Deutschland

Bundesnetzagentur setzt Zertifizierung für Nord Stream 2 aus

Die Bundesnetzagentur friert die Zulassung von Nord Stream 2 ein. Im bevorstehenden Winter wird die Pipeline nicht mehr in Betrieb gehen können.
16.11.2021 10:58
Aktualisiert: 16.11.2021 10:58
Lesezeit: 2 min
Bundesnetzagentur setzt Zertifizierung für Nord Stream 2 aus
Ein Mitarbeiter mit einer Sicherheitsjacke von Nord Stream 2 steht vor der Molchstation in der Gasanlandestation von Nord Stream 2. (Foto: dpa) Foto: Jens Büttner

Die Betreiber der Gaspipeline Nord Stream 2 müssen weiter auf grünes Licht aus Deutschland für eine Betriebsaufnahme warten. Die Bundesnetzagentur hat ihr Verfahren zur Zertifizierung der Nord Stream 2 AG als unabhängige Betreiberin und damit zur Freigabe des Gastransports durch die Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland vorläufig ausgesetzt. Zunächst müsse die Betreiberfirma nach deutschem Recht organisiert werden, teilte die Behörde am Dienstag mit. Ohne Zertifizierung durch die Netzagentur ist der Transport des russischen Gases durch die fertiggestellte Pipeline in den deutschen Binnenmarkt nicht zulässig.

„Die Bundesnetzagentur ist nach eingehender Prüfung der Unterlagen zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Zertifizierung eines Betreibers der Leitung Nord Stream 2 nur dann in Betracht kommt, wenn der Betreiber in einer Rechtsform nach deutschem Recht organisiert ist“, heißt es in einer Mittelung der Netzagentur. Laut der EU-Gasrichtlinie müssen Betrieb der Leitung und Vertrieb des Gases ausreichend getrennt sein.

Die Nord Stream 2 AG mit Sitz in Zug in der Schweiz, hinter der der russische Gaskonzern Gazprom steht, hat sich laut Bundesnetzagentur dazu entschlossen, eine Tochtergesellschaft nach deutschem Recht nur für den deutschen Teil der Leitung zu gründen. Diese solle Eigentümerin des deutschen Teilstücks der Pipeline werden und dieses betreiben. Das Zertifizierungsverfahren bleibe so lange ausgesetzt, bis die Übertragung der wesentlichen Vermögenswerte und personellen Mittel auf die Tochtergesellschaft abgeschlossen ist, hieß es weiter. Die Behörde könne dann ihre Prüfung fortsetzen. Eine Frist für das Verfahren läuft im Januar ab.

Die Nord Stream 2 AG verwies auf die Gründung eines Nord-Stream 2-Tochterunternehmens: "Unser Unternehmen will mit diesem Schritt die Einhaltung von geltendem Recht und Richtlinien gewährleisten. Zu Details des Verfahrens, seiner möglichen Dauer und den Auswirkungen auf die Betriebsaufnahme der Pipeline könne sich das Unternehmen nicht äußern, hieß es weiter.

Selbst wenn die Bundesnetzagentur grünes Licht gibt, ist anschließend eine Überprüfung durch die Europäische Kommission vorgesehen. Diese könnte sich bis zu vier Monate dafür Zeit lassen - auch weil der politische Druck von Pipeline-Gegnern innerhalb der EU groß ist. Nach der Stellungnahme aus Brüssel hat wiederum die Bundesnetzagentur zwei Monate Zeit für eine etwaige Zertifizierung.

Gazprom hatte im September die Fertigstellung der Leitung bekanntgegeben. Die Pipeline wurde je zur Hälfte von Gazprom und den Unternehmen OMV, Wintershall Dea, Engie, Uniper und Shell finanziert. Durch die 1230 Kilometer lange Pipeline von Russland nach Deutschland sollen jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas geliefert werden.

Gaspreise ziehen an

Das Aussetzen der Zertifizierung findet vor dem Hintergrund gestiegener Spannungen in Osteuropa (Weißrussland, Polen, Ukraine) statt. Auch ist Europa angesichts des bevorstehenden Winters auf eine stabile Versorgung mit Erdgas angewiesen. Die Lagerbestände auf dem Kontinent sind dieses Jahr ungewöhnlich niedrig, die starke Nachfrage hatte unter anderem zu einer Explosion der Preise für Erdgas geführt. Insbesondere Deutschland, welches parallel aus der Atomkraft und Kohleverstromung aussteigt, ist dringend auf Erdgas angewiesen, um seine Stromversorgung zu stabilisieren.

Die Preise für Erdgas im europäischen Handel reagierten auf die Ankündigung mit massiven Anstiegen. Der Referenzpreis für Gas in Europa, der niederländische TTF-Benchmarkpreis, stieg am Dienstag um rund 5 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Stablecoins vs. Digitaler Euro: Wie digitales Geld den globalen Zahlungsverkehr verändert
25.12.2025

Digitale Zahlungsmittel gewinnen zunehmend an Bedeutung und verändern, wie Geld transferiert und gespeichert wird. Stablecoins dringen in...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Debt im Fokus: Steigt das Risiko einer Finanzkrise an den US-Börsen?
25.12.2025

Die jüngsten Insolvenzen in der Autoindustrie haben an den internationalen Finanzmärkten eine neue Debatte über versteckte Risiken im...

DWN
Panorama
Panorama Initiative Jobsuche: Weshalb die Weihnachtszeit perfekt ist
25.12.2025

Während viele glauben, der Arbeitsmarkt schlummere zum Jahresende, öffnen sich gerade jetzt heimlich Türen. Eine erfahrene Coachin...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Tech-Aktien: Tech-Konzerne überflügeln Börsen und gewinnen neue Dominanz
25.12.2025

Die rasant steigenden Bewertungen der US-Techkonzerne verschieben die Kräfteverhältnisse an den globalen Finanzmärkten. Doch wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handwerkspräsident: "Demokratie muss nun liefern"
24.12.2025

Die Stimmung im deutschen Handwerk ist angespannt, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands...