Politik

Bundesregierung veröffentlicht lückenhafte Gesamtkostenabrechnung des Afghanistan-Einsatzes

Die Bundesregierung hat detaillierte Kosten des zwanzigjährigen Afghanistan-Einsatzes veröffentlicht. Bei zwei interessanten Fragen wurde jedoch eine Antwort verweigert.
05.10.2021 11:19
Aktualisiert: 05.10.2021 11:19
Lesezeit: 2 min

Der 20 Jahre dauernde Einsatz deutscher Soldaten und Entwicklungshelfer in Afghanistan hat nach Angaben der Bundesregierung mehr als 17,3 Milliarden Euro gekostet. Den weitaus größten Posten machte dabei das Militär aus. "Für die Beteiligung der Bundeswehr an den Einsätzen ‚International Security Assistance Force‘ (ISAF), ‚Operation Enduring Freedom‘ (OEF) und der ‚Resolute Support Mission‘ (RSM) in Afghanistan wurden durch den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung von 2001 bis zum 31. August 2021 insgesamt rund 12,3 Milliarden Euro an einsatzbedingten Zusatzausgaben geleistet", heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. Die Antwort lag der Deutschen Presse-Agentur vor.

Das Auswärtige Amt gab demnach rund 2,48 Milliarden Euro für sogenannte projektbezogene Personal- und Sachkosten aus. Diese Summe beinhaltet nicht Personal- und Betriebskosten des Auswärtigen Amtes, wie sie also im regulären diplomatischen Betrieb sowieso entstehen. Das Entwicklungsministerium stellte binnen 20 Jahren rund 2,46 Milliarden Euro in Afghanistan zur Verfügung. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gab in zwei Jahrzehnten 33 Millionen Euro aus.

Angaben zu den Ausgaben des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Afghanistan wurden als geheim eingestuft. "Eine Offenlegung der entsprechenden Informationen würde die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes stark beeinträchtigen, was wiederum die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen könnte", teilte die Bundesregierung dazu mit.

Mit Hinweis darauf stuft die Bundesregierung auch als Verschlusssache ein, welche mit deutschem Geld aufgebaute Infrastruktur nun von den Taliban genutzt wird. "Eine zur Veröffentlichung bestimmte Antwort der Bundesregierung auf diese Frage würde Informationen zum Modus Operandi, zu den Fähigkeiten und Methoden sowie zur Erkenntnislage des Bundesnachrichtendienstes einem nicht eingrenzbaren Personenkreis nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zugänglich machen", heißt es dazu.

Das Verteidigungsministerium will am Mittwoch mit einer Bilanz des weitgehend gescheiterten Einsatzes beginnen. An dem Zeitplan dafür wird auch nach Kritik aus dem Bundestag festgehalten, wie ein Sprecher des Ministeriums am Montag in Berlin deutlich gemacht hatte. Er verwies auch auf eine am 13. Oktober geplante Würdigung des Einsatzes, die man den Soldaten schuldig sei. Das gelte auch für eine Bewertung des Einsatzes durch die höchsten Vorgesetzten. "Und wir müssen insgesamt in einer kritischen Bilanz offen darüber reden, was gut war, was nicht gut war und was wir gelernt haben", sagte er.

Verteidigungspolitiker mehrerer Fraktionen wollen der am Mittwoch geplanten Auftaktveranstaltung fernbleiben - verbunden mit Kritik an dem dafür gewählten Zeitpunkt kurz nach der Bundestagswahl. Darunter sind Vertreter der Union, der SPD, der FDP und der Grünen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Finanzielle Lage von Eltern: Alleinerziehende sind trotz Vollzeitjob armutsgefährdet
11.12.2025

Sie arbeiten, kümmern sich um ihre Kinder, doch ihre finanzielle Lage ist prekär und führt immer mehr in Armut. Die Folge: Deutschland...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Weniger Azubi-Stellen: Ausbildungszahlen sinken weiter, zweiter Rückgang in Folge
11.12.2025

Für junge Menschen wird es im Zuge der Wirtschaftsflaute schwerer, einen Ausbildungsplatz zu finden. Angesichts der Konjunkturschwäche...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn: Ab Sonntag neuer Fahrplan – Ausdünnung in der Fläche
11.12.2025

Am kommenden Sonntag tritt der neue Fahrplan im Fernverkehr der Deutschen Bahn in Kraft. Er bringt für Fahrgäste unter anderem...

DWN
Finanzen
Finanzen Fed-Zinsentscheid: US-Notenbank senkt erneut US-Leitzins - Folgen für Deutsche?
11.12.2025

Der jüngste Fed-Zinsentscheid der US-Notenbank bewegt Wechselkurse, Finanzmärkte und deutsche Geldbeutel. Doch wem nützt der niedrigere...

DWN
Politik
Politik Steuerfreie Überstundenzuschläge in der Kritik: Reform bringt fast nichts
11.12.2025

Steuerfreie Überstundenzuschläge sollen ab 2026 die Arbeitsmotivation der Deutschen ankurbeln: Mehrarbeit soll sich lohnen. Deshalb...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Medienkrieg: Warum Paramount Skydance das Netflix-Angebot sprengt
10.12.2025

Ein Übernahmekampf erschüttert die US-Medienbranche, weil Paramount Skydance das vermeintlich entschiedene Rennen um Warner Bros....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Volkswagen beendet Fahrzeugproduktion: Umbaupläne für Gläserne Manufaktur in Dresden
10.12.2025

Die VW-Fahrzeugproduktion in Dresden endet aus wirtschaftlichen Gründen nach mehr als 20 Jahren. Über die Zukunft des ehemaligen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jobabbau bei BASF und Co.: Deutsche Chemie-Industrie historisch schlecht ausgelastet
10.12.2025

Teure Energie, Wirtschaftskrise und Preisdruck: Die deutsche Chemiebranche steckt in der schwierigsten Krise seit 25 Jahren. Auch 2026...