Finanzen

Klima-Steuern treiben Inflation auf höchsten Stand seit 28 Jahren

Die Geldentwertung in Deutschland hat das rascheste Tempo seit fast drei Jahrzehnten erreicht - angetrieben von den Energiekosten.
30.08.2021 14:00
Aktualisiert: 30.08.2021 14:25
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Inflation in Deutschland ist auf den höchsten Stand seit fast 28 Jahren geklettert. Waren und Dienstleistungen waren im August durchschnittlich 3,9 Prozent teurer als im Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Einen stärkeren Preisauftrieb gab es zuletzt in der Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung - im Dezember 1993 mit damals 4,3 Prozent.

In den kommenden Monaten dürfte die Inflationsrate Richtung fünf Prozent anziehen und erst 2022 wieder merklich nachgeben, schätzen Experten. Ein Grund dafür ist ein sogenannter Basiseffekt, der auf die coronabedingte Senkung der Mehrwertsteuersätze im Juli 2020 zurückzuführen ist. Die Bundesregierung hatte die Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte 2020 im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie von 19 auf 16 Prozent beziehungsweise von sieben auf fünf Prozent gesenkt, was viele Waren und Dienstleistungen günstiger machte. Jetzt kehrt sich dieser Effekt um.

Ein weiterer wichtiger Grund für den Anstieg der Inflation sind die sehr hohen Preise für Strom und fossile Energieträger als Folge mehrerer Klima-Sondersteuern. Zuletzt wurde um den Jahreswechsel eine Sonderabgabe von 25 Euro je emittierter Tonne Kohlenstoffdioxid eingeführt, welche künftig noch erhöht werden soll.

Energie kostete im August denn auch 12,6 Prozent mehr als vor Jahresfrist und Nahrungsmittel verteuerten sich um 4,6 Prozent. Dienstleistungen verteuerten sich mit 2,5 Prozent unterdurchschnittlich, ebenso wie Wohnungsmieten mit 1,3 Prozent.

Damit zeichnet für viele Beschäftigte ein Kaufkraftverlust in diesem Jahr ab. Dem gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zufolge dürfte die Teuerungsrate im Gesamtjahr 2021 bei durchschnittlich 2,5 bis 3,0 Prozent liegen, während die Tariflöhne wohl nur um rund zwei Prozent zulegen sollten. "Daran werden auch die jetzt noch anstehenden Tarifverhandlungen nicht viel ändern, weil die sich daraus ergebenen Lohnsteigerungen nur einen begrenzten Teil der Beschäftigten betreffen und außerdem vor allem im kommenden Jahr wirksam werden dürften", sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien zu Reuters. Für sich genommen bedeute ein Rückgang der kaufkraftbereinigten Löhne einen Dämpfer für die private Konsumnachfrage. Dies werde allerdings kurzfristig durch den sich abzeichnenden Beschäftigungszuwachs und den Rückgang der Kurzarbeit kompensiert. "Mittelfristig wäre es aber für die Konsumnachfrage gut, wenn die Löhne wieder etwas stärker steigen würden", sagte der Ökonom.

Für Sparer, die Geld etwa auf mickrig verzinsten Tagesgeldkonten parken, sind steigende Inflationsraten bitter. Ihre Guthaben verlieren unter dem Strich an Wert. Lohnsteigerungen, die diesen Effekt abfedern könnten, sind angesichts der Zurückhaltung in vielen Branchen wegen der anhaltenden Corona-Pandemie nicht in Sicht. Im Gegenteil: Im zweiten Quartal 2021 stiegen die Verdienste der Tarifbeschäftigten in Deutschland nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes inklusive Sonderzahlungen zum Vorjahreszeitraum um 1,9 Prozent. Die Verbraucherpreise legten im gleichen Zeitraum um 2,4 Prozent zu, so dass sich für die Beschäftigten Reallohnverluste ergaben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt Deutschland: Käufer kehren zurück, Zinsen steigen
18.09.2025

Der deutsche Immobilienmarkt lebt wieder auf. Mehr Käufer greifen zu, doch steigende Bauzinsen bremsen die Euphorie. Während die...

DWN
Politik
Politik Fed senkt Leitzins: Trump drängt auf geldpolitischen Kurswechsel
18.09.2025

Die US-Notenbank senkt erstmals seit Ende 2024 den Leitzins – ein Schritt, der tief in die innenpolitische Auseinandersetzung hineinragt....

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation in Deutschland: Wieso sich so viele Deutsche Geld für Lebensmittel leihen
18.09.2025

Brot, Milch, Schulden: Mehr als die Hälfte der unter 50-Jährigen greift für Alltagsausgaben zum Kredit – oft bei der Familie. Wer...

DWN
Politik
Politik Draghi-Report: Ohne gemeinsame EU-Schulden verliert Europa gegen alle
18.09.2025

Ein Jahr nach seinem wegweisenden Draghi-Report warnt Mario Draghi vor einer dramatisch verschlechterten Lage der EU. Der ehemalige...

DWN
Finanzen
Finanzen Topmanager erwarten Trendwende bei Börsengängen
17.09.2025

Nach Jahren der Flaute sehen Topmanager eine Trendwende am Markt für Börsengänge. Warum Klarna den Wendepunkt markieren könnte und was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Solar-Krise: Solarfirma Meyer Burger schließt Standorte - 600 Beschäftigten gekündigt
17.09.2025

Rettung geplatzt: Warum auch Investoren keinen Ausweg für den insolventen Solarmodul-Hersteller Meyer Burger sehen und was jetzt mit den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinesische Waren: Europas Industrie gerät zunehmend unter Druck
17.09.2025

Chinesische Waren fluten Europa. Subventionen aus Peking drücken Preise, während Europas Industrie ins Hintertreffen gerät. Deutschland...

DWN
Politik
Politik AfD stärkste Kraft: AfD zieht in YouGov-Umfrage erstmals an der Union vorbei
17.09.2025

Die AfD zieht in der Sonntagsfrage an der Union vorbei – für die SPD geht es minimal aufwärts. Eine Partei, die bislang nicht im...