Deutschland

Warburg-Banker wegen Cum-Ex-Geschäften zu Haftstrafe verurteilt

Der ehemalige Banker der Privatbank MM Warburg war geständig, wurde aber wegen des riesigen Steuerschadens dennoch zu einer Haftstrafe verurteilt.
09.02.2022 11:10
Lesezeit: 1 min

Im dritten Strafprozess um den Cum-Ex-Steuerskandal am Landgericht Bonn ist ein ehemaliger Banker der Privatbank MM Warburg zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Zwei Monate gelten wegen der Verfahrensdauer bereits als vollstreckt.

Richter Roland Zickler sprach den früheren Risikoanalysten von MM Warburg am Mittwoch schuldig wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen. Er habe als Geschäftsführer einer Warburg-Investmentgesellschaft zwei Fonds mit aufgelegt, die auf Cum-Ex-Transaktionen zum Schaden der Staatskasse abzielten. "Sie waren ein Rad im Getriebe", sagte Zickler. Ohne das wäre dieses Cum-Ex-Projekt zum Stillstand gekommen.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren für den 63-Jährigen gefordert. Seine Verteidigung hatte sich für eine Bewährungsstrafe ausgesprochen.

Die Cum-Ex-Geschäfte, an denen der Angeklagte beteiligt gewesen sei, hätten zwischen 2009 und 2010 zu einem Steuerschaden von knapp 110 Millionen Euro geführt, sagte Zickler. Es handele sich um einen besonders schweren Fall. Die komplexe Konstruktion der Transaktionen habe viele Merkmale der organisierten Kriminalität gezeigt.

Die Staatsanwaltschaft war sogar von rund 150 Millionen Euro Steuerschaden ausgegangen. Das Gericht sei aber unter dieser Forderung geblieben, weil der Angeklagte im Prozess ein spätes Geständnis abgelegt hatte, unterstrich Zickler. "Sie haben sich um Aufklärung bemüht." Zudem habe sich der Angeklagte nicht persönlich bereichert. Er habe aus Angst um seine Karriere an den Transaktionen teilgenommen.

Die Verteidigung hatte im Verfahren betont, der Ex-Banker habe durch die Transaktionen keinen einzigen Euro verdient und im Prozess umfassend ausgesagt. Der Verurteilte Detlef M. hatte die Geschäfte als "größten Fehler meines Berufslebens" bezeichnet. Sein Verteidiger Ingo Heuel kündigte an, die schriftliche Urteilsbegründung prüfen und dann über das weitere Vorgehen entscheiden zu wollen.

Bei den Cum-Ex-Geschäften war dem deutschen Staat ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden. Anleger ließen sich dabei eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit - also cum - und ohne - ex - Dividendenanspruch.

Die Fälle hatten weite Kreise gezogen, bei Banken und Anwaltskanzleien gibt es deswegen immer wieder Durchsuchungen. Im bundesweit ersten großen Strafprozess hatte das Gericht in Bonn im März 2020 Bewährungsstrafen gegen zwei britische Aktienhändler verhängt. Im vergangenen Juni hatte das Landgericht Bonn dann einen ehemaligen Mitarbeiter der Privatbank M.M. Warburg im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften zu einer Haftstrafe verurteilt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Üppige Übergangsgelder für Ex-Minister: Steuerzahlerbund kritisiert Selbstbedienung
28.04.2025

Dauerversorgung auf Kosten der Steuerzahler: Bisher bekommen Minister und Kanzler nach ihrem Ausscheiden bis zu 2 Jahren staatliche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Boeing unter Druck: Zölle verschärfen die Krise beim größten US-Exporteur
28.04.2025

Boeing, der größte US-Exporteur, steckt seit Jahren in einer Krise. Neue Zölle und Handelskonflikte verschärfen sie weiter. Die...

DWN
Panorama
Panorama Stromausfall Spanien und Portugal: Nichts geht mehr - schwierige Suche nach der Ursache
28.04.2025

Ein umfassender Stromausfall Spanien hat am Montagmittag die Iberische Halbinsel erschüttert. Weite Teile Spaniens und Portugals auf dem...

DWN
Politik
Politik Ministerposten der Union: Alle Namen und Überraschungen im Überblick
28.04.2025

Acht Tage vor der geplanten Kanzlerwahl von Friedrich Merz steht die Aufstellung der Ministerposten der Union fest. Die SPD wird ihre...

DWN
Politik
Politik Neue Bundesregierung: Union stellt Personal für Ministerposten vor – Kabinettsliste mit Manager für Digitalisierung
28.04.2025

Rund eine Woche vor der geplanten Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler der neuen Bundesregierung haben CDU und CSU ihre Besetzung der...

DWN
Technologie
Technologie Profi für Sicherheitslösungen: Bedrohungen sind alltäglich - so erhöhen Unternehmen die Cybersicherheit
28.04.2025

Cybersicherheitsabteilungen in Unternehmen ähneln zunehmend Notaufnahmen – jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: Die Bedrohungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Mobilität in China: Warum der Westen zurückfällt
28.04.2025

Chinas Autobauer überrollen die E-Mobilitätswelt – effizient, günstig, selbstbewusst. Während westliche Marken im Reich der Mitte an...

DWN
Politik
Politik Nato-Beitritt Deutschlands: 70 Jahre Bündnistreue im Wandel der Sicherheitspolitik
28.04.2025

Mit einem feierlichen Festakt wird heute in Brüssel an den Nato-Beitritt Deutschlands vor fast 70 Jahren erinnert. Für den Festakt im...