Politik

Zuhälter, Pädophile und viel Geld: Ob Prinz Andrew die Epstein-Affäre politisch überleben wird

Der zweitälteste Sohn der Queen zieht alle Register, um eine Klage wegen schwerer Missbrauchsvorwürfe im Keim zu ersticken. Er soll die Dienste des verstorbenen Eliten-Zuhälters Jeff Epstein und seiner Komplizin Ghislaine Maxwell in Anspruch genommen haben. Epstein filmte Politiker heimlich beim Missbrauch, doch wo sind die Videos?
11.01.2022 17:29
Aktualisiert: 11.01.2022 17:29
Lesezeit: 4 min
Zuhälter, Pädophile und viel Geld: Ob Prinz Andrew die Epstein-Affäre politisch überleben wird
Prinz Andrew soll ein Perverser und Pädophiler sein. (Foto: dpa)

Prinz Andrew sorgt mit seinen verzweifelten Bemühungen im Kampf gegen eine US-Zivilklage wegen Missbrauchsvorwürfen weiterhin für Schlagzeilen. Die Veröffentlichung eines Deals zwischen Klägerin Virginia Giuffre und dem gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein hatte ihm Anlass zur Hoffnung gegeben, das Verfahren könne doch noch frühzeitig gestoppt werden. Doch daraus wird vorerst nichts: Ein New Yorker Gericht traf nach der Anhörung keine unmittelbare Entscheidung über die Weiterverfolgung der Missbrauchsklage gegen Andrew.

Giuffre wirft Andrew vor, sie als 17-Jährige nach Vermittlung durch Epstein vor zwei Jahrzehnten mehrfach missbraucht zu haben. Der inzwischen 61 Jahre alte Sohn der britischen Königin Elizabeth II. streitet das ab. Der Deal sollte nach Ansicht von Andrews Anwälten allen weiteren Klagen einen Riegel vorschieben.

Mehrere britische Zeitungen hatten den Herzog von York, wie Andrews offizieller Titel lautet, auf ihren Titelseiten abgebildet. „Der letzte Schachzug des Herzogs“, titelte „Metro“. Die „Sun“ bezeichnete eine Anhörung am Dienstag in New York vor Gericht als „D-Day für Andrew“.

Begleitet wurden viele der Schlagzeilen von einem Foto, das als einer der stärksten Beweise gegen ihn gilt: Es zeigt Andrew gemeinsam mit der jugendlichen Giuffre - und der kürzlich wegen ihrer Rolle beim Aufbau eines Missbrauchsrings für Epstein schuldig gesprochenen Ghislaine Maxwell. Andrews Hand liegt auf der entblößten Hüfte des Teenagers.

Der Vergleich aus dem Jahr 2009 sieht tatsächlich vor, dass weiteren Verfahren gegen andere „potenzielle Angeklagte“ im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen gegen Epstein ein Riegel vorgeschoben wird. Giuffre erhielt im Zuge der Übereinkunft 500 000 Dollar (im November 2009 umgerechnet rund 330 000 Euro) - doch es ist fraglich, ob die extrem weit gefasste Abmachung rechtskräftig ist. „Das ist die Art von Vertragsbestimmung, die oft von Gerichten als unwirksam befunden wird“, sagte die ehemalige New Yorker Staatsanwältin Moira Penza der BBC.

Andrews Hoffnungen auf eine sofortige Beilegung des Prozesses haben sich dann am Dienstag vor Gericht in New York tatsächlich nicht erfüllt. Er werde „ziemlich bald“ mitteilen, wie es in dem Verfahren um die Klage weitergehe, sagte Richter Lewis Kaplan. Er wollte aber den Zeitpunkt nicht genauer benennen.

Andrews Verteidiger Andrew Brettler argumentierte, dass Giuffre mit der außergerichtlichen Einigung ihr Recht auf eine Klage verwirkt habe. Giuffres Anwalt David Boies sagte dagegen, dass der Vergleich nicht in Betracht gezogen werden dürfe. Dieser sei in Florida zwischen Epstein und Giuffre auf Basis konkreter Vorwürfe getroffen wurden. Andrew falle nicht in die juristische Zuständigkeit von Gerichten in Florida - und er habe Giuffre auf andere Art als in dem Vergleich erwähnt misshandelt. Daher sei die außergerichtliche Einigung nichtig.

Prinz Andrew war schon früher mit dem Versuch gescheitert, die Klage mit anderen Mitteln zu stoppen. Unter anderem hatte er sich wochenlang einer Zustellung der Klageschrift entzogen, indem er seinen Wohnsitz auf dem Gelände von Schloss Windsor mied. Später versuchte er die Klage zu vereiteln, indem er seine Anwälte argumentieren ließ, die inzwischen in Australien lebende Giuffre könne nicht in den USA vor Gericht ziehen. In beiden Fällen scheiterte er.

Ob sich Andrew mit juristischen Kniffen vor einem Urteil der Öffentlichkeit schützen kann, ist ohnehin fraglich. Bereits in einem BBC-Interview im Jahr 2019, bei dem er alle Vorwürfe kategorisch zurückwies, machte er eine extrem schlechte Figur - zu unglaubwürdig klangen seine Beteuerungen.

Beispielsweise als er behauptete, er könne wegen eines im Falkland-Krieg erlittenen Schocks nicht schwitzen. Der Bericht Giuffres über einen gemeinsamen Club-Besuch, bei dem er heftig geschwitzt haben soll, sei daher nicht ernst zu nehmen. Ähnlich war es mit der Aussage, er habe an dem betreffenden Abend seine Tochter Beatrice zu einer Party in einer Filiale der Restaurantkette Pizza Express in der Kleinstadt Woking gefahren. Daran erinnere er sich noch genau, so Andrew, weil das für ihn ein „sehr ungewöhnlicher“ Ausflug gewesen sei.

Kurz nach dem Interview legte Andrew seine öffentlichen Aufgaben für das Königshaus nieder. Organisationen, denen er als Schirmherr gedient hatte, distanzierten sich reihenweise von ihm. Ob er seinen Ruf jemals wieder herstellen kann, ohne dass die Vorwürfe zweifelsfrei ausgeräumt werden, scheint äußerst fraglich.

Epstein filmte Politiker heimlich beim Missbrauch, doch wo sind die Videos?

Aus dem Buch „Ticking Clock: Behind the Scenes at 60 Minutes“ des US-Produzenten Ira Rosen geht hervor, dass Epstein nach Angaben seiner Komplizin Ghislaine Maxwell Bill Clinton und Donald Trump heimlich beim Geschlechtsverkehr aufgenommen haben soll. Rosens Informationen zufolge soll Epstein jeden Prominenten beim Sex mit jungen Mädchen heimlich gefilmt haben. Unklar ist, ob er die Aufnahmen im Auftrag von irgendwelchen Diensten oder Organisationen oder in Eigenregie durchführte.

Rosen enthüllt in dem Buch, das er sich in den ersten Monaten des Jahres 2016 mit Maxwell getroffen hat, als er „ahnte“, dass die Bänder existierten. Es heißt, er habe sie dazu gebracht, zu bestätigen, dass sie existierten. „Ich möchte die Bänder. Ich weiß, dass er [Epstein] alle auf Video aufgenommen hat, und ich möchte die Bänder von Trump mit den Mädchen“, sagte Rosen zu Maxwell. Doch Maxwell wimmelte ihn mit der Begründung ab, dass sie nicht wisse, wo die Bänder seien. Zudem müsste man auch die Bänder von Bill Clinton veröffentlichen, wenn die Bänder von Trump veröffentlichet werden. Doch dem hätte Maxwell offenbar niemals zustimmen können, weil sie als Unterstützerin von Hillary Clinton bekannt ist.

Rosens Vermutungen zufolge soll Epstein die betroffenen Mitglieder der US-Eliten erpresst haben, damit diese in seine Projekte investieren, berichtet der „New Zealand Herald“. Rosen erwähnt auch in seinem Buch, dass er Maxwell 2014 auf einer Buchparty in New York begegnet ist, wo sie sich ihm näherte und um eine Heimfahrt bat. „Dort angekommen drehte sie sich mit einem Angebot auf dem Vordersitz zu mir um. Sie sagte: ,Wenn Sie hereinkommen und mich ficken, werde ich Ihnen die Geheimnisse meines Vaters erzählen‘“, schreibt Rosen.

Ihr Vater Robert Maxwell war ein britischer Zeitungstycoon, der 1991 auf seiner Yacht auf den Kanarischen Inseln unter mysteriösen Umständen starb. „Ich war fassungslos und sprachlos, meine Gedanken rasten. Ich wollte nicht mit ihr schlafen, aber der Reporter in mir fragte sich immer noch, ob ihre Informationen ein gutes 60-Minuten-Stück ergeben würden“, fügte er hinzu. Rosen soll ihr geantwortet haben: „Was für ein tolles Angebot, aber ich habe meinen Hund allein zu Hause gelassen und muss wirklich zu ihr zurück“. Sie soll gelächelt und anschließend gegangen sein.

WNM.de“ hatte zuvor berichtet: „Ein Freund von Epstein und Maxwell behauptete gegenüber der Daily Mail, dass sie die Videos als ,Versicherung, um sich selbst zu retten‘ aufbewahrt habe. In erster Linie sind die jungen Mädchen und Frauen zu sehen, die Ghislane Maxwell und Jeffrey Epstein gemeinsam zum Sex zwangen. Es soll tausende und abertausende von Fotografien und Videos geben, die die heute erwachsenen Frauen in den schlimmsten Momenten ihres damals so jungen Lebens zeigen.“

Der „New Zealand Herald“ hatte zuvor ausgeführt: „Der Pädophile Jeffrey Epstein und seine Ex-Geliebte Ghislaine Maxwell haben Videobänder von mächtigen Leuten aufgenommen, darunter US-Spitzenpolitiker, die Sex mit minderjährigen Mädchen haben.“

Mitte Januar 2021 wurden im Zusammenhang mit dem Pädophilie-Skandal um Ghislaine Maxwell und Jeff Epstein über 100 versiegelte Dokumente veröffentlicht. Doch die US-Bezirksrichterin Loretta Preska ließ die Namen mächtiger Tatverdächtiger schwärzen (HIER).

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