Finanzen

CDU-Wirtschaftsrat schlägt Alarm: Riskante Inflation wird kleingeredet und Realitätsverweigerung betrieben

Der Wirtschaftsrat der CDU warnt vor den Risiken einer dauerhaft hohen Inflation in Deutschland. Diese würden derzeit massiv kleingeredet.
02.08.2021 17:25
Aktualisiert: 02.08.2021 17:25
Lesezeit: 2 min
CDU-Wirtschaftsrat schlägt Alarm: Riskante Inflation wird kleingeredet und Realitätsverweigerung betrieben
Christine Lagarde und Jerome Powell im Jahr 2018. (Foto: dpa) Foto: Claudio Santisteban

Der Wirtschaftsrat der CDU kritisiert die ultralockere Geldpolitik von EZB und Federal Reserve scharf. Die Notenbanken in den USA und in Europa hätten sich mit ihrer neuen Zins- und Inflationsstrategie weitere Spielräume verschafft, noch länger an Null- und Negativzinsen festzuhalten und dauerhaft eine höhere Inflation zu akzeptieren, erklärte Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU, am Montag. Das sei ein fatales Zeichen. "Es ist doch geradezu absurd, dass künftig eine Inflation von einem Prozent als genauso schädlich angesehen wird, wie eine Teuerung von drei Prozent," sagte Steiger. Damit drohe die Geldwertstabilität unter die Räder zu kommen.

Die aktuell steigenden Inflationsraten seien ein beunruhigendes Warnsignal, sagte Steiger. Noch werde die Entwicklung kleingeredet und suggeriert, der Preisanstieg sei nur ein Übergangsphänomen, eine harmlose Begleiterscheinung des Wiederanfahrens der Wirtschaft. Es gebe zwar vorübergehende Basiseffekte. "Aber es grenzt an Realitätsverweigerung, nicht auch das Potenzial und die gewaltigen Gefahren einer längerfristigen und strukturell höheren Inflation zu sehen und zu adressieren."

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte kürzlich ein neues mittelfristiges Inflationsziel von durchschnittlich zwei Prozent beschlossen - die Betonung liegt hier auf durchschnittlich. Denn wenn die Zinsen besonders niedrig liegen und starke oder langwährende geldpolitische Maßnahmen nötig sind, will die EZB auch ein zeitweises Übertreffen des Ziels tolerieren. Die Zentralbank sagt aber nicht, welche Zeiträume sie im jeweiligen Fall berücksichtigt und was ein "zeitweises" Überschiessen konkret bedeutet.

Die US-Notenbank hatte sich schon vor einiger Zeit mit einem neuen Inflationsziel mehr geldpolitischen Spielraum eingeräumt. Sie steuert inzwischen eine durchschnittliche Inflationsrate von zwei Prozent an - auch hier bedeutet "durchschnittlich", dass es künftig vollkommen im Ermessen der Zentralbank liegt, was für sie hohe oder erhöhte Inflationszahlen sind und was nicht.

In der Euro-Zone waren die Verbraucherpreise im Juli binnen Jahresfrist um 2,2 Prozent gestiegen, in Deutschland nach europäischer Berechnung sogar um 3,1 Prozent. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hält es sogar für möglich, dass die Teuerung hier zu Lande gegen Jahresende in Richtung fünf Prozent steigt.

Weidmann hatte die jüngsten Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) zum geldpolitischen Ausblick auf der Zinssitzung nicht mitgetragen. Ihm sei "die potenziell zu lange Fortschreibung des Niedrigzinsumfelds zu weitgehend", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Weidmanns Ratskollege Pierre Wunsch, der Belgiens Notenbank leitet, hatte den Ausblick ebenfalls abgelehnt. Auch aus seiner Sicht legt sich die EZB damit vorab zu stark fest.

Weidmann äußerte sich in dem Interview auch zur Entwicklung der Inflationsrate. Er rechnet mit einem starken Anstieg der Teuerung in der nächsten Zeit. "Meine Fachleute erwarten etwa für Deutschland zum Jahresende 2021 Raten, die in Richtung fünf Prozent gehen könnten", sagte er. Dabei seien aber vor allem vorübergehende Effekte am Werk. Längerfristig müsse man die unterschiedlichen Faktoren dennoch "genau im Auge behalten".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fetter Profit in Sicht – oder frisst Trump Novo Nordisk auf?
30.05.2025

Novo Nordisk träumt von einer Gewinnverdopplung mit Abnehmspritzen – doch Billigkopien, Trump-Zölle und eine wacklige Pipeline könnten...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Urlauber auf Platz eins in Griechenland
30.05.2025

Sonne satt, blauer Himmel, Strand und Meer - deutsche Touristen lieben Griechenland. Für Hellas sind sie die größte und wichtigste...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Osttechnik unter Westregie: Wie Multicar im Hako-Verbund zur Hightech-Marke wurde
30.05.2025

Sie fegen, sie wischen, sie räumen: Die orangefarbenen Mini-Lkw von Multicar sind aus deutschen Kommunen kaum wegzudenken. Dass sie heute...

DWN
Politik
Politik Deutschland vor dem Absturz – Kann Merz die Wirtschaft noch retten?
30.05.2025

Die deutsche Wirtschaft taumelt – Investitionen versanden in Bürokratie, Fachkräfte fehlen, die Industrie verliert an Schlagkraft....

DWN
Finanzen
Finanzen 10.000 Euro investieren: Wie man mit Strategie ein stabiles Anlageportfolio aufbaut
30.05.2025

Wie lege ich 10.000 Euro sinnvoll an? Wir haben einige Finanzexperten befragt und diese sagen: Risiken streuen, Liquidität sichern, Trends...

DWN
Politik
Politik Steigende Beiträge und sinkende Nettoeinkommen: Was auf Arbeitnehmer zukommen könnte
30.05.2025

Die Rechnung für den deutschen Sozialstaat wird teurer – viel teurer. Während die neue Regierungskoalition noch ihre Pläne schmiedet,...

DWN
Politik
Politik Geheime Kriegsagenda: EU startet 150-Milliarden-Rüstungsfonds
30.05.2025

Ohne öffentliche Debatte, ohne Mitsprache des EU-Parlaments: Brüssel aktiviert im Eiltempo ein 150-Milliarden-Euro-Programm zur...

DWN
Finanzen
Finanzen Weltsparen-Studie: Sind Aktien bessere Wertanlagen als Immobilien?
30.05.2025

Lange Zeit galten Immobilien als eine sichere Kapitalanlage. Über viele Jahre hinweg bricht der Wert des Markts nicht ein, wiegt die...