Politik

Politischer Neubeginn in Pakistan: Sharif zum Premier gewählt

Pakistans Premierminister Khan ist im Zuge eines Misstrauensvotums gestürzt worden. Das Land steht vor großen Herausforderungen.
11.04.2022 14:00
Aktualisiert: 11.04.2022 14:48
Lesezeit: 2 min
Politischer Neubeginn in Pakistan: Sharif zum Premier gewählt
Anhänger der Partei des ehemaligen pakistanischen Premierministers Khan nehmen an einer Demonstration nach einem Misstrauensvotum teil und bekunden ihren Unmut. (Foto: dpa) Foto: Fareed Khan

Nach dem Misstrauensvotum gegen Imran Khan ist der pakistanische Oppositionsführer Shehbaz Sharif zum neuen Premierminister gewählt worden. 174 der 374 Abgeordneten stimmten am Montag für Sharif, wie Parlamentssprecher Ayaz Sadiq in der Hauptstadt Islamabad verkündete. Sharif bezeichnete nach der Wahl die ökonomischen Probleme als große Herausforderung. «Wir werden Schweiß und Blut vergießen müssen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln», sagte er.

In der Nacht hatten landesweit Zehntausende Menschen gegen die Amtsenthebung Khans protestiert. Khans Regierungspartei PTI verkündete vor der Wahl einen massenhaften Rücktritt aus dem Parlament. Dutzende Abgeordnete verließen den Saal aus Protest.

Khan war in der Nacht auf Sonntag per Misstrauensvotum des Amtes enthoben worden. Vorausgegangen war eine tagelange politische Krise in der südasiatischen Atommacht. Der ehemalige Premierminister war wegen der schweren Wirtschaftskrise im Land zunehmend unter Druck geraten. Khan zufolge sei es die US-Regierung gewesen, die maßgeblich zu seinem Sturz beigetragen habe.

Beobachter sehen auf den neuen Premierminister herausfordernde Zeiten zukommen. Preise für Benzin, Gas oder Lebensmittel waren in dem südasiatischen Land mit mehr als 220 Millionen Einwohnern zuletzt massiv gestiegen. Ex-Premier Khan musste kürzlich weitere Steuern einführen, damit der Internationale Währungsfonds (IWF) eine weitere Tranche aus einem Hilfsprogramm für das Land auszahlt.

Lesen Sie dazu: Pakistan beugt sich dem IWF - und beschließt gefährliche Maßnahmen

Fragiler Neuanfang

Die Parteien, die den neuen Premier Sharif gewählt haben, haben zudem wenig gemeinsam. Für Beobachter ist es fraglich, ob sie ihre individuellen Interessen in der Tagespolitik zusammenbringen können, um das Land in ruhigeres Fahrwasser zu bringen und effizient zu regieren. Hinzu kommt, dass der gestürzte Premier Khan weiter politisch mitmischen will. Er rief bereits zu Protest auf.

Der 70 Jahre alte Shehbaz Sharif stammt aus der Polit-Dynastie der Sharifs, einer Familie erfolgreicher Industrieller. Wie sein älterer Bruder Nawaz Sharif arbeitete er vor seiner Politikkarriere im Familienunternehmen. In seiner Heimat, der bevölkerungsreichen Provinz Punjab, war Shehbaz Sharif drei Amtszeiten lang Ministerpräsident und trieb vor allem Infrastrukturprojekte voran.

Nach dem Militärputsch 1999 und der Entmachung seines älteren Bruders ging er mit seiner Familie ins Exil nach Saudi-Arabien. Acht Jahre später kehrte er zurück in die Politik, zunächst als Regierungschef in Punjab. 2018 wurde er in die Nationalversammlung gewählt, später zum Oppositionsführer gekürt. Der jüngere Sharif ist Vorsitzender der Pakistanischen Muslimliga (PML-N).

Seine Popularität verdanke er vor allem dem Image seines charismatischen Bruders, erklärt Irfan Shahzad, Experte beim Eurasia Century Institute in der Hauptstadt Islamabad. Er gelte als «Mann mit pragmatischem Ansatz» in der Beziehung zum mächtigen Militär. International unterhält Shehbaz Sharif gute Beziehungen zu China. Der Familie der Sharifs wurde immer wieder Korruption vorgeworfen. Nawaz Sharif etwa tauchte in den «Panama Papers» auf, was ihn sein Amt als Premier kostete. Er wurde zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Sharif, dem im Land weiter ein Verfahren droht, war Ende 2019 für eine medizinische Behandlung nach Großbritannien geflogen.

Auch Shehbaz Sharif wurde mehrfach verhaftet und angeklagt. Nachdem sich Vorwürfe gegen Korruption nicht erhärteten, kam er wieder frei. Die Opposition sah derartige Vorwürfe politisch motiviert. Die Regierung unter dem aus dem Amt enthobenen Imran Khan begründete dies stets mit einem harten Durchgreifen gegen Korruption.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin 2026: Droht der nächste Crash oder ein neuer Reifegrad des Marktes?

Wie sich Bitcoin im Jahr 2026 verhalten wird, lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Was sich jedoch belastbar analysieren lässt, sind...

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten für Ukraine? Europäer bieten Schutztruppe an
16.12.2025

Eine Schutztruppe für die Ukraine? Bundeskanzler Merz und europäische Staatschefs haben einen Plan vorgestellt. Doch wie reagieren die...

DWN
Politik
Politik Bundestag Offline: Internet-Ausfall im Bundestag - kein russischer Cyberangriff
16.12.2025

Das Computernetzwerk des Deutschen Bundestags war flächendeckend ausgefallen. Da das Problem ungefähr zeitgleich mit dem Besuch des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rückstand bei Bezahlung: Frauen verdienen weiterhin weniger als Männer
16.12.2025

Hartnäckig hält sich der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Nur ein Teil der Lohnlücke ist erklärbar.

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalwährung: EU-Finanzminister beschließen digitalen Euro
16.12.2025

Der „Digitale Euro“ soll ab 2029 Realität werden: Die Pläne für eine Digitalwährung in der Euro-Zone schreiten voran. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rentenkommission startet: Experten sollen Reform ohne feste Vorgaben prüfen
16.12.2025

Nach langem Hin und Her um das erste Rentenpaket nimmt ein neues Gremium seine Arbeit auf. Die Kommission aus Fachleuten soll Vorschläge...

DWN
Panorama
Panorama Corona-Impfschäden: Wann haften Hersteller für Gesundheitsfolgen?
16.12.2025

Kopfschmerzen, Fieber oder sogar Hörverlust – treten nach einer Corona-Impfung gesundheitliche Probleme auf, suchen Betroffene häufig...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Warum das Edelmetall vor einer historischen Neubewertung steht
15.12.2025

Die Silber-Rallye ist ungebrochen und die Kurse eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Warum trotz neuem Silberpreis-Rekordhoch zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gewinneinbruch bei Autobauern: Deutsche Hersteller besonders unter Druck
15.12.2025

Die weltweite Krise der Autoindustrie macht den deutschen Herstellern stärker zu schaffen als vielen internationalen Wettbewerbern. Eine...