Politik

Bundespräsident Steinmeier stimmt Bundesbürger auf härtere Zeiten ein

An den hohen Benzinpreisen spüren die Deutschen schon die Folgen des Ukraine-Kriegs. Doch das ist aus Sicht des Bundespräsidenten erst der Anfang. In seinem Amtssitz Schloss Bellevue spielen die Berliner Philharmoniker ein Solidaritätskonzert. Ein Gast bleibt fern.
27.03.2022 13:50
Aktualisiert: 27.03.2022 13:50
Lesezeit: 2 min
Bundespräsident Steinmeier stimmt Bundesbürger auf härtere Zeiten ein
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (3.v.l.) spricht bei einem Frühstück im Parkhotel der Stadt mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern. (Foto: dpa) Foto: Kristin Schmidt

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschland auf schwierigere Zeiten und Einbußen infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vorbereitet. „Es kommen auch auf uns in Deutschland härtere Tage zu“, sagte er am Sonntag in einer Videobotschaft für ein Konzert für Freiheit und Frieden der Berliner Philharmoniker im Schloss Bellevue. Die verhängten scharfen Sanktionen brächten diese unvermeidlich. „Wir werden bereit sein müssen, sie zu tragen, wenn unsere Solidarität nicht nur Lippenbekenntnis sein, wenn sie ernst genommen werden soll.“

„Und die ganze Wahrheit ist: Viele Härten liegen erst noch vor uns“, sagte Steinmeier. Trotz aller laufenden diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung des Krieges gelte: „Unsere Solidarität und unsere Unterstützung, unsere Standhaftigkeit, auch unsere Bereitschaft zu Einschränkungen werden noch auf lange Zeit gefordert sein.“

Das renommierte Orchester mit Musikerinnen und Musiker auch aus der Ukraine, Russland und Belarus spielte in kleiner Besetzung im Großen Saal des Amtssitzes des Bundespräsidenten Werke ukrainischer, russischer und polnischer Komponisten. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk empörte sich jedoch darüber, dass nur russische Solisten - darunter der Pianist Jewgeni Kissin - auftraten. „Ein Affront. Sorry, ich bleibe fern.“, schrieb er auf Twitter.

Die Sprecherin des Bundespräsidenten, Cerstin Gammelin, bedauerte dies auf Twitter. Das Konzert biete die Möglichkeit eines gemeinsamen Zeichens für die Ukraine. „Es ist schade, dass wir dieses Zeichen nicht gemeinsam senden können.“ Gammelin wies darauf hin, dass im Zentrum des Programms der bedeutende ukrainische Komponist Valentin Silvestrov stehe, der im hohen Alter von 84 Jahren soeben selbst aus seiner Heimat geflohen sei. Silvestrov spielte im Anschluss an das offizielle Konzert auf dem Flügel eine aktuelle Komposition, in der er die Eindrücke seiner Flucht verarbeitet hat.

Der russische Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, musste krankheitsbedingt kurzfristig absagen. Für ihn leitete Nodoka Okisawai das Orchester. Der Bundespräsident und seine Frau Elke Büdenbender konnten infolge einer Corona-Erkrankung das Konzert ebenfalls nur am Fernsehgerät verfolgen. Steinmeier sprach daher in einer Videobotschaft zu den Gästen.

„Es sind furchtbare Tage und Wochen. Wir alle sind erschüttert, wir sind entsetzt über das, was in der Ukraine geschieht“, sagte er. Steinmeier erinnerte daran, dass er in der Rede nach seiner Wahl Mitte Februar den russischen Präsidenten Wladimir Putin davor gewarnt habe, die Stärke der Demokratie zu unterschätzen. „Heute wissen wir: Er hat sie unterschätzt.“ Steinmeier dankte allen Bürgern für ihre Solidarität mit den Ukrainern, die aus ihrem Land fliehen.

Der Bundespräsident zeigte Verständnis für die bei vielen Menschen aufkommenden Ängste. „Bei den Älteren treten tiefe, grauenvolle Erinnerungen hervor, bei den Jüngeren ein nie für möglich gehaltenes Erschrecken: Es herrscht Krieg in Europa.“ Niemand könne diese Ängste einfach wegnehmen. „Aber wir können der Angst etwas entgegensetzen: unsere Wehrhaftigkeit und unsere Mitmenschlichkeit, unseren Willen zum Frieden und den Glauben an Freiheit und Demokratie, die wir niemals preisgeben, die wir immer verteidigen werden.“

Er wisse, dass der Glaube an Freiheit und Demokratie allein keinen Panzer aufhalte. „Aber ich weiß auch dies: Kein Panzer kann diesen Glauben jemals zerstören. Keine Armee, kein Unterdrückungsregime ist stärker als die Strahlkraft von Freiheit und Demokratie in den Köpfen und Herzen der Menschen“, sagte Steinmeier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der offene Konflikt zwischen Big Tech und der EU eskaliert
24.04.2025

Meta hat den diplomatischen Kurs verlassen und mit scharfen Vorwürfen auf die jüngsten Strafen der EU-Kommission reagiert. Der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...