Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juli überraschend eingetrübt. Der Ifo-Index für das Geschäftsklima sank um 0,9 Punkte auf 100,8 Zähler, wie das Münchner Institut am Montag bekanntgab. Ausschlaggebend für den Rückgang ist die Einschätzung der künftigen Geschäfte. Hier ging der entsprechende Indexwert zurück, während die Bewertung der aktuellen Lage erneut besser war.
Einschätzungen von Ökonomen im Überblick:
Ulrich Kater, Chefvolkswirt Dekabank: „Nach der bisherigen Erholungs-Euphorie ist die deutsche Wirtschaft im harten Post-Corona-Alltag angekommen. Trotz fortschreitender Impfkampagnen belastet die Pandemie weiterhin die wirtschaftlichen Aktivitäten. Im Dienstleistungssektor geht zwar die Wirtschaftsleistung deutlich wieder nach oben, hier wird die Stimmung jedoch durch die Aussicht auf wieder steigende Corona-Neuinfektionen in der nächsten Welle getrübt. Künftig werden steigende Fallzahlen bei geringerer Krankenhausbelastung wahrscheinlich die Regel sein, dies führt jedoch vorübergehend zu einer steigenden Anzahl von Quarantänen und damit zu Arbeitsausfällen.“
Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank: „Die bis zuletzt stark gestiegene Beurteilung der gegenwärtige Geschäftslage stützt unsere Prognose, dass die deutsche Wirtschaft im Sommerhalbjahr kräftig wächst. So erwarten wir für das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal gegenüber dem ersten Quartal ein Plus von 2,5 Prozent. Die vierte Corona-Welle und die Reaktion der Politik darauf dürften die Wirtschaft im vierten Quartal jedoch belasten. Wir rechnen mit einer massiven Verlangsamung des Wachstums, aber nicht mit einem Schrumpfen der Wirtschaft, weil es wohl nicht zu einem undifferenzierten Lockdown kommen wird.“
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank: „Der Pandemieverlauf ist weiterhin ein Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Trotz hoher Impfquoten ist die Herdenimmunität ein großes Stück weit entfernt und in vielen Schwellenländern kann die Delta-Variante aufgrund fehlender Vakzine ungehindert um sich greifen. Es wird noch längere Zeit brauchen, ehe das Virusgeschehen als Risikofaktor entfällt.“
Jens-Oliver Niklasch, Analyst Landesbank Baden-Württemberg: „Der überraschende Fall des Geschäftsklimas dürfte auf die wieder steigenden Infektionszahlen und die anhaltenden Lieferengpässen in manchen Bereichen zurückzuführen sein. Die Zahl zeigt, dass es wohl weiter aufwärts gehen dürfte, aber vielleicht nicht so schnell wie gedacht. Und mit Rückschlägen ist jederzeit zu rechnen.“