Im Frankfurter Prozess um den Tod eines kleinen Mädchens aus der Volksgruppe der Jesiden hat die Bundesanwaltschaft eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten gefordert. Zudem solle die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden, forderte die Vertreterin der Bundesanwaltschaft am Montag in ihrem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. Eine Strafaussetzung nach 15 Jahren wäre angesichts der Taten des angeklagten Irakers nicht angemessen.
Der 31-Jährige habe das Mädchen im Hochsommer 2015 eine Stunde lang in glühender Mittagshitze und praller Sonne im Innenhof seines Hauses im Irak an ein Fenstergitter gefesselt, um es zu bestrafen. Kurz darauf sei das Mädchen an den Folgen dieser Misshandlung gestorben.
Taha Al-J. habe die Fünfjährige gemeinsam mit ihrer Mutter mindestens einen Monat lang als Sklavin gehalten. Er sei Mitglied der Terrormiliz IS gewesen, die einen organisierten Vernichtungsfeldzug gegen die Jesiden geführt habe, sagte Bundesanwältin Anna Zabeck. Sie wertete die Tat unter anderem als Körperverletzung mit Todesfolge. Das Mädchen sei vermutlich einem Hitzschlag erlegen.
Zudem habe sich der 31-Jährige des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Er misshandelte auch die Mutter des Mädchens, die wie ihre kleine Tochter vom Angeklagten gefangen gehalten, mehrfach geschlagen und zudem zu unentgeltlicher Arbeit gezwungen worden sei. Er habe beide auch gezwungen, den muslimischen Glauben auszuüben. Die Frau habe bleibende körperliche und erhebliche seelische Schäden erlitten. Dafür solle er 50 000 Euro Schmerzensgeld bezahlen.
Die Mutter tritt in dem Verfahren als Nebenklägerin auf. Auch ihre Anwälte sprachen in ihrem Plädoyer von Völkermord an der jesidischen Glaubensgemeinschaft, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen – und forderten eine lebenslange Strafe. Die Tötung des kleinen Mädchens sei aber als Mord zu werten. Auch die Nebenklage verlangte Schmerzensgeld und stellte die Höhe ins Ermessen des Gerichts.
Der IS habe mutmaßlich auch den Vater der Fünfjährigen ermordet, er sei verschollen, ebenso wie ein Sohn der Familie, erklärten die Anwälte. Die Mutter sei nach ihrer Verschleppung durch den IS mehrfach weiterverkauft und vergewaltigt worden. Sie lebt nun mit einem weiteren Sohn in Deutschland. Sie wolle, dass die Welt vom Schicksal der Jesiden erfahre und die Täter zur Verantwortung gezogen würden.
Das Urteil in dem Prozess soll Ende November verkündet werden, nachdem zuvor die Verteidigung ihr Schlussplädoyer gehalten hat. Der angeklagte Iraker steht seit April vergangenen Jahres vor Gericht, er war im Mai 2019 in Griechenland festgenommen und einige Monate darauf nach Deutschland ausgeliefert worden.
Der 31-Jährige war nach islamischem Recht mit einer Deutschen verheiratet, seine ehemalige Frau Jennifer W. wurde im Oktober vom OLG München zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht ging davon aus, dass sie tatenlos bei der Misshandlung des Kindes zugesehen hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.