Politik

Beschlossene Sache: Deutschland und NATO-Staaten müssen Afghanen aufnehmen

Es wird behauptet, dass sich ein neuer Flüchtlingsstrom aus Afghanistan anbahnt. Doch das stimmt nur bedingt. In Wirklichkeit geht es nur um die Unterbringung von 50.000 bis 80.000 Afghanen, die seit 20 Jahren mit den NATO-Staaten in Afghanistan kooperieren. Die Wahrheit ist: Deutschland und weitere NATO-Staaten müssen diese Menschen aufnehmen. Die Aufnahme ist Teil des NATO-Einsatzes.
14.08.2021 14:37
Aktualisiert: 14.08.2021 14:37
Lesezeit: 2 min

Der Vorstoß der Taliban in Afghanistan wird zu einer neuen Flüchtlingsbewegung führen. Doch die sich anbahnende Flüchtlingsbewegung wird sich von allen anderen Flüchtlingsbewegungen unterscheiden. Es wird keine Massenflucht geben.

Nach Angaben der italienischen Zeitung „Economia Finanza“ müssen 50.000 bis 80.000 afghanische Männer mit ihren Familien evakuiert werden. Es handelt sich um Personen, die seit Jahren mit den NATO-Streitkräften vor Ort kooperieren. Sie werden von einem Teil der afghanischen Bevölkerung und den Taliban als Kollaborateure klassifiziert.

Die USA müssen diese Menschen in den Ländern ihrer Bündnispartner unterbringen. Im Rahmen der „Operation Ally Asylum“ haben die USA bereits 1.200 Afghanen aufgenommen. Diese Anzahl soll auf 3.500 steigen. Die Türkei hat sich bereit erklärt, einen Teil dieser „alliierten“ Afghanen aufzunehmen. Der Zeitschrift „The Economist“ zufolge leben bereits über 200.000 Afghanen aus verschiedenen Gründen in der Türkei. Das Blatt „The New Humanitarian“ führt aus, dass täglich 500 bis 2.000 Afghanen die Türkei betreten. Katar hat sich bereit erklärt, etwa 8.000 Afghanen aufzunehmen.

Deutschland und weitere EU-Staaten sind ebenfalls am Afghanistan-Einsatz beteiligt gewesen. Auch sie mussten – wie die Amerikaner – auf die Unterstützung der örtlichen Bevölkerung setzen. Aus diesen Fakten geht hervor, dass auch Deutschland alsbald Afghanen aufnehmen muss, weil die USA eine Verteilung der Menschen in den NATO-Staaten anstreben.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, meint: „Das Engagement der EU muss vorrangig auf eine Flüchtlingsaufnahme in der Region ausgerichtet werden.“ Unklar bleibt, ob Middelberg mit dieser Aussage lediglich Wahlkampf betreiben will. Denn die Aufnahme der 50.000 bis 80.000 Afghanen, die sich in den Dienst der NATO-Staaten gestellt hatten, kann und wird nicht nach dem Wunsch einzelner NATO-Staaten ablaufen. Die USA werden bei den Verhandlungen um die Verteilung der Menschen tonangebend sein. Middelberg weiß das.

Er behauptet weiter: „Es sendet falsche Signale, wenn die Grünen bei jedem Konflikt in der Welt sogleich die Aufnahme sämtlicher Flüchtlinge in Deutschland oder in der EU einfordern - zumal die Bereitschaft zur Flüchtlingsaufnahme mittlerweile in der gesamten EU sehr begrenzt ist.“

Die Grünen haben in den vergangenen 15 Jahren so gut wie überhaupt keine Rolle bei den Auslandseinsätzen Deutschlands gespielt. Die Hauptrolle spielte logischerweise die GroKo – also vor allem die CDU. Deutschland hat sich verpflichtet, den Afghanistan-Einsatz bis zum Ende durchzuführen. Zu diesem Einsatz gehört nun einmal auch die Aufnahme von Afghanen, die beispielsweise als Übersetzer für die Koalitionskräfte in Afghanistan tätig waren.

An der Aufnahme dieser Menschen führt kein Weg vorbei. Doch die Frage um die gerechte Verteilung innerhalb der EU muss noch geklärt werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Aktienmärkte drehen ins Plus: Trump gibt im Zollstreit nach – aber nicht gegenüber China
09.04.2025

Die wirtschaftspolitische Linie des US-Präsidenten bleibt unklar. Gerade eingeführte US-Zölle werden plötzlich ausgesetzt – ein...

DWN
Politik
Politik Koalitionsvertrag von Union und SPD steht: Industriestrompreis kommt, Bürgergeld wird verschärft, Heizungsgesetz soll weg
09.04.2025

Nach intensiven Koalitionsverhandlungen steht der neue Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU fest. 45 Tage nach der Bundestagswahl...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Zwischen Rekordjagd und Rückschlagsgefahr – wie Anleger sich jetzt verhalten sollten
09.04.2025

Nach einem kurzen Rücksetzer bewegt sich der Goldpreis aktuell wieder in Richtung seines Rekordhochs. Die jüngsten Entwicklungen im...

DWN
Politik
Politik Koalitionsvertrag von Union und SPD: Wirtschaft sieht Licht und Schatten im Koalitionspapier
09.04.2025

Das Regierungsabkommen von CDU, CSU und SPD stößt in der Wirtschaft auf eine differenzierte Resonanz. Verschiedene Branchenvertreter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Diversitätsprogramme: Sollen sich deutsche Unternehmen Trumps Agenda anpassen?
09.04.2025

Deutsche Unternehmen sehen sich zunehmend mit einem schwierigen Dilemma konfrontiert, das sich mit jedem Tag weiter zuspitzt. Die Financial...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Azubi-Recruiting: Wie Unternehmen Auszubildende finden und was Personaler beachten sollten
09.04.2025

Der War of Talents existiert nicht nur bei der Gewinnung von qualifizierten Fachkräften, sondern auch bei der Suche nach passenden...

DWN
Politik
Politik Zollstreit mit Trump: EU stimmt für erste Gegenzölle auf US-Produkte - Levi’s, Rice Krispies und Brillo-Pads im Fokus
09.04.2025

Die EU ist bereit, Zölle von bis zu 25 Prozent auf Hunderte von US-Produkten zu erheben, darunter Nicorette-Kaugummi, Brillo-Pads,...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell: Kräftige Verluste zum Start in den Mittwochshandel - Trumps Zollpaket belastet
09.04.2025

Der DAX ist am Mittwoch mit kräftigen Verlusten in den Börsenhandel gestartet. Trumps zweites Zollpaket ist in Kraft getreten und erhöht...