Politik

Deutschland unterliegt am EuGH im Streit über russisches Gas

Lesezeit: 2 min
15.07.2021 15:49
Im Streit über eine Ausweitung russischer Erdgaslieferungen hat Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Niederlage hinnehmen müssen.
Deutschland unterliegt am EuGH im Streit über russisches Gas
Rohsysteme der Gas-Anlandestation der Ostseepipeline Nord Stream 2. (Foto: dpa)
Foto: Jens Büttner

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil wies der EuGH Rechtsmittel Deutschlands gegen einen Beschluss des EU-Gerichts zurück. Konkret geht es um größere Liefermengen durch die Pipeline Opal, eine Verlängerung der seit 2011 betriebenen ersten Nord-Stream-Pipeline in der Ostsee, über die russisches Gas nach Europa transportiert wird (Rechtssache C-848/19).

Polen hatte gegen die größeren Liefermengen vor dem Gericht der Europäischen Union (EU-G) geklagt, weil sie die Versorgungssicherheit des Landes gefährdeten und gegen den Grundsatz der Energiesolidarität verstießen. Das Gericht gab der Klage statt, woraufhin Deutschland Rechtsmittel beim EuGH einlegte, die nun zurückgewiesen wurden.

Im September 2019 hatte Polen in erster Instanz einen Beschluss der EU-Kommission stoppen lassen, der dem russischen Gazprom-Konzern die stärkere Nutzung der Opal-Pipeline erlaubte (Rechtssache T-883/16). Gazprom hatte ursprünglich nur die halbe Leitungskapazität nutzen dürfen, um andere Lieferanten nicht zu benachteiligen. Mit einem Beschluss von 2016 erlaubte die EU-Kommission Gazprom dann auf Antrag der Bundesnetzagentur eine deutliche Erhöhung der Lieferungen. Dass diese Entscheidung vom EU-G zurecht für nichtig erklärt wurde, bestätigte nun der EuGH.

In einem zuvor veröffentlichten Gutachten des Gerichtshofs hieß es, Deutschland "macht im Wesentlichen geltend, dass die Energiesolidarität lediglich ein politischer Begriff und kein rechtliches Kriterium sei". Entsprechend könnten daraus keine unmittelbaren Rechte und Pflichten abgeleitet werden. Dem widerspricht nun das oberste Gericht der EU. Da der Grundsatz der Solidarität allen Zielen der Energiepolitik der Union zugrunde liege, sei die Annahme unzulässig, dass dieser keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeuge. Der Grundsatz beinhalte Rechte und Pflichten für die EU-Länder.

Das Urteil kann nach Einschätzung des Generalanwalts Campos Sánchez-Bordona auch Auswirkungen auf die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 haben. In seinem Gutachten schreibt er, dass es für Gazprom und verbündete Unternehmen schwieriger werden könne, "in den Genuss einer vorübergehenden Ausnahme von der Anwendung der Unionsbestimmungen (...) auf die Gasfernleitung Nord Stream 2 (...) zu kommen".

Diese Unionsbestimmungen schreiben einen freien und fairen Wettbewerb der Gasflüsse vor. Hoffnungen Gazproms auf Vorteile auf dem Energiemarkt nach der Fertigstellung von Nord Stream 2 dürften entsprechend einen Dämpfer bekommen. Der Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 wird von Teilen Europas und der USA kritisiert. Die Rohr-Verlegearbeiten stehen schon länger kurz vor dem Abschluss. Es gab jedoch immer wieder Widerstand aus anderen Ländern.

Nach Ansicht des stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag, Oliver Krischer, ist das Urteil in seiner Tragweite nicht zu unterschätzen. "Es ist ein wesentlicher Baustein, dass der Gastransit durch die Ukraine langfristiger gebraucht wird", teilte er mit.

Mit Nord Stream 2 soll russisches Gas unter Umgehung der Ukraine nach Deutschland gebracht werden. Die USA und einige osteuropäische Nato-Partner befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen.

Mehr zum Thema: Wegen China und Nord Stream 2: Merkel hat die USA zweimal in die Pfanne gehauen


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...