Deutschland

Bericht: Reicht das Erdgas in Deutschland nur noch für 18 Tage?

Lesezeit: 3 min
18.01.2022 21:36  Aktualisiert: 18.01.2022 21:36
Nationalen und internationalen Berichten zufolge befindet sich Deutschland in einer existenziellen Gas-Krise. Kommt es zu einem künstlich erzeugten Hungerwinter?
Bericht: Reicht das Erdgas in Deutschland nur noch für 18 Tage?
Annalena Baerbock und Robert Habeck. (Foto: dpa)
Foto: Kay Nietfeld

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Mehrere Medien liefern übereinstimmend beunruhigende Berichte über die Erdgasversorgung Deutschlands.

Der russische Gas-Riese „Gazprom“ teilt nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur „Sputnik“ über Telegram mit: „Laut Gas Infrastructure Europe ist das Volumen an aktivem Gas in europäischen Untergrundspeichern am 15. Januar um 25 Prozent (um 15,6 Milliarden Kubikmeter) geringer als im Vorjahr. 62,6 Prozent des im Sommer gepumpten Gasvolumens wurden bereits abgenommen.“

United News of India“ berichtete am 18. Januar 2022, dass Deutschlands Gasspeicher zu 50,6 Prozent gefüllt sind. Deutschland verfügt somit über Gasreserven, die für einen Zeitraum von 18 Tagen ausreichen. Zum 11. Januar 2022 waren die Gasspeicher in Deutschland nach Angaben des „Handelsblatts“ zu 53 Prozent gefüllt.

S&P Global Platts“ teilt wörtlich mit: „Die deutschen Gasvorräte bewegen sich für den am 15. Januar beginnenden Gastag derzeit knapp über 112 TWh, mehr als 26 TWh weniger als im Vorjahr. Deutsche Gastanks wurden zuletzt zu weniger als 47 Prozent gefüllt gesehen, nachdem sie am 11. Januar unter den halbvollen Stand gefallen waren, wie Schätzungen von AGSI von GIE zeigten.“

Die Zeitung „Financial Times“ greift dieses Problem in ihrem Bericht „Das Energie-Trilemma bereitet Deutschlands neuen Machthabern Kopfzerbrechen“ auf.

Die deutsche Zeitung „Die Zeit“ berichtet: „Das Gas wird knapp – Die Gasspeicher sind so leer, dass die Bundesregierung bereits für bestimmte Regionen teuer nachkaufen muss. Ist eine staatliche Reserve die Lösung?“

„Gazprom hat seine Gasexporte in den ersten zwei Januar-Wochen in die Staaten außerhalb der GUS gegenüber der Vergleichsperiode 2021 um 41,1 Prozent (3,7 Milliarden Kubikmeter) auf 5,4 Milliarden Kubikmeter verringert. Gleichzeitig erhöhte der Konzern die Lieferungen nach Bulgarien (um 48,6 Prozent), in die Türkei (um 0,3 Prozent), nach Bosnien und Herzegowina (um 7,3 Prozent)“, so „Sputnik“.

Was sagen Baerbock und Habeck?

Welche Positionen Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck vertreten sollen hier kurz ausgeführt werden, da beide Schlüsselrollen bei der künftigen Energiepolitik spielen.

„Wir haben keine andere Wahl, als unsere gemeinsamen Regeln zu verteidigen, auch wenn dies einen hohen wirtschaftlichen Preis hat“, sagte Baerbock 17. Januar 2022 in Moskau.

„OM-Medien“ führt zum Besuch der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock in Moskau aus: „Die Situation ist verzwickt: Europa ist abhängig von Russlands Gas (...). Dass Wladimir Putin deshalb Europa vornehmlich als Wirtschaftspartner sieht - und nicht als politischen Widersacher auf Augenhöhe - ist bei all der Zerstrittenheit in der Europäischen Union nur logisch. Und jetzt kommt Annalena Baerbock in Spiel. Die frisch gebackene Außenministerin soll inmitten des Ukraine-Konflikts die Wogen glätten, aber gleichzeitig ihr Gesicht als Vertreterin des Westens wahren (...). Deshalb ist es umso erstaunlicher, dass Baerbock den Dialog mit ihrem russischen Pendant Sergej Lawrow aufrechterhalten konnte. Damit hat sie ihre Feuertaufe im Osten bestanden. Nichtsdestotrotz bleibt der Weg der Europäischen Union zu einem souveränen Widersacher der Ostmächte ein weiter.“

Zur Zukunft der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 hatte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zuvor nicht konkret geäußert. Er forderte jedoch, dass Russland und der Westen wieder zu einem partnerschaftlichen Umgang zurückkehren sollten. Eigentlich sei man aufeinander angewiesen. „Wir brauchen Gas, die Russen brauchen Devisen, damit ihr Staat funktioniert.“ In der aktuellen Lage müsse jedoch berücksichtigt werden, dass die Ukraine aus dem Fokus des Westen rutschen könnte, wenn Gas nur noch über Nord Stream 2 und nicht mehr über die Ukraine in den Westen komme.

USA entwickeln Notfallpläne, um Europa mit Gas zu beliefern

Im Ukraine-Konflikt mit Russland hat die US-Regierung Insidern zufolge mit Energiekonzernen Notfallpläne für Gas-Lieferungen nach Europa sondiert. Vertreter des Außenministeriums hätten mit den Unternehmen über Kapazitäten für höhere Liefermengen gesprochen, für den Fall, dass russische Gaslieferungen unterbrochen werden, hieß es in Branchen- und Regierungskreisen. Dabei sei auch eine Verschiebung von Wartungsarbeiten erörtert worden, um die Gas-Produktion hoch zu halten. Das berichtet die Nachrichtenagentur „Reuters“.

Die Unternehmen hätten erklärt, dass ein Ausfall großer Mengen aus Russland schwer zu ersetzen sei und dabei auf die weltweit knappen Gasvorräte verwiesen. Welche Konzerne angesprochen worden seien, wurde zunächst nicht bekannt. Die Europäische Union (EU) bezieht rund ein Drittel ihres Gasbedarfs aus Russland. US-Sanktionen gegen Russland könnten die Lieferungen beeinträchtigen.

Ein Sprecher des Nationalen US-Sicherheitsrates wollte sich nicht zu den Gesprächen äußern. Er bestätigte aber, dass eine Notfallplanung im Gange sei. Eine Sondierung von Auswirkungen möglicher Maßnahmen sei gängige Praxis. Dies zeige die Entschlossenheit der USA, entschiedene Maßnahmen zu ergreifen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifkonflikt gelöst: Keine Lufthansa-Streiks zu Ostern
28.03.2024

Nachdem die Deutsche Bahn ihren Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL in dieser Woche gelöst hat, scheinen auch bei der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
27.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr unterstützt Strukturwandel in der Lausitz
27.03.2024

In Bernsdorf im Landkreis Bautzen wird ein neues Logistik-Zentrum der Bundeswehr entstehen. Das entschied Verteidigungsminister Boris...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU blockiert Übernahme von ITA Airways und schützt Lufthansa vor sich selbst
27.03.2024

Brüssel hat neue Hürden für die Übernahme der italienischen Fluggesellschaft ITA Airways aufgestellt. Die dänische EU-Kommissarin...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold verkaufen: So geht's und so erhalten Sie den besten Preis
27.03.2024

Der Goldpreis-Rekord liegt bei über 2.200 US-Dollar, erst kürzlich erreichte das Edelmetall dieses historische Hoch. Viele Goldbesitzer...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsschulden steigen - Ende 2023 bei fast 2,5 Billionen Euro
27.03.2024

Die öffentlichen Staatsschulden sind im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent gestiegen. Die Verschuldung des Bundes nahm überdurchschnittlich...