Politik

Altkanzler Schröder wirft Ukraine „Säbelrasseln“ vor

Das hat der SPD gerade noch gefehlt: Während die Partei mit dem Vorwurf der Unzuverlässigkeit in der Ukraine-Krise zu kämpfen hat, meldet sich Altkanzler und Putin-Freund Schröder zu Wort. Er äußert Verständnis für Moskau und greift stattdessen Kiew und Baerbock an.
28.01.2022 16:24
Aktualisiert: 28.01.2022 16:24
Lesezeit: 2 min
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Altkanzler Gerhard Schröder hat die deutsche Absage an Waffenlieferungen in die Ukraine verteidigt und die ukrainische Kritik daran mit deutlichen Worten zurückgewiesen. „Ich hoffe sehr, dass man endlich auch das Säbelrasseln in der Ukraine wirklich einstellt“, sagte er in dem Podcast „Die Agenda“. „Denn was ich dort vernehmen muss, auch an Schuldzuweisungen an Deutschland, wegen der ja vernünftigen Absage an Waffenlieferungen, das schlägt manchmal doch dem Fass den Boden aus.“

Zugleich warf der frühere SPD-Chef Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) eine Provokation Russlands vor, weil sie vor ihrem Antrittsbesuch in Moskau die Ukraine besucht hat. „Ich habe mich gewundert, dass man Russland besucht und vorher in Kiew ist. Na gut, das haben die Russen wohl hingenommen“, sagte der Altkanzler. „Ich hoffe, dass dieses Modell beim China-Besuch nicht wiederholt wird - woher auch immer dann die Reise kommt.“

Schwesig wirbt weiter für Nord Stream 2

Die Äußerungen fallen mitten in eine internationale Diskussion über die Zuverlässigkeit Deutschlands in der Ukraine-Krise. Östliche Nato-Partner wie Polen und die baltischen Staaten kritisieren das deutsche Nein zu Waffenlieferungen an die Ukraine und fordern einen Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2. Der Unmut richtet sich vor allem gegen die größte Regierungspartei SPD, die seit Jahren um einen einheitlichen Kurs in der Russland-Politik ringt.

Kanzler Olaf Scholz hat erst in der vergangenen Woche nach langem Zögern Nord Stream 2 als mögliches Sanktionsinstrument für den Fall eines russischen Einmarschs in die Ukraine auf den Tisch gelegt. Die Parteiführung ist ihm am vergangenen Wochenende gefolgt. Aber die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, wirbt weiter für eine schnelle Inbetriebnahme von Nord Stream 2.

SPD-Klausurtagung zum Russland-Kurs

Für Montag hat Parteichef Lars Klingbeil zu dem Thema eine Klausurtagung einberufen, wie der «Spiegel» berichtete. Eingeladen sind neben SPD-Außenpolitikern, Ministerpräsidenten und Fraktionschef Rolf Mützenich auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt.

Schröder ist seit seiner Zeit als Bundeskanzler mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundet. Außerdem hat er Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2. Er ist Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltungsrats bei der Nord Stream 2 AG. Beide Gasleitungen unter der Ostsee verbinden Russland und Deutschland. Außerdem ist Schröder Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft.

Schröder signalisiert Verständnis für Putins Truppenaufmarsch

In dem Interview gab der Altkanzler der Nato eine Mitschuld an dem russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze. Er sei auch als Reaktion auf Manöver des westlichen Bündnisses im Baltikum und in Polen zu verstehen, sagte er. „Natürlich hat das Auswirkungen auf das Denken und die Bedrohungsanalyse in Russland selbst.“

An der Reise Baerbocks nach Kiew und Moskau lobte Schröder vor allem ihr klares Nein zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Das sei „respektabel“ gewesen. Insgesamt könne er „keinen großen Fehler“ der Grünen-Politikerin erkennen, „mit Ausnahme der Tatsache, dass man die kleine Provokation, über Kiew nach Russland zu fliegen, vielleicht hätte vermeiden können“, sagte der frühere SPD-Vorsitzende. „Aber nun gut, das ist eben eine Stilfrage.“

Schröder will kein Vermittler sein

Schröder wurde in dem Podcast-Interview mit seinem früheren Regierungssprecher Béla Anda auch gefragt, ob er angesichts seiner Freundschaft zu Putin bereit sei, in dem Ukraine-Konflikt zu vermitteln. Dafür gebe es den US-Präsidenten, den französischen Präsidenten und den Bundeskanzler, antwortete Schröder. „Da kann jemand, der durchaus über persönliche Beziehungen verfügt, aber nicht wirklich helfen. Das müssen die Verantwortlichen schon selber leisten, sonst kann das nichts werden.“

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Michael Fischer ist seit 2010 bei dpa, zuletzt war er für die Berichterstattung über Außenpolitik zuständig. Vor seiner Zeit bei dpa war er Kanzlerkorrespondent und stellvertretender Hauptstadtbüroleiter des deutschen Dienstes der Nachrichtenagentur Associated Press.
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