Politik

Wenn Propaganda auf Realität trifft: Deutsche Sportler loben Winterspiele in China

Die Wirkung der im Vorfeld der Olympiade gestreuten angelsächsischen Propaganda ist vor Ort offenbar verpufft.
18.02.2022 10:17
Aktualisiert: 18.02.2022 10:17
Lesezeit: 2 min

Die Deutsche Presseagentur berichtet im Rahmen einer interessanten Reportage von den Winterspielen in Peking:

Aller vorolympischen Kritik zum Trotz sind viele deutsche Athleten voll des Lobes für die Winterspiele von Peking. Die meisten finden sie richtig cool, positiv und gelungen. Die kritischen Stimmen sind in der Unterzahl.

Das Wort positiv muss in Corona-Zeiten nicht immer etwas Negatives heißen. Viele deutsche Athleten benutzen es zum Ausklang der Olympischen Winterspiele in Peking häufig und loben das Spektakel auf Eis und Schnee nach extrem unterkühlten Erwartungen in höchsten Tönen. Den strengen Corona-Maßnahmen und dem Leben in der abgeriegelten Olympia-Blase zum Trotz. «Sehr coole Spiele und auch würdig ist alles gewesen. Da muss man auch mal Danke sagen», meinte der alpine Skirennfahrer Josef Ferstl. «Für mich waren das sehr gelungene Spiele.»

Kira Weidle, seine alpine Ski-Kollegin, pflichtete ihm bei. «Grundsätzlich bin ich schon eher positiv von diesen Spielen überrascht», meinte die Olympia-Vierte in der Abfahrt. Wie ihr ging es vielen deutschen Sportlern: Die Kritik vor den Peking-Spielen an Organisation und rigiden Einschränkungen bestätigte sich oft nicht.

«Man hat ja einiges Negatives im Vorfeld gehört. Ich bin überhaupt nicht D'accord damit. Ich find‘s richtig cool hier», sagte Skicrosser Tobias Müller. Auch Rekord-Olympiasiegerin und Chefkritikerin Natalie Geisenberger, die vor den Spielen laut über einen Startverzicht nachgedacht hatte, war eher versöhnlich gestimmt. «Es hat recht viel hingehauen», befand die Rodlerin. Nach ihren Erfahrungen bei einem Trainingsaufenthalt vor den Spielen hatte Geisenberger über erhebliche organisatorische Defizite und über einen schlechten Umgang mit den Athleten wegen der strikten Corona-Maßnahmen geklagt.

«Es hätte uns viel härter treffen können. Es ist ein schon ein großer Schritt nach vorne, dass wir raus dürfen», sagte Eishockeyspieler Tom Kühnhackl im Vergleich zur Weltmeisterschaft im Mai 2021 in Riga. «Bei der WM durften wir ja nur im Zimmer sitzen.» Vermisst wurde von den Puckjägern aber das wegen der Pandemie fehlende Deutsche Haus als Treffpunkt. «Da brauchen wir nicht drüber zu reden. Da fehlte einiges, was Olympia ausmacht», sagte Mitspieler Patrick Hager.

Skispringer Karl Geiger kritisierte hingegen die Kritiker. «Die ganzen Spiele wurden vorher scharf kritisiert und hinterfragt, aber so, wie sie durchgeführt wurden, war das voll korrekt», meinte der 29-Jährige, der zweimal Olympia-Bronze gewann. «Das nächste Mal, bevor man etwas Kritisches sagt, muss man als Deutschland vielleicht selber mal eine Bewerbung rausschicken.» Zuletzt war München als Kandidat bei der Auswahl der Winterspiele 2018 gegen Pyeongchang gescheitert, eine mögliche Bewerbung der bayerischen Landeshauptstadt für dieses Jahr erhielt bei einem Bürgerentscheid keine Mehrheit.

Die vor den Winterspielen in China geführte Debatte über mögliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit und Menschenrechtsverletzungen war in Peking-Stadt, Yanqing und Zhangjiakou unter den Athletinnen und Athleten so gut wie kein Thema.

Biathlet Erik Lesser hatte als fast einziger zum Anfang der Spiele das Internationale Olympische Komitee und dessen Präsidenten kritisiert. «Ich finde es schwach, dass sich Thomas Bach noch nie zu der ganzen Situation geäußert hat. Das ist einfach extrem schwach», hatte er gesagt. Nach sportlichen Enttäuschungen zog der 33-Jährige ein bitteres Peking-Fazit. «Ich nehme von den Olympischen Spielen genau gar nichts mit. Weder eine Medaille, noch ein gutes Ergebnis, eine gute Zeit hatte man hier jetzt auch so begrenzt.»

Die sportlich erfolgreiche Geisenberger nannte indes noch einen bemerkenswerten Grund für ihr Schweigen und das ihrer deutschen Teamkollegen. «Man muss vorsichtig sein, wann, wo und was man sagt», meinte die 34-Jährige. «Ich bin gespannt, ob nach der Rückkehr noch etwas kommen wird.»

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Babyboomer verlassen die Bühne: Jetzt kommt das große Chaos am Arbeitsmarkt
29.06.2025

Die Babyboomer verabschieden sich in Scharen – und mit ihnen verschwinden Loyalität, Erfahrung und Arbeitsdisziplin. Zurück bleibt ein...

DWN
Panorama
Panorama Ersatzpflege: Was sich für pflegende Angehörige ab dem 1. Juli ändert
29.06.2025

Pflegende Angehörige stemmen den Großteil der häuslichen Pflege in Deutschland – oft bis zur Erschöpfung. Doch was passiert, wenn sie...

DWN
Immobilien
Immobilien Heizkosten: Vergleich der Kosten für verschiedene Heizungslösungen - Tipps
29.06.2025

Heizöl, Pellets, Gasheizung oder Wärmepumpe: Wer 2025 neu heizt, muss weiterhin hohe Kosten einpreisen. Doch welche Heizungslösung ist...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Elon Musks X wird zur Bank: Der Angriff auf das Finanzsystem
29.06.2025

Elon Musks Plattform X will mehr sein als ein soziales Netzwerk. Mit eigenen Finanzdiensten und digitaler Geldbörse kündigt sich eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pandora und Amazon decken globales Fälschernetzwerk auf
29.06.2025

Pandora und Amazon decken ein globales Netzwerk von Produktpiraten auf. Die Drahtzieher in China sitzen nun im Gefängnis – doch die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verteidigungsbranche boomt: Diese fünf Aktien setzen Analysten jetzt auf die Watchlist
29.06.2025

Der globale Rüstungsboom bietet Anlegern neue Chancen. Fünf Aktien stehen bei Analysten hoch im Kurs – von Hightech-Zulieferern bis zu...

DWN
Panorama
Panorama Unwetterwarnungen: Was sie können und was nicht
29.06.2025

Unwetterwarnungen sollen Leben retten – und das möglichst rechtzeitig. Doch nicht immer klappt das. Warum ist es trotz modernster...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr: Rüstung auf dem Papier – Defizite auf dem Feld
29.06.2025

Die Bundeswehr bleibt trotz 100-Milliarden-Sondervermögen kaum einsatzfähig. Es fehlt an Ausrüstung, Personal und Struktur. Ist das...