Die französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen ist nach eigenen Worten gegen Russland-Sanktionen, die die Energiekosten in Frankreich in die Höhe treiben würden. „Ich will nicht, dass es die Franzosen sind, die mit voller Wucht die Konsequenzen von Entscheidungen erleiden, die darauf abzielen würden, Gas- oder Ölimporte zu beenden“, sagte die Politikerin am Dienstag im Sender France Inter. Sie wisse, was ein Gas- oder Ölembargo für die Energiekosten der Franzosen bedeuten würde. „Ich bin hier, um die Franzosen zu verteidigen“, zitiert die dpa Le Pen.
Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wird ein möglicher Importstopp von russischem Gas und Öl in der EU kontrovers diskutiert. Le Pen betonte, sie stelle sich einzig gegen Sanktionen, die auf den Energiesektor abzielten. Alle anderen Strafmaßnahmen gegen Russland befürworte sie. Der 53-Jährigen wurde im Vorfeld der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen wiederholt eine zu große Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin vorgeworfen. Anfang April stellte sie in Aussicht, nach einem Ende des Krieges könnte Russland wieder ein Partner des Westens werden.
Am 24. April stimmen die Franzosen in einer Stichwahl darüber ab, ob Le Pen in den Élyséepalast einzieht oder ob der aktuelle Präsident Emmanuel Macron im Amt bleibt.
Wenn Le Pen Präsidentin wird, versetzt sie der EU den Todesstoß
Im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen 2022 warf die Denkfabrik „Carnegie Europe“ zuvor die Frage auf, was passieren würde, wenn das Corona-Rettungsprogramm der EU scheitert. Die Antwortet lautet laut „Carnegie Europe“, dass Le Pen die Präsidentschaftswahlen gewinnt. Ein derartiges Ergebnis würde zwangsläufig dazu führen, dass sie eine Neuorganisation der EU als „L'Europe des Nations“ fordern würde. Zu ihren Vorschlägen würde die Streichung der Legislativinitiative von der EU-Kommission an den EU-Rat - die Übertragung der Macht vom zentralen Organ der EU auf einzelne Mitgliedstaaten gehören, was die supranationalen Elemente in der EU schwächen würde. Sie würde auch versuchen, den Binnenmarkt zu reformieren, unter anderem durch die Abschaffung der vorübergehenden Entsendung von Arbeitnehmern in andere Mitgliedstaaten, und sie würde versuchen, eine Einmischung der EU in innere Angelegenheiten zu verhindern. Wenn diese Forderungen nicht erfüllt werden würden, würde Frankreich Entscheidungen, die die Einstimmigkeit der EU erfordern, boykottieren.
Die Denkfabrik brachte mehrere Teams aus EU-Experten zusammen, besprechen sollten, wie die EU reagieren sollte, falls Le Pen tatsächlich Präsidentin wird.
„Erstens haben die vier Länderteams darüber nachgedacht, dass dieses Szenario eine noch größere Bedrohung für die EU darstellen könnte als der Austritt eines Mitgliedstaats (…) Bei der Reaktion auf dieses Szenario diskutierten die Länderteams, inwieweit Le Pen eingeschränkt werden könnte. Das französische Team war pessimistisch und wies darauf hin, dass das französische Präsidentensystem begrenzte Kontrollen und Abwägungen bietet. Trotzdem sollte die EU nicht versuchen, Frankreich einzuschränken, indem sie es mit Sanktionen isoliert, wie im Fall von Österreich im Jahr 2000. Das spanische Team warnte auch vor einer konfrontativen Haltung gegenüber Frankreich. Stattdessen sollte die EU Verhandlungen aufnehmen und die Franzosen so lange wie möglich mit Gesprächen beschäftigen. Die Niederländer waren sich einig: Reden Sie weiter mit Le Pen im Rat und halten Sie die Dinge in der Luft, um die französischen Pläne zu verzögern. In der Zwischenzeit schlug das deutsche Team vor, sich auf den Schutz des Schengener Übereinkommens und des Binnenmarktes zu konzentrieren, der den freien Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen ermöglicht, in der Hoffnung, dass die Präsidentschaft von Le Pen eine Amtszeit nicht überdauern würde (…) Unter den Teams gab es tiefe Besorgnis darüber, dass die EU nicht stärker als zuvor aus dieser Krise herauskommen könnte, wie dies normalerweise der Fall ist.“
Was Europa blühen würde, falls Le Pen die Präsidentschaftswahlen 2022 gewinnt, hatte der deutsche Ökonom Heiner Flassbeck in einem früheren Interview mit der Zeitung „Der Standard“ ausgesprochen:
„Wenn Marine Le Pen Präsidentin wird, ist Europa am Ende“