Politik

Jemens Präsident gibt Macht ab - Führungsrat soll mit Huthis verhandeln

In den Stellvertreterkrieg im Jemen kommt Bewegung.
07.04.2022 16:00
Aktualisiert: 07.04.2022 16:16
Lesezeit: 2 min

Im Zuge der internationalen Bemühungen um ein Ende des seit Jahren tobenden Bürger- und Stellvertreterkriegs im Jemen hat sich Präsident Abd-Rabbu Mansur Hadi zum Machtverzicht bereiterklärt. Er übertrug am Donnerstag seine sämtlichen Befugnisse auf einen neu geschaffenen Präsidialrat, wie er im Staatsfernsehen mitteilte. Gleichzeitig entließ er seinen umstrittenen Stellvertreter Ali Mohsen al-Ahmar, einen sunnitischen General, den insbesondere die schiitischen Huthi-Rebellen wegen diverser Militärkampagnen in ihren Hochburgen ablehnen. Hadis wichtigster Verbündeter, der mächtige Nachbar Saudi-Arabien, begrüßte das Vorgehen und rief den neuen achtköpfigen Präsidialrat dazu auf, Verhandlungen mit den Huthis aufzunehmen. Zudem kündigte das Königreich Finanzhilfen in Höhe von drei Milliarden Dollar für den notleidenden Jemen an.

Experten zufolge steckt hinter dem Rückzug Hadis und der Entlassung seines Stellvertreters unter anderem die Hoffnung, dass die Huthis entgegenkommender sein könnten. Der Chefunterhändler der Rebellen, Mohammed Abdulsalam, antworte gleichwohl nicht auf die Frage der Nachrichtenagentur Reuters, ob seine Gruppe eine Einladung zu Gesprächen mit dem Rat annehmen würde. Er erklärte, dass über Jemens Zukunft innerhalb des Landes entschieden werden müsse. Jede Aktivität außerhalb der Grenzen des Landes sei "lediglich eine Farce".

Die Huthis, die Verbindungen zu Saudi-Arabiens Erzrivalen Iran haben, hatten Hadis Regierung 2014 aus der Hauptstadt Sanaa vertrieben. Inzwischen kontrollieren sie faktisch den Norden des Landes, während Hadi von Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad aus agiert. Am vergangenen Freitag war es unter Vermittlung der Vereinten Nationen (UN) erstmals seit 2016 gelungen, dass die Kriegsparteien sich auf einen Waffenstillstand einigten. Dieser wurde für zwei Monate vereinbart, er ist seit Samstag in Kraft.

Während der Kämpfe wurden Zehntausende Menschen getötet, die Wirtschaft des Jemen ist zusammengebrochen und die Bevölkerung von einer Hungerkatastrophe bedroht. Der Konflikt gilt auch als Stellvertreterkrieg zwischen den beiden Regionalmächten Saudi-Arabien und Iran, wobei Riad seit geraumer Zeit nach einer Exit-Gelegenheit sucht. Nach Hadis Ankündigung, seine Macht auf den Präsidialrat zu übertragen, strahlte das Staatsfernsehen ein Video aus, das Saudi-Arabiens Kronprinz und De-Facto-Herrscher Mohammed bin Salman bei einem Treffen mit dem neuen Gremium zeigt. Das Königreich forderte den Rat auf, unter der Schirmherrschaft der UN mit den Huthi "über eine endgültige und umfassende Lösung" zu verhandeln.

ZWEIFEL AN GESCHLOSSENHEIT DES RATS

Experten zeigten sich jedoch skeptisch, was die Geschlossenheit des Rats angeht. "Dies ist ein Versuch, vielleicht ein letzter verzweifelter Versuch, innerhalb der Anti-Huthi-Allianz so etwas wie eine Einheit wiederherzustellen", befand etwa Gregory Johnsen, ein ehemaliges Mitglied des Jemen-Expertengremiums der Vereinten Nationen. "Das Problem ist, dass es unklar ist, wie diese verschiedenen Personen, von denen viele diametral entgegengesetzte Ansichten haben, zusammenarbeiten können."

Geleitet wird der Rat von Raschad Al-Alimi. Er steht dem großen Block der islamistischen Islah-Partei nahe, einem Rückgrat von Hadis Regierung. Dem gegenüber stehen Anführer von Gruppen, die von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt werden, die wiederum zwar der von Saudi-Arabien angeführten Koalition zur Bekämpfung der Huthis angehören, der Islah-Partei aber misstrauen. Ebenfalls vertreten in dem Gremium ist zudem Aidarus al-Subaidi vom separatistischen Südübergangsrat, der mit Hadis Regierung um die Kontrolle über die südjemenitische Hafenstadt Aden rang.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der XRP-ETF-Markt steht vor einem bedeutenden Wandel: Bereitet er den Weg für ein herausragendes Jahr 2026?

Der Kryptowährungsmarkt steht erneut vor einem potenziellen Wendepunkt. Während Bitcoin und Ethereum im Fokus institutioneller Anleger...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland: Ifo-Index schwach: Jahr endet ohne Aufbruchsstimmung
17.12.2025

Der Ifo-Index sendet zum Jahresende ein klares Warnsignal für Deutschlands Wirtschaft. Sinkende Erwartungen, enttäuschte Hoffnungen und...

DWN
Panorama
Panorama DHL-Betrugsmasche: Wie Kriminelle die Vorweihnachtszeit und das Paketchaos ausnutzen
17.12.2025

In der Vorweihnachtszeit nutzen Kriminelle das Paketchaos aus, um sich mit der sogenannten DHL-Betrugsmasche zu bereichern. Gefälschte...

DWN
Finanzen
Finanzen KNDS-IPO: Börsengang des deutsch-französischen Panzerherstellers rückt wohl näher
17.12.2025

Der KNDS-IPO nimmt konkrete Formen an: Doppelnotierung, Milliardenbewertung und klare Abgrenzung zu Rheinmetall prägen die Debatte....

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis nähert sich Rekord, Silberpreis mit Allzeithoch: Was die Edelmetallpreise treibt – und was das für Anleger heißt
17.12.2025

Der Goldpreis zieht am Mittwoch an und rückt wieder an sein Rekordniveau heran, während der Silberpreis bereits neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs aktuell: Konsolidierung und Notenbanken im Fokus
17.12.2025

Der DAX-Kurs startet freundlich in den Börsenhandel am Mittwoch, doch echte Dynamik bleibt aus. Während wichtige Marken halten, sorgt...

DWN
Finanzen
Finanzen VW-Aktie: Volkswagen startet Batteriefabrik in Salzgitter
17.12.2025

Volkswagen startet in Salzgitter die eigene Zellproduktion – ein strategischer Schritt mit Signalwirkung für Europa und direkt relevant...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wertvollstes deutsches Start-up: Trade Republic-Bewertung bei 12,5 Milliarden Euro – Frust im Kundenservice
17.12.2025

Trade Republic wächst rasant, zieht neue Spitzeninvestoren an und erreicht einen Milliarden-Unternehmenswert. Gleichzeitig mehren sich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Karamalz-Übernahme: Veltins setzt auf Malz-Potenzial und greift Krombacher an
17.12.2025

Die Karamalz-Übernahme durch Veltins wirbelt den Markt für Malzgetränke durcheinander: Produktion, Vertrieb und Konkurrenz verschieben...