Politik

NATO-Osterweiterung: Ein gebrochenes mündliches Versprechen mit Folgen für Europa

Der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher hatte Russland im Jahr 1990 versprochen, dass es keine NATO-Osterweiterung geben werde. „Es war ein Fehler, dass man diese Zusicherungen gegenüber der Sowjetunion, dass die NATO im Osten nicht erweitert wird, nicht schriftlich festgehalten hat. Das war ein sehr großer Fehler“, so ein russischer Top-Diplomat.
30.12.2021 20:13
Lesezeit: 1 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
NATO-Osterweiterung: Ein gebrochenes mündliches Versprechen mit Folgen für Europa
James Baker und Hans-Dietrich Genscher im Jahr 1990 in Washington. (Screenshot)

Am 12. September 1990 unterzeichnen die Bundesrepublik Deutschland (BRD), die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die vier Sieger- und Besatzungsmächte des Zweiten Weltkriegs (USA, Frankreich, Großbritannien und Russland) in Moskau den „Zwei-Plus-Vier-Vertrag“. „Vor 30 Jahren, am 4. März 1991 ratifizierte ihn die Sowjetunion als letzter der Unterzeichnerstaaten. Ob der Kreml bei den Vertragsverhandlungen über den Tisch gezogen wurde, darüber tobt bis heute ein erbitterter Streit“, so der „MDR“.

Der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher sagte am 2. Februar 1990 nach einem Treffen mit dem damaligen US-Außenminister James Baker: „Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht das Nato Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt nicht nur für die DDR sondern ganz generell.

Die „ARD“ kommentiert Genschers Aussage mit folgenden Worten: „Ein Versprechen von kurzer Lebensdauer. Die ersten Osteuropäischen Länder werden in die Nato aufgenommen.“

Doch diese Aussage war lediglich eine mündliche Zusicherung – mehr nicht. Wladimir Polenow war 1990 Teilnehmer bei den Verhandlungen und sagte dem „MDR“: „Es war ein Fehler, dass man diese Zusicherungen gegenüber der Sowjetunion, dass die NATO im Osten nicht erweitert wird, nicht schriftlich festgehalten hat. Das war ein sehr großer Fehler. Jetzt müssen wir die Suppe auslöffeln und mit den Folgen dieses Fehlers leben.“

In einem 2009 im „Spiegel“ veröffentlichten Artikel führen Uwe Klußmann, Matthias Schepp und Klaus Wiegrefe aus, dass es sehr verschiedene Versionen von den Äußerungen gibt, die westliche und östliche Spitzenpolitiker bei ihren Treffen getätigt haben sollen: So hätten der damalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow und der damalige US-Botschafter in Moskau, John Matlock, später behauptet, dass es 1990 natürlich Zusagen gegeben habe, die NATO „keinen Daumenbreit Richtung Osten auszuweiten“ (Zitat Gorbatschow), während die damaligen Außenminister James Baker (USA) und Eduard Schewardnadse (UdSSR) dies dementierten – Schewarnadse mit dem Hinweis, dass schon eine Auflösung des Warschauer Paktes „außerhalb unserer Vorstellungswelt“ gelegen habe. Auch die Äußerungen Hans-Dietrich Genschers, des damaligen Bundesaußenministers, werden unterschiedlich bewertet und von einigen Beobachtern als Versprechen interpretiert, von einer NATO-Osterweiterung abzusehen, so „Bundestag.de“.

Der aktuelle russische Präsident Wladimir Putin wirft dem Westen und der NATO Wortbruch und „Verrat“ vor.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Jens Stoltenberg: Die EU kann die NATO nicht ersetzen
05.10.2025

Die EU redet viel über Verteidigung – doch ohne NATO bleibt Europa wehrlos. Ex-NATO-Chef Jens Stoltenberg warnt: 80 Prozent der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Digitale Risiken: Unternehmen wiegeln ab – bis zum Blackout
05.10.2025

Cyberangriffe, Handelskriege und Klimarisiken bedrohen die globale Wirtschaft. Doch viele Unternehmen blenden die Gefahr aus – und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wo wird das erste Lithium-Vorkommen abgebaut: in Deutschland oder Serbien?
05.10.2025

Ein gigantisches Lithium-Vorkommen in Sachsen-Anhalt könnte Deutschland in die erste Liga der Batterie- und Elektroauto-Industrie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliardenzuschuss senkt Strompreise ab 2026 um rund vier Prozent
04.10.2025

Ab 2026 sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland durch einen staatlichen Milliardenzuschuss bei den Stromnetzgebühren...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2026: Geht der Höhenflug des Edelmetalls zu Ende?
04.10.2025

Der Goldpreis hat Aktienkurse übertroffen und neue Rekorde erklommen. Doch die Goldpreis-Prognose 2026 zeigt: Zinssenkungen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KNDS-Börsengang rückt näher: Chancen für die KNDS-Aktie in Europas Rüstungsindustrie
04.10.2025

KNDS, Hersteller der Leopard- und Leclerc-Panzer, bereitet einen Börsengang vor, der für Investoren und die europäische...

DWN
Panorama
Panorama Kultur im Wandel: Steht das Ende der Nine-to-five-Kultur bevor?
04.10.2025

In Deutschland ist das Arbeiten nach dem klassischen Nine-to-five-Rhythmus noch weit verbreitet – und das spiegelt sich auch bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Kunst als Investment? 95 Prozent aller Werke sind nur Dekoration
04.10.2025

Die meisten Käufer träumen davon, dass jedes Bild irgendwann Gold wert ist. Doch die Realität ist ernüchternd: Nur ein winziger...