Deutschland

Deutsches Exportwachstum schwächt sich ab, Verbände warnen

Nach einem überraschenden Zwischenhoch zum Halbjahr waren die deutschen Exporte im Juli bereits wieder schwächer. Zahlreiche Unternehmen müssen ihre Produktion drosseln oder gar stoppen.
09.09.2021 11:56
Aktualisiert: 09.09.2021 11:56
Lesezeit: 2 min

Das Wachstum der deutschen Exporte hat sich im Juli abgeschwächt. Der um Saison- und Kalendereffekte bereinigte Wert der Ausfuhren wuchs im Vergleich zum Vormonat noch einmal um 0,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden berichtete. Im Juni hatte es noch einen überraschenden Sprung um 1,3 Prozent gegeben.

Den Unternehmen machen Lieferengpässe und Materialmangel zunehmend zu schaffen, wie der Industrie- und Handelskammertag (DIHK) bestätigte. "Lieferengpässe bei wichtigen Vorprodukten und Rohstoffen sowie die temporären Schließungen chinesischer Häfen bringen das Uhrwerk der internationalen Lieferketten derzeit aus dem Takt", beschrieb DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier die Lage.

Mit einem Gesamtwert von 115 Milliarden Euro lag der Export im Juli dennoch 12,4 Prozent oberhalb des Wertes aus dem Vorjahresmonat, der sehr stark von der Coronakrise geprägt war. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau aus dem Februar 2020 haben sich die Exporte der vorläufigen Statistik zufolge um 1,6 Prozent gesteigert.

"Volle Auftragsbücher allein sind noch keine Garantie für künftige Exporterfolge. Probleme in den globalen Lieferketten, hohe Logistikkosten und ungeklärte Handelsstreitigkeiten sind dunkle Wolken am Konjunkturhimmel", warnte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.

Mehr zum Thema: Industrie verzeichnet stärkste Aufträge seit 1991, wird aber nicht liefern können

In den ersten sieben Monaten des Jahres wurden aus Deutschland insgesamt Waren und Dienstleistungen im Wert von 788,1 Milliarden Euro exportiert. Umgekehrt kamen in dem Zeitraum Importe von 679 Milliarden Euro nach Deutschland. Im Monatsvergleich zum Juni gingen die Einfuhren im Juli um 3,8 Prozent zurück.

Der Rückgang der Importe ist für den Chef-Volkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, ein deutliches Warnzeichen. "Der Zufluss von Materialien aus dem Ausland stockt. Dies wird auch die Industrieproduktion noch länger belasten." Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich der stellenweise nur tröpfchenweise fließende Nachschub an Vorprodukten auch in den Exportzahlen niederschlagen werde. Die Automobilproduktion sei besonders stark betroffen.

Der Außenhandelsverband BGA sieht ebenfalls zahlreiche Unsicherheiten. "Sorgen bereiten uns insbesondere die steigenden Importpreise, die klarer Ausdruck der großen Probleme in den Lieferketten und der Versorgung mit Vorprodukten sind", sagte BGA-Präsident Anton Börner.

Dem DIHK zufolge bereiten sich die Unternehmen auf eine Flaute vor: Laut einer Umfrage können 42 Prozent bestehende Aufträge nicht abarbeiten, 26 Prozent müssten ihre Produktion drosseln oder gar stoppen. Die Unsicherheiten blieben mindestens bis zum Jahresende groß, so dass mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen erst im kommenden Jahr mit einer Erholung der Lieferschwierigkeiten rechne. Dem BDI zufolge arbeiten die Unternehmen mit Hochdruck an der Diversifizierung ihrer Lieferketten und alternativen Beschaffungswegen.

Mehr zum Thema: Billiges Geld und Negativzinsen: Zahl der Zombie-Firmen verdreifacht sich

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erzeugerpreise sinken weiter: Energie drückt den Index
19.12.2025

Sinkende Energiepreise drücken die Erzeugerpreise in Deutschland weiter nach unten. Der Abstand zum Vorjahr wächst, während sich im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Beschäftigungsbarometer sinkt weiter: Alarmzeichen zum Jahresende für den deutschen Arbeitsmarkt
19.12.2025

Trotz Konjunkturpaket kippt die Stimmung am Arbeitsmarkt: Das Beschäftigungsbarometer fällt weiter und signalisiert wachsende...

DWN
Politik
Politik EU sichert Ukraine-Finanzierung bis 2027 – Moskau spottet
19.12.2025

Die EU hat sich nach zähem Ringen auf eine Ukraine-Finanzierung bis 2027 geeinigt. Ein zinsloser Kredit über 90 Milliarden Euro soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Baugenehmigungen steigen wieder: Eigenheime besonders gefragt
19.12.2025

Nach langer Flaute werden in Deutschland wieder deutlich mehr Wohnungen genehmigt. Vor allem bei Einfamilienhäusern zieht die Nachfrage...

DWN
Technologie
Technologie Lothar Schupet: Warum ich nach 23 Jahren BMW für ein chinesisches Startup verlassen habe
19.12.2025

Ein deutscher Topmanager verlässt nach 23 Jahren einen der mächtigsten Autokonzerne Europas und geht ausgerechnet zu einem chinesischen...

DWN
Finanzen
Finanzen USA Börsen: Überraschend deutlicher Rückgang der US-Inflation beflügelt die Aktienmärkte
18.12.2025

Die im letzten Monat überraschend stark abgekühlten US-Inflationsdaten befeuerten die Hoffnung, dass im Jahr 2026 weitere Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Feuer und Tränengas: Tausende Bauern protestieren in Brüssel gegen Mercosur
18.12.2025

Feuer, Tränengas und Traktoren: Tausende Landwirte bringen Brüssels Europaviertel zum Chaos. Sie protestieren gegen das geplante...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlandfonds startet: Wie der Staat 130 Milliarden Euro private Investitionen lostreten will
18.12.2025

Deutschland braucht Wachstum, aber der Staat allein kann es nicht finanzieren. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen neuen Hebel: den...