Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan als Traumbesetzung für den Posten der Klimabeauftragten gelobt. "Ich kenne weltweit keine zweite Persönlichkeit mit ihrer Expertise, Vernetzung und Glaubwürdigkeit in der internationalen Klimapolitik", sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch bei der Vorstellung von Morgan als Klima-Sonderbeauftragte in Berlin. Sie werde als Steuerfrau die deutsche Klima-Außenpolitik lenken.
Morgan sagte, es sei eine einmalige Chance mit einer Grünen-Außenministerin zusammenzuarbeiten. Die deutsche Energiewende weg von Atom und Kohle sei der richtige Weg. "Deutschland hat Vorbildcharakter weltweit." Das Bundeskabinett hat Morgan bereits bestätigt, ihren Posten tritt sie ab März an.
Morgan ist US-Amerikanerin, lebt in Berlin, und will sich nun einbürgern lassen. Danach wird sie als Staatssekretärin die Aufgabe als Sonderbeauftragte ausfüllen. Diesen Posten gab es bisher in Deutschland nicht. In anderen Regierungen wie etwa den USA mit John Kerry ist dies aber üblich.
Da die internationale Klimapolitik vom Umweltministerium ins Auswärtige Amt verlegt wurde, soll Morgan auch die jährlichen Weltklimakonferenzen vorbereiten. Dort ist sie für verschiedene Nicht-Regierungsorganisationen seit Jahrzehnten regelmäßig präsent gewesen.
Unter anderem aus der Union gab es teils heftige Kritik am Wechsel der Lobbyistin in die Regierung. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kämpft mit teils umstrittenen Aktionen für den Klimaschutz. Bei Greenpeace hat Morgan auch regelmäßig an der Seite von Klima-Aktivisten protestiert - etwa bei der Blockade einer Shell-Raffinerie in Rotterdam im vergangenen Jahr.
Baerbock verteidigte sie als beste Frau weltweit für den Posten. "Das ist für mich eine Traumbesetzung und ein wichtiges Signal für den internationalen Klimaschutz."
Morgan bemühte sich, Kritik zu entkräften, dass sie als US-Bürgerin schwer für deutsche Belange kämpfen könne. "Mein politisches Herz schlägt ganz für Deutschland." Sie wohne hier seit 2003. "Das ist meine Heimat und ich bin Berlinerin."
Auf der Webseite des World Economic Forum wird Jennifer Morgan als Agenda-Mitwirkende (Agenda Contributor) geführt. Dort heißt es, sie sei vor ihrer Karriere bei Greenpeace Global Director für das Klimaprogramm beim World Resources Institute gewesen, das Spenden in Millionenhöhe von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung erhalten hat. Zudem war sie Global Climate Change Director bei Third Generation Environmentalism (E3G) und leitete das Global Climate Change Program beim Worldwide Fund for Nature (WWF).
"Sie setzt sich leidenschaftlich dafür ein, Ländern, Regierungen und Einzelpersonen dabei zu helfen, positive Maßnahmen zu ergreifen, um eine kohlenstofffreie Zukunft zu erreichen, und ist ein starker Befürworter der Notwendigkeit, dass Unternehmen 'grün' werden und in nachhaltige Technologien investieren." - World Economic Forum
Neben diesen hauptamtlichen Aufgaben hat Jennifer Morgan Wikipedia zufolge während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 im Beratergremium der Bundesregierung unter der Leitung des Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber gearbeitet und unterstützt seit 2008 die Initiative Breaking the Climate Deadlock des früheren britischen Premierministers Tony Blair.
Darüber hinaus hat sie als Begutachtungseditorin (Review Editor) an einem Kapitel des Fünften Sachstandsberichts des IPCC mitgewirkt und war von Juli 2013 bis Oktober 2016 Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung der deutschen Bundesregierung. Sie war von 2010 bis 2017 Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und ist Ehrenmitglied bei Germanwatch.
Kritik an der Besetzung kommt aus der Opposition. "Die grüne Heuchelei in Sachen Lobbyismus hat große Chancen auf das Guinness Book of Records", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der Welt. Die Greenpeace-Aktivistin zur Staatssekretärin zu machen, passe nicht zu Vorgaben des Parlaments, den Einfluss von Interessenvertretern deutlicher zu kennzeichnen.
Auch vom Koalitionspartner FDP kommt Kritik. Er habe Verständnis dafür, "dass der Wechsel einer Lobbyistin, die in der Vergangenheit mit durchaus radikalen Ansichten in Erscheinung getreten ist, in der Öffentlichkeit auf eine gewisse Verwunderung stößt", sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler dem Handelsblatt.