Die AfD ist mit ihren Kandidaten für den Vorsitz von drei Bundestagsausschüssen gescheitert. Der Innenausschuss lehnte den von der AfD-Fraktion nominierten Martin Hess mit großer Mehrheit als Vorsitzenden ab, wie Teilnehmer der konstituierenden Sitzung des Ausschusses am Mittwoch berichteten.
Zuvor war - entgegen dem üblichen Verfahren - beschlossen worden, in geheimer Wahl über den Vorsitz zu entscheiden. Der Innenausschuss beschäftigt sich mit Fragen der Inneren Sicherheit, des Bevölkerungsschutzes und mit Asylpolitik. Der 50-Jährige Hess kommt aus Baden-Württemberg und ist Polizist.
Anders als üblich gab es am Mittwoch auch in anderen Bundestagsausschüssen geheime Wahlen. Im Gesundheitsausschuss und im Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit fielen die ebenfalls von der AfD nominierten Kandidaten Jörg Schneider und Dietmar Friedhoff durch.
AfD-Partei- und Co-Fraktionschef Tino Chrupalla sprach von einem «fatalen Signal» für die demokratische Kultur und einer systematischen Ausgrenzungspolitik. «Wir haben es hier mit dem willkürlichen Bruch einer parlamentarischen Tradition zu tun.» Co-Fraktionschefin Alice Weidel verwies auf «Millionen von Wählern», die die AfD repräsentiere. «Das ist ein Bruch der demokratischen Teilhabe, die uns als Bundestagsfraktion zusteht.»
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU) bestätigte am Mittwoch, dass «auch die Unionsabgeordneten» im Innenausschuss die Wahl von Hess abgelehnt hätten. Bei einem Abgeordneten, der politische Mitbewerber als «Altparteien» bewusst herabsetze «und Union und Grüne als Unterstützer von Linksextremisten brandmarkt, ist das notwendige Vertrauensverhältnis nicht gegeben», fügte er hinzu. Throm warf den Grünen und der FDP vor, sie hätten zugelassen, dass der Vorsitz in diesem sicherheitsrelevanten Ausschuss der AfD zugefallen sei.
Nach Angaben von Mitgliedern des Ausschusses stimmten sechs Abgeordnete für Hess, 40 gegen ihn. Von der AfD waren demnach fünf stimmberechtigte Abgeordnete im Saal.
Die Vorsitzendenposten in den Ausschüssen werden normalerweise nach einem bestimmten Mechanismus vergeben: Die größte Fraktion darf sich zuerst einen Ausschuss aussuchen, dann die zweitgrößte, die drittgrößte und so weiter. Das geht über mehrere Runden, bis die Vorsitze der Ausschüsse verteilt sind. Der größten Oppositionsfraktion - jetzt die CDU/CSU - steht traditionell der Vorsitz im Haushaltsausschuss zu. Vor der AfD waren in der ersten Runde noch SPD, Grüne und FDP am Zug, die allerdings andere Ausschüsse wählten. So kam die AfD ursprünglich zu Innen, Gesundheit und Entwicklung.
Normalerweise sind die Vorsitzenden damit gesetzt. Abstimmungen sind aber möglich, wenn Abgeordnete Widerspruch gegen die Berufung einlegen. So war es im Januar 2018 beispielsweise auch in der konstituierenden Sitzung des Rechtsausschusses. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner erhielt damals in geheimer Wahl die notwendige Mehrheit, wurde im November 2019 aber wieder abberufen, nachdem ihm Abgeordnete anderer Fraktionen aufgrund von Äußerungen in sozialen Medien attestiert hatten, er habe weder menschlich noch politisch die notwendige Eignung für den Vorsitz.
Wenn die für den Vorsitz vorgeschlagene Person in einem Ausschuss nicht gewählt werde, so werde dies anschließend im Ältestenrat verhandelt, teilte die Bundestagsverwaltung auf Anfrage mit.