Finanzen

Evergrande zahlt Zinsen erneut auf den letzten Drücker

Der hochverschuldete Immobilienkonzern China Evergrande hat erneut im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge gezogen.
11.11.2021 10:11
Lesezeit: 1 min
Evergrande zahlt Zinsen erneut auf den letzten Drücker
Passanten laufen in der Nähe des Hauptsitzes des Immobilienentwicklers Evergrande Group vorbei. (Foto: dpa) Foto: Ng Han Guan

Der hochverschuldete Immobilienkonzern China Evergrande hat erneut im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge gezogen. Kurz vor Ablauf einer Gnadenfrist zahlte Evergrande Zinsen an Anleihegläubiger, wie ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagte. Es war bereits das dritte Mal in wenigen Wochen, dass Evergrande auf den letzten Drücker Anleihezinsen bediente. Seit Wochen fürchten Investoren, dass die Schuldenprobleme von Evergrande und anderen Immobilienentwicklern das ganze Finanzsystem in China ins Wanken bringen.

Kurzfristig habe Evergrande das Schlimmste abgewendet, sagte die mit der Angelegenheit vertraute Person, die ihren Namen nicht nennen möchte, weil sie nicht mit Medien sprechen darf. „Es ist aber noch ein langer Weg, bis die Probleme aus der Welt geschafft sind. Wir sind in einem frühen Stadium.“ Die nun bedienten Zinsen für drei Anleihen in Höhe von insgesamt 148 Millionen Dollar waren eigentlich schon im Oktober fällig. Weil Evergrande damals aber nicht gezahlt hatte, startete eine 30-tägige Gnadenfrist. Hätte Evergrande auch diese Frist gerissen, wäre es formell zu einem Zahlungsausfall bekommen und andere Dollar-Anleihen wären in Mitleidenschaft gezogen worden.

Mit der jetzt getätigten Zahlung ist Evergrande nicht vom Haken. Ende Dezember werden weitere Kuponzahlungen in Höhe von 255 Millionen Dollar fällig. Der Konzern hat bei Investoren, Kunden und Lieferanten Schulden von mehr als 300 Milliarden Dollar. Der ebenfalls hoch verschuldete kleinere Konkurrent Kaisa steckt auch in Zahlungsschwierigkeiten und hat Investoren und Banken um mehr Zeit für Kuponzahlungen gebeten. In dieser Woche werden 59 Millionen Dollar fällig. Die beiden Unternehmen waren für Stellungnahmen nicht erreichbar.

In den vergangenen Wochen hatten die Schuldenprobleme der chinesischen Immobilienkonzerne teilweise auch für Turbulenzen an Aktienmärkten in Europa und den USA gesorgt. Inzwischen sieht auch die US-Notenbank Fed sorgenvoller in die Volksrepublik. Es sei nicht auszuschließen, dass das weltweite Finanzsystem leiden könne, wenn die Probleme dort andauerten, warnten die Währungshüter. Die Zentralregierung in Peking hat sich bislang zurückgehalten mit Unterstützung des Immobiliensektors, betont aber immer wieder, sie habe die Risiken unter Kontrolle.

Die Analysten der Commerzbank gehen davon aus, dass Peking im Notfall einschreitet. „Um eine massive Ansteckung zu vermeiden und systematischen Risiken vorzubeugen, werden die chinesischen Behörden wahrscheinlich einige Maßnahmen ergreifen, die den Immobilienentwicklern etwas Zeit verschaffen, die Schuldenlast zu verringern“, schrieben die Experten in einer Kurzstudie. Der Immobiliensektor spiele in China eine wichtige Rolle und die Regierung versuche offenbar ein Abdriften der gesamten Wirtschaft zu vermeiden. Die Aussichten für Anleger für den chinesischen Immobiliensektor blieben aber auf längere Sicht düster, da die Entscheidungsträger in Peking die Bedeutung der Branche versuchten zu verkleinern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Steuer auf Kontoguthaben? Marktforscher wollen höhere Ausgaben anreizen
03.12.2025

Die Stimmung der deutschen Verbraucher bleibt auch beim Weihnachtsgeschäft auf dem Tiefpunkt: Das Land der Sparer hält das Geld zusammen...

DWN
Politik
Politik Falsche Daten, statistische Mängel: Deutsche Klimaforscher ziehen Studie zum Klimawandel zurück
03.12.2025

Falsche Wirtschaftsdaten zu Usbekistan, statistische Mängel: Nach einiger Kritik ziehen Klimaforscher eine Studie des Potsdamer Instituts...

DWN
Politik
Politik EU einig über Importstopp für Gas aus Russland - Kremlsprecher: "EU schadet sich selbst"
03.12.2025

Die EU will bis spätestens Ende 2027 vollkommen unabhängig von russischem Erdgas sein. Das sieht eine Einigung zwischen Vertretern der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Weniger Feiertage, weniger Wirtschaftskrise? Schwäbische Unternehmenschefin für Streichung von Ostermontag
03.12.2025

Weniger Feiertage = mehr Wirtschaftsleistung? Die Debatte reißt nicht ab. Eine Konzernchefin aus Schwaben macht einen konkreten Vorschlag...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Coca-Cola beklagt Standortbedingungen: Deutschland nicht wettbewerbsfähig
03.12.2025

Der Chef des Coca-Cola-Abfüllers bemängelt die Bürokratie und komplizierte Verhältnisse für Unternehmen. Noch steht er zum Standort...

DWN
Politik
Politik Sicherheitspolitik: Deutsche Führungsrolle in Europa? Bevölkerung gespalten
03.12.2025

Russland als Bedrohung, Zweifel an den USA, Europa mittendrin: Eine Umfrage im Auftrag der Münchner Sicherheitskonferenz zeigt, wie...

DWN
Politik
Politik Gewerkschaften: Koalition plant Steuerprivileg für Gewerkschaftsbeitrag
03.12.2025

Die schwarz-rote Koalition will den Gewerkschaften den Rücken stärken. Geplant ist eine Steuerersparnis, die die Mitgliedschaft...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hochleistungsteams: Wie Führungskräfte ihre größten Talente verlieren – oder halten
03.12.2025

Wer Spitzenleistungen will, braucht mehr als gute Mitarbeiter. Vertrauen, Offenheit und Konfliktfähigkeit entscheiden darüber, ob Teams...