverkehr mit Drittstaaten massive Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der deutschen Netzwerkfluggesellschaften und hiesigen Luftverkehrsdrehkreuze zur Folge", sagte BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow am Montag. Auch der CDU-Wirtschaftsrat kritisierte den Entwurf für Vorschläge der EU-Kommission, über den Reuters am Sonntag berichtet hatte. "Eine EU-Kerosinsteuer wäre ein perfektes Konjunkturprogramm für die hochsubventionierten Airlines der Golfstaaten und des Bosporus."

Die EU-Kommission überarbeitet derzeit die EU-Energiesteuern. Dies wird Teil eines Maßnahmenpakets, das sie am 14. Juli vorschlagen wird, um die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Laut Vorschlag würde ab 2023 ein EU-weiter Mindeststeuersatz auf Energieprodukte erhoben werden, die als Flugzeugtreibstoff für Flüge innerhalb der EU geliefert werden. Demnach würde die Mindeststeuer bei Null beginnen und über zehn Jahre schrittweise steigen, bis der volle Steuersatz eingeführt werde. Der Entwurf des Vorschlags enthält keine Angaben über den angestrebten Steuersatz. Nachhaltige Kraftstoffe wie mit erneuerbarer Energie produzierter Wasserstoff und fortschrittliche Biokraftstoffe wären während dieses Zehn-Jahres-Zeitraums nicht betroffen.

BDL-Lobbyist von Randow monierte, ein solcher Schritt würde Emissionen nicht reduzieren, "sondern lediglich Zubringerverkehre einseitig verteuern und an die Wettbewerber aus Dubai, Doha, Istanbul und London verschieben". Denn anders als etwa die Luftverkehrsteuer sei eine Kerosinsteuer nicht "endzielbezogen" und lasse sich von allen nicht-europäischen Fluggesellschaften einfach umgehen. "Zudem gibt es keinen Bezug zwischen den Einnahmen aus der Kerosinsteuer und Investitionen im Bereich Nachhaltigkeit im Luftverkehr."

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) setze sich für eine wirksame CO2-Bepreisung ein. Alle Maßnahmen müssten aber so austariert sein, dass sie Emissionen reduzierten und diese nicht nur zu Wettbewerbern im Ausland verlagerten. Mit dem Europäischen Emissionshandel, der internationalen Klimaschutzabgabe Corsia und der deutschen Luftverkehrsteuer werde CO2 im Luftverkehr bereits umfassend bepreist. Das Zauberwort der Branche heißt "wettbewerbsneutral". So hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr jüngst betont, wenn es Auflagen für europäische Airlines gebe, aber nicht für internationale Konkurrenten wie die Golf-Carrier, dann sei für den Klimaschutz nichts gewonnen.

Der CDU-Wirtschaftsrat befürchtet, dass gerade deutsche Unternehmen stärker von einer Kerosinsteuer betroffen wären als deren innereuropäischen Wettbewerber. "Da hierzulande seit Jahren bereits eine Luftverkehrsteuer erhoben wird, wäre das nichts anderes als eine Doppelbesteuerung für den Luftverkehrsstandort Deutschland." Die Bundesregierung müsse hier ein klares Veto in Brüssel einlegen.

Die Einführung der Vorschläge könnte politisch ohnehin schwierig sein, denn Änderungen der EU-Steuersätze müssen alle 27 EU-Länder zustimmen. Damit hat jeder Staat faktisch ein Veto-Recht. Grundlage für die Abgaben wären Energiegehalt und Umweltverträglichkeit eines Treibstoffs - was umweltschädliche Treibstoffe verteuern würde. Ziel ist es, die Fluggesellschaften zu ermutigen, auf nachhaltige Kraftstoffe wie E-Kerosin umzusteigen. Diese sind aber noch sehr teuer und machen weniger als ein Prozent des europäischen Treibstoffverbrauchs aus.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...