Unternehmen

DIHK: Deutsche Firmen deutlich pessimistischer als noch im Herbst

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) berichtet über eine ganze Reihe von Belastungen, welche die Stimmung bei den deutschen Unternehmen drücken.
11.02.2022 10:43
Aktualisiert: 11.02.2022 10:43
Lesezeit: 2 min
DIHK: Deutsche Firmen deutlich pessimistischer als noch im Herbst
Der DIHK erwartet für 2022 nur noch ein BIP-Wachstum von 3 Prozent. (Foto: dpa) Foto: Carsten Koall

Die deutschen Unternehmen sind einer DIHK-Umfrage zufolge deutlich pessimistischer als noch im Herbst. Sie schätzen sowohl ihre aktuelle Geschäftslage als auch die Aussichten für die nächsten zwölf Monate negativer ein, wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag am Freitag mitteilte. Der Verband hat dazu knapp 28.000 Firmen aus allen Branchen befragt.

Es herrsche zwar weiterhin eine vorsichtig optimistische Grundstimmung, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Die Unsicherheiten seien aber ungewöhnlich groß, viele Firmen wüssten nicht, wie es weitergeht. Neben der Corona-Pandemie treffen derzeit vor allem die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise zahlreiche Industriebetriebe.

Die konjunkturelle Erholung von der Corona-Krise wird dementsprechend schwächer ausfallen als zuletzt noch gehofft. Der DIHK prognostiziert nach der Umfrage nur noch ein Wachstum der Wirtschaft in diesem Jahr von 3,0 Prozent. Bisher war der Verband von 3,6 Prozent ausgegangen. 2021 hatte die Wirtschaft um 2,8 Prozent zugelegt.

Der DIHK rechnet zudem mit einem Exportplus von 6,0 (2021: 9,4) Prozent. Die Inflation dürfte noch einmal auf 3,5 Prozent zulegen, nachdem es vergangenes Jahr 3,1 Prozent waren.

"Damit werden wir das Vorkrisenniveau unserer Wirtschaftsleistung voraussichtlich erst zur Jahresmitte erreichen", sagte Wansleben. "Die Unternehmen sind von ihrer gegenwärtigen Situation durchaus enttäuscht." Bei den Geschäftsaussichten habe sich der Saldo aus besseren und schlechteren Erwartungen von zehn auf fünf Punkte halbiert. Er liegt damit leicht unter dem langjährigen Durchschnitt.

Für 64 Prozent der Firmen und sogar 85 Prozent in der Industrie sind die Energie- und Rohstoffpreise derzeit das größte Problem. Die Bundesregierung müsse die EEG-Umlage - den Aufschlag zum Ausbau erneuerbarer Energien - und die Stromsteuer möglichst schnell abschaffen, forderte Wansleben. "Es muss jetzt losgehen."

Oft sind die hohen Energie- und Rohstoffpreise Folge der Lieferengpässe, die viele Branchen seit längerem bremsen. Bis zur Jahresmitte 2022 rechnen nur rund zehn Prozent der Betriebe - und damit deutlich weniger als im Herbst - mit einem Ende ihrer Lieferprobleme. 22 Prozent geben an, erst 2023 mit einer Entspannung zu rechnen. Auch der Fachkräftemangel wird weiter als ein Top-Risiko eingeschätzt.

Die Verunsicherung vieler Firmen zeigt sich auch bei den Investitionsabsichten. Knapp ein Drittel will mehr investieren, knapp ein Fünftel weniger. Der Saldo geht hier leicht zurück. Natürlich gebe es Branchen, die expandierten, so Wansleben. "Unter dem Strich reicht es aber nicht." Im Corona-Krisenjahr 2020 seien die Investitionen um elf Prozent eingebrochen, 2021 dann nur um drei Prozent angezogen, was jetzt in etwa auch für 2022 erwartet werde.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP dürfe die geplanten Superabschreibungen keinesfalls verschieben. "Sie greifen ja nur, wenn Unternehmen wirklich investieren." Superabschreibungen für Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz sind laut Koalitionsvertrag für 2022 und 2023 vorgesehen.

Weil viele Firmen aber volle Auftragsbücher haben, wurde zuletzt spekuliert, dass sie später kommen könnten. Das FDP-geführte Finanzministerium hat dazu noch keine Entscheidung getroffen. Im Entwurf für das vierte Corona-Steuerhilfegesetz sind die "Superabschreibungen" nicht enthalten.

Einer Ifo-Umfrage von dieser Woche zufolge kann die Industrie mit ihren Auftragsbeständen so lange produzieren wie nie zuvor. Sie reichen für die nächsten 4,5 Monate. "Das gab es noch nie seit wir diese Frage im Jahr 1969 zum ersten Mal gestellt haben", so Ifo-Experte Timo Wollmershäuser.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handwerkspräsident: "Demokratie muss nun liefern"
24.12.2025

Die Stimmung im deutschen Handwerk ist angespannt, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands...

DWN
Politik
Politik DWN-Jahresrückblick 2025: Schulden, Krieg, KI – und Europas Zerreißprobe
24.12.2025

Schulden in Billionenhöhe, neue Kriegsängste, technologische Abhängigkeiten: 2025 hat Gewissheiten zerlegt, die lange als stabil galten....

DWN
Technologie
Technologie The Good City: Die Stadt der Zukunft ist leise, sauber und elektrisch
24.12.2025

Lärm, Abgase, Platzmangel – urbane Probleme kennt jeder. Doch Renault Trucks zeigt: Die Zukunft der Stadt ist elektrisch, leise und...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP: Zwischen ETF-Fantasie und anhaltendem Kursdruck
24.12.2025

Ripple XRP verliert an Boden, während der Kryptomarkt insgesamt vorsichtiger wird. Technische Schwäche, unterschrittene Schlüsselmarken...

DWN
Technologie
Technologie Exponentielles Wachstum durch KI: Chancen und Grenzen für Wirtschaft und Gesellschaft
24.12.2025

Die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant und verändert zunehmend Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Doch kann dieser...