Die weltweite erste industrielle Anlage zur Produktion von synthetischem Flugbenzin ist im Emsland eröffnet worden. "Um unseren globalen Klimazielen gerecht zu werden, sind auch im Verkehrssektor – nicht zuletzt im Flugverkehr – Fortschritte unabdingbar. Synthetisches, CO2-neutrales Kerosin spielt hierbei eine wichtige Rolle", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag per Videobotschaft. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) verwies darauf, dass der Luftverkehr ab 2026 in Deutschland mit zunächst einer Beimischung von 0,5 Prozent fliegen müsse. Das seien etwa 50.000 Tonnen klimaneutrales Kerosin. Bis 2030 muss der Anteil dieses sogenannten Power-to-Liquid(PTL)-Treibstoffs vervierfacht werden.
Die Anlage im Emsland produziert aus Wasser und Windstrom aus dem Umland zunächst Wasserstoff. Dazu kommt Abfall-CO2 aus Lebensmittelresten sowie CO2, das der Umgebungsluft entzogen wird. So ist das Kerosin klimaneutral. Täglich sollen ab dem ersten Quartal acht Fässer Rohkerosin ausgeliefert werden. Die Kapazität der Anlage liegt bei 350 Tonnen im Jahr. Aufgebaut hat sie die gemeinnützige Klimaschutzorganisation "atmosfair".
Die Kapazität ist im Vergleich zum Bedarf daher noch vergleichweise gering. Die Kosten der Produktion mit weit mehr als fünf Euro pro Liter sind deutlich höher als das, was in Studien bei der Herstellung im großen Stil als möglich genannt wird. "Aber wir wollten den ersten Schritt in Deutschland gehen, um hier die Technologie zu erproben und Erfahrungen zu sammeln", sagte Projektleiter Dietrich Brockhagen von atmosfair.
Möglich macht dies unter anderem die Lufthansa als Pilotkunde, die den Treibstoff auch zu den höheren Preisen abnimmt. Auch die Reisebüro-Allianz QTA (Quality Travel Alliance) will das Kerosin als Beimischung in Klimapaketen für ihre Kunden anbieten.
Die Luftverkehrsbranche gilt mit Blick auf den Klimaschutz als besonders problematisch. Der direkte Einsatz von grünem Strom ist praktisch schwer möglich. In der Vergangenheit hatten die Fluggesellschaften eher mit Bio-Treibstoffen experimentiert, die aber unter anderem wegen der Konkurrenz zu Nahrungsmitteln und des Landverbrauchs umstritten sind. Inzwischen gelten die synthetischen Kraftstoffe auf Wasserstoff-Basis als Lösung.