Finanzen

Deutscher Widerstand innerhalb der EZB findet kaum Verbündete

Lesezeit: 2 min
23.07.2021 11:00  Aktualisiert: 23.07.2021 11:43
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat im EZB-Rat die inflationäre Geldpolitik der Notenbank kritisiert. Doch die Kritik ist verhallt, nur wenige andere Zentralbanker der Eurozone unterstützen ihn.
Deutscher Widerstand innerhalb der EZB findet kaum Verbündete
Bundesbank-Chef Jens Weidmann hatte im EZB-Rat mit seiner Position keine Chance. (Foto: dpa)
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Nach ihrer Sitzung zur Festlegung der Geldpolitik am Donnerstag sagte die Europäische Zentralbank, dass sie weiterhin Anleihen kaufen wird und dass sie ihre stark negativen Zinssätze länger beibehalten wird. Die Notenbank fügte hinzu, dass sie bereit sei, eine moderate und vorübergehende Überschreitung ihres Inflationsziels zu tolerieren.

Diese Entscheidung im 25-köpfigen EZB-Rat ist unter anderem bei Jens Weidmann auf Widerstand gestoßen. Der Präsident der Deutschen Bundesbank kritisierte, dass das angekündigte Vorgehen der EZB zu aggressiv sei. Auf diese Weise erhöhe man das Risiko, dass die Inflation über das angestrebte Ziel hinausschießt, das vor zwei Wochen nach der Vorstellung einer neuen EZB-Strategie offiziell auf 2 Prozent angehoben wurde.

Lagarde: Weitere Absenkung der Zinsen wäre kaum noch effektiv

In einer Pressekonferenz nach der Sitzung am Donnerstag sagte Christine Lagarde, die Präsidentin der EZB, dass es "kleinere Divergenzen" bezüglich der Leitlinie gegeben habe, dass diese aber immer noch die Unterstützung einer "überwältigenden Mehrheit" erhalten habe. Weidmann wurde also von der Mehrheit "überwältigt".

Einige EZB-Zinssetzer haben eine Reduzierung des Corona-Anleihekaufprogramms PEPP gefordert, das einen Gesamtumfang von 1,85 Milliarden Euro hat, berichtet die Financial Times. Doch die Zentralbank ließ ihre Leitlinien für die Ankäufe von Vermögenswerten unverändert. Lagarde sagte zudem, es sei "völlig verfrüht", über eine Reduzierung des Programms zu diskutieren.

Lagarde sagte, es sei noch "ein weiter Weg zu gehen, bevor die Auswirkungen der Pandemie auf die Inflation beseitigt sind", was darauf hindeutet, dass es unwahrscheinlich ist, dass die EZB ihre Anleihekäufe bald zurückfahren wird. Sie bestritt jedoch, dass die neue Formulierung niedrige Zinssätze für längere Zeit impliziert.

Der mittelfristige Ausblick für die Inflation in der Eurozone sei trotz des erwarteten starken Wachstums im dritten Quartal gedämpft, so Lagarde. Die Delta-Variante sei "eine wachsende Quelle der Unsicherheit". Die EZB sei bereit, ein vorübergehendes moderates Überschreiten ihres Inflationsziels zu tolerieren. Eine "beharrliche" Politik sei notwendig, da die Zinssätze nahe dem niedrigsten Punkt seien, an dem Senkungen noch effektiv sind.

Die Zentralbank verpflichtete sich, ihren Einlagensatz von minus 0,5 Prozent nicht anzuheben, bis die Inflation ihr 2-Prozent-Ziel "deutlich vor dem Ende ihres Projektionshorizonts und dauerhaft für den Rest des Projektionshorizonts" erreicht. Die EZB fügte hinzu: "Dies kann auch eine vorübergehende Periode implizieren, in der die Inflation moderat über dem Zielwert liegt."

Investoren erwarten weitere Lockerung der Geldpolitik

Investoren glauben, dass die neuen Leitlinien es nun wahrscheinlicher machten, dass die EZB ihre ultralockere Politik länger beibehalten wird. Nach Ansicht von Martin Wolburg, Ökonom bei Generali Investments, gibt es "nun Spielraum für die EZB, die erste Zinserhöhung über 2024 hinaus zu verschieben", was ein Jahrzehnt nach der ersten Zinssenkung unter Null wäre.

Einige Investoren erwarten sogar eine Erhöhung der Wertpapierkäufe durch die EZB. Nach Ansicht von Elga Bartsch, der Leiterin des Makro-Research beim BlackRock Investment Institute, hat die EZB im Hinblick auf ihre Geldpolitik eine "lockere Überraschung" geliefert. Es sei nun wahrscheinlich, dass die EZB ihre Pläne zum Ankauf von Vermögenswerten noch in diesem Jahr "nach oben anpasst".

Manche Investoren zeigen sich weniger überrascht von der EZB-Entscheidung. "Dies war ein bisschen wie alter Wein in einer neuen Flasche", sagte Carsten Brzeski, Leiter der Makroforschung bei ING. "Die Kommunikation hat sich etwas geändert, aber in Bezug auf die Substanz bleibt die EZB sehr locker und setzt damit jeglichen Straffungsspekulationen einen Riegel vor."

Einige der anderen großen Zentralbanken der Welt, wie die von Kanada und Australien, haben bereits beschlossen, ihre Wertpapierkäufe zu verlangsamen. Andere Zentralbanken, wie die US-Notenbank Federal Reserve, debattieren derzeit noch darüber, wann sie ihre Wertpapierkäufe auslaufen lassen wollen.


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