Politik

USA betrachten Chinas Tests mit Hyperschall-Waffen als "Sputnik-Moment"

Der oberste General der USA, Mark Milley, sieht den Test eines Hyperschallwaffensystems durch China als "sehr besorgniserregende" Entwicklung und spricht von einem "Sputnik-Moment".
31.10.2021 11:00
Lesezeit: 3 min

General Mark Milley ist Vorsitzender des wichtigsten Beratergremiums der US-Regierung in militärischen Fragen, der sogenannten der Joint Chiefs of Staff. In einem Interview mit Bloomberg diese Woche sprach er im Hinblick auf Berichte über chinesische Tests mit Hyperschallwaffen warnende Worte.

"Was wir gesehen haben, war ein sehr bedeutendes Ereignis, nämlich der Test eines Hyperschallwaffensystems. Und das ist sehr besorgniserregend. Ich weiß nicht, ob es sich um einen Sputnik-Moment handelt, aber ich denke, es ist sehr nahe daran. Es hat unsere ganze Aufmerksamkeit", so der Vier-Sterne-General.

Milley wollte den chinesischen Waffentest zwar nicht mit Sicherheit als "Sputnik-Moment" einordnen. Doch sein Vergleich mit den Ereignissen des Jahres 1957, als die Sowjetunion einen ersten Satelliten ins All schoss und damit überraschend seinen Vorsprung im Wettlauf um dem Weltraum demonstrierte, zeigt, wie groß die Besorgnis der US-Militärs im Hinblick auf Chinas Hyperschallwaffen ist.

Nuklear bestückte Überschallraketen?

Die Äußerungen des Generals sind die bisher wichtigste Bestätigung seitens der US-Regierung für Berichte, wonach Chinas Militär im Sommer möglicherweise zwei Hyperschallwaffentests durchgeführt hat. Unter anderem soll China einer Hyperschallwaffe in den Weltraum geschossen haben, die eine nukleare Nutzlast tragen kann. Die Financial Times hatte dies zuerst berichtet und sich dabei auf Insider berufen.

Es wurde berichtet, dass es im Sommer wahrscheinlich zwei Tests gab, wobei eine Rakete im August ihr Ziel um etwa 24 Meilen verfehlte. Dass Chinas Militär bei der Hyperschalltechnik so weit fortgeschritten ist, hat die USA offenbar völlig überrascht. "Wir haben keine Ahnung, wie sie das gemacht haben", sagte ein ungenannter US-Beamter, der mit dem Test vertraut ist, der Financial Times.

China könnte die Hyperschall-Technologie der nächsten Generation dazu verwenden, nukleare Sprengköpfe über den Südpol zu schicken und amerikanische Raketenabwehrsysteme in der nördlichen Hemisphäre zu umgehen. Hyperschallwaffen sind schnelle, niedrig fliegende und hoch manövrierfähige Waffen, die für herkömmliche Raketenabwehrsysteme nicht erreichbar sind.

Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte am Mittwoch im Pentagon gegenüber Reportern, dass die Hyperschall-Technologie den Amerikanern nicht fremd sei. "Unser eigenes Streben nach Hyperschallfähigkeiten ist real, es ist greifbar, und wir arbeiten absolut darauf hin, diese Fähigkeit zu entwickeln", sagte Kirby, wollte aber nicht näher auf die Tests und den Stand der Dinge eingehen.

Der Vorstandsvorsitzende von Raytheon Technologies Corp., Gregory Hayes, sagte am Dienstag, dass die USA bei der Entwicklung der Hyperschalltechnologie "mindestens einige Jahre" hinter China zurückliegen. Doch China selbst hat die Berichte über die Tests mit Hyperschallwaffen bestritten und erklärt, man habe lediglich ein wiederverwendbares Raumfahrzeug gestartet.

Milley: Chinas Militär ist stärker als angenommen

Die USA und China stehen einander in ganz Asien, vom Südchinesischen Meer bis zur Straße von Taiwan, zunehmend gegenüberstehen, was die Regierung von US-Präsident Joe Biden als "strategischen Wettbewerb" zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt bezeichnet hat. Dabei werden Chinas Warnungen an die USA vor einem militärischen Eingreifen zunehmend selbstbewusst.

Der Hyperschalltest sei Teil einer breiteren Aufrüstung des chinesischen Militärs mit weitreichenden Folgen für Amerika, so General Milley. "Sie expandieren schnell - im Weltraum, im Cyberspace und in den traditionellen Bereichen Land, See und Luft. Und sie haben sich von einer bäuerlichen Infanteriearmee, die 1979 sehr, sehr groß war, zu einem sehr fähigen Militär entwickelt, das alle Bereiche abdeckt und globale Ambitionen hat."

"In den nächsten zehn, zwanzig, fünfundzwanzig Jahren steht für mich außer Frage, dass China die größte geostrategische Herausforderung für die Vereinigten Staaten sein wird", sagte der Vier-Sterne-General weiter. Die Chinesen hätten sich ein Militär aufgebaut, "das wirklich bedeutend ist".

Das Ausmaß der chinesischen Aufrüstung sei größer als die offiziellen Zahlen der Verteidigungsausgaben vermuten lassen. Man müsse die Kosten für die Arbeitskräfte anpassen, so Milley. "Chinesische Militärs sind nicht annähernd so teuer wie ein US-Soldat. "Ziehen Sie das also heraus. Dann erhält man Budgets, die viel näher beieinander liegen."

Außerdem werde ein Großteil der Forschungs- und Entwicklungsarbeit des chinesischen Militärs von staatlichen Unternehmen im kommerziellen Sektor durchgeführt, was nicht zu den offiziellen Verteidigungsausgaben gezählt werde. Eine detaillierte Analyse zeige jedoch, dass die Budgets viel näher beieinander liegen, als man vielleicht denkt.

Der General bezeichnete das lange militärische Engagement der USA in Afghanistan als strategischen Misserfolg, weil "der Feind, die Taliban, in der Hauptstadt Kabul gelandet ist und das Regime, das wir unterstützt haben, verloren hat". Im August seien die USA von "Geschwindigkeit, Ausmaß und Zeitpunkt" des Zusammenbruchs der afghanischen Regierung überrascht worden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt Tesla-Aktie kaufen? Welche Erwartungen Investoren an Elon Musk haben
21.12.2025

Visionäre Unternehmer haben an den Kapitalmärkten immer wieder ganze Branchen neu geordnet. Ob Tesla-Aktien weiterhin von technologischem...

DWN
Panorama
Panorama Gaudís Sagrada Família: Der höchste Kirchturm der Welt
21.12.2025

Barcelona feiert 2026 die Architektur – und ein Turm der Sagrada Família soll Geschichte schreiben. Doch hinter dem Rekord stecken Geld,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leadership-Coach Lars Krimpenfort: „Klopp ist ein gutes Beispiel für klare Führung unter Druck“
21.12.2025

Im Mittelstand steigen die Belastungen gefühlt täglich. Wie gelingt es Führungskräften dennoch, unter Druck richtig zu entscheiden?...

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....