Politik

Taiwans Militär wegen Ukraine-Krise in Kampfbereitschaft versetzt

Lesezeit: 2 min
23.02.2022 16:36  Aktualisiert: 23.02.2022 16:36
Taiwan fürchtet, dass China die Ukraine-Krise als Gelegenheit nutzen könnte, um den Inselstaat zu annektieren, den Peking als abtrünnige Provinz betrachtet.
Taiwans Militär wegen Ukraine-Krise in Kampfbereitschaft versetzt
Taiwans Streitkräfte bereiten sich auf einen möglichen Angriff seitens der chinesischen Volksbefreiungsarmee vor. (Foto: dpa)
Foto: Ritchie B. Tongo

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Da die Spannungen in der Ukraine zunehmen, hat die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen Armee und Polizei der Insel angewiesen, die Überwachung zu verstärken, auf militärische Aktivitäten in der Region zu achten und die Kampfbereitschaft zu erhöhen. Am Mittwoch traf sie mit hochrangigen Beamten zusammen, um darüber zu beraten, wie man auf die Krise reagieren sollte.

"Wir sollten die Kampfbereitschaft unserer Streitkräfte in der Straße von Taiwan weiter verstärken, um unsere Sicherheit zu gewährleisten", sagte sie laut einem Bericht der South China Morning Post. Taiwan könne nur dann schnell reagieren und Eventualitäten bewältigen, wenn man die Aufklärung verstärkt und wachsam gegenüber militärischen Aktivitäten um Taiwan und in der indopazifischen Region ist.

Es wurde spekuliert, dass China die Ukraine-Krise als Gelegenheit nutzen könnte, um Taiwan anzugreifen, da die USA und Europa nur schwer an zwei Fronten kämpfen können. Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz. Die Wiedervereinigung mit Taiwan werde friedlich vonstatten gehen, sagte Chinas Präsident Xi Jinping im letzten Jahr. Allerdings würden jene, die das Land spalten wollen, "ein böses Ende nehmen".

Taiwans Präsidentin Tsai forderte die Behörden der Insel auf, sich besser gegen die so genannte kognitive Kriegsführung zu wappnen und alles zu tun, um gegen Desinformation vorzugehen und Versuche einer "äußeren Macht" [gemeint ist offensichtlich China] zu vereiteln, die Situation in der Ukraine zu nutzen, um die Öffentlichkeit zu verunsichern und die soziale Stabilität zu stören.

Außerdem forderte sie die Behörden auf, die Finanzmärkte der Insel stabil zu halten und für stabile Preise zu sorgen, auch bei Rohstoffen und Aktien, um zu verhindern, dass sich die Ukraine-Krise auf die Wirtschaft der Insel auswirkt. Einige Medien haben den China-Taiwan-Konflikt bereits mit dem Russland-Ukraine-Konflikt verglichen.

Tsai hat Russland für die Verletzung der Souveränität der Ukraine verurteilt und beide Seiten dazu aufgerufen, ihre Streitigkeiten auf friedliche und vernünftige Weise zu lösen. Als Mitglied der internationalen Gesellschaft sei Taiwan bereit, sich den Bemühungen anderer anzuschließen, um zu einer friedlichen Lösung des Streits beizutragen.

Am Samstag sagte der britische Premierminister Boris Johnson auf der Münchner Sicherheitskonferenz: "Wenn die Ukraine gefährdet ist, wird der Schock auf der ganzen Welt widerhallen. Und dieses Echo wird in Ostasien zu hören sein, es wird in Taiwan zu hören sein." Die Menschen würden die Schlussfolgerung ziehen, dass sich Aggression auszahlt und dass Macht Recht ist, so Johnson.

In Peking warf man Taiwan vor, eine Anti-Peking-Stimmung zu schüren. "Die Behörden der Demokratischen Progressiven Partei haben mit den USA und der westlichen Welt zusammengearbeitet und nutzen das Ukraine-Problem, um die angebliche militärische Bedrohung [durch China] hochzuspielen", sagte der Sprecher des Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Ma Xiaoguang, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz.

Weiter sagte Ma, die der Unabhängigkeit zugeneigte Demokratische Progressive Partei (DPP) versuche, die Taiwan-Frage zu "internationalisieren" und auf der Insel eine Anti-China-Stimmung zu schüren. "Die Spannungen in der Taiwanstraße wurzeln in dem Versuch der DPP und ihrer separatistischen Kräfte, mit äußeren Kräften zusammenzuarbeiten, um die Unabhängigkeit [Taiwans] zu erreichen."

Wen-Ti Sung, Dozent für internationale Beziehungen und China an der Australian National University, sagte: "Einerseits zeigen Umfragen, dass sich die Mehrheit der Taiwaner keine Sorgen über ein chinesisches Militärabenteuer in der Taiwanstraße während der Ukraine-Krise macht. Andererseits ist Taiwan Sorgen besorgt, ob eine weitere militärische Eskalation der Ukraine-Krise zwei Risiken für Taiwan mit sich bringen könnte."

"Erstens könnte sie die Ressourcen und die Aufmerksamkeit der Vereinigten Staaten vom indopazifischen Raum, insbesondere der Taiwanstraße, abziehen", so Sung. "Und zweitens könnte sie die Einheit des Westens schwächen, indem sie die unterschiedlichen geopolitischen [Schwerpunkte] der USA und ihrer europäischen Verbündeten offenlegt."

"Sollten die USA als unentschlossen oder gleichgültig gegenüber der europäischen Sicherheit in der Ukraine wahrgenommen werden, könnte dies die europäische Entschlossenheit schwächen, den USA in Zukunft im indopazifischen Raum zu helfen", so der Dozent.

In einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage der taiwanesischen Stiftung für öffentliche Meinung glauben 63 Prozent der Taiwanesen, dass Russlands Aggression gegenüber der Ukraine die chinesische Armee nicht zu einem Angriff auf Taiwan veranlassen wird. Nur 27 Prozent glaubten, die chinesische Armee würde dies tun.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Grüne wollen Deutschlands wichtigste Energiequelle früher verbieten

Die Grünen intensivieren ihre Klima-Verbotspolitik. Aus der Wirtschaft kommt inzwischen heftiger Gegenwind.

DWN
Finanzen
Finanzen Drohende Bankenkrise: Westliche Notenbanken lancieren Dollar-Notversorgung

Die Notfall-Übernahme der Credit Suisse kann die Nervosität an den Finanzmärkten nicht lindern - im Gegenteil. Große westliche...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steigende Energiekosten belasten den deutschen Mittelstand

Die hohen Energiepreise belasten den deutschen Mittelstand zunehmend stark. Laut einem EU-Geheimpapier sind die aktuellen Umstände für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Toyota-Patriarch enthüllt: „Schweigende Mehrheit“ lehnt Fokussierung auf E-Autos ab

Der Patriarch des japanischen Autobauers warnt mit Blick auf E-Autos vor Risiken. Er gehöre zur „schweigenden Mehrheit“, welche die...

DWN
Politik
Politik Taiwans Kuomintang sucht Annäherung an China

Die oppositionelle Kuomintag verfolgt einen pragmatischen Kurs gegenüber Peking. Nun besucht erstmals ein ehemaliger Präsident Taiwans...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Türkei stoppt Ausfuhr sanktionierter Waren nach Russland

Nach „ernsten Warnungen“ verbietet die Türkei Exporte sanktionierter Produkte nach Russland.

DWN
Finanzen
Finanzen Bankenkrise: UBS übernimmt angeschlagene Credit Suisse

Kurz vor Öffnung der Börsen steht der Mega-Deal: Die schlingernde Großbank Credit Suisse wird vom größeren Konkurrenten UBS...

DWN
Deutschland
Deutschland Varta kündigt Aktien-Emission und Restrukturierung an

Der schwächelnde Batterie-Hersteller will sich über die Ausgabe zusätzlicher Aktien Luft für Restrukturierungen und Investitionen...