Finanzen

Sri Lanka stoppt Zahlungen an ausländische Gläubiger

Wegen einer akuten Finanzkrise stoppt Sri Lanka per sofort alle Zahlungen an ausländische Gläubiger.
13.04.2022 15:00
Aktualisiert: 13.04.2022 15:09
Lesezeit: 3 min
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Inmitten von landesweiten Protesten hat Sri Lanka angekündigt, seine hohen Kreditschulden im Ausland vorerst nicht mehr zurückzuzahlen. Der Inselstaat südlich von Indien stehe kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, warnte Zentralbankchef Nandalal Weerasinghe am Dienstag in Colombo. Das Land hat nach Angaben der Zentralbank Schulden in Höhe von mehr als 50 Milliarden US-Dollar (rund 46 Mrd Euro).

Sri Lanka wolle nun mit Kreditgebern verhandeln, um seine Schulden zu restrukturieren, hieß es aus dem Finanzministerium. Dies sei der letzte Ausweg, um zu verhindern, dass sich die finanzielle Situation weiter verschlechtert. Die Pandemie und der Ukraine-Krieg hätten die finanzielle Lage des Landes untergraben.

Sri Lanka durchlebt seine schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Es mangelt an Lebensmitteln, Treibstoff, Benzin, Gas sowie Medikamenten - und dem Land fehlen die US-Dollar, um entsprechende Güter aus dem Ausland zu importieren. Nun könnten wichtige Importe getätigt werden ohne sich über die Rückzahlung ausländischer Schulden zu sorgen, sagte der Zentralbankchef.

Zuletzt hatte Sri Lanka immer weitere Kredite aufgenommen und auch beim Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe gebeten. Kommende Woche soll es entsprechende Gespräche in Washington geben. Nach Angaben des Finanzministeriums sei eine Restrukturierung der Schulden übereinstimmend mit wirtschaftlichen Programmen des IWF.

Wegen der Krise gibt es seit Wochen landesweite Proteste. Die Demonstranten fordern einen Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa und seinem Bruder und Premierminister Mahinda Rajapakasa, da sie von beiden keine Lösung der Krise erwarten.

Regierung unter Druck

Trotz eines Ausgehverbotes waren im Inselstaat in den vergangenen Wochen Tausende Menschen aus Protest gegen die steigenden Preise und anhaltenden Stromausfälle der Polizei zufolge auf die Straße gegangen. Polizei und Streitkräfte hätten die meisten der landesweiten Proteste nicht aufhalten können. Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa und seiner Regierung sowie Neuwahlen. Rajapaksa und die Regierung hätten es nicht geschafft, die Krise um die steigenden Preise für Treibstoff, Lebensmittel und Gas zu lösen, hieß es.

Auch die größte Oppositionspartei des Landes - die Vereinigte Volkspartei - sowie Studenten und Gewerkschaften nahmen an den Protesten teil - trotz der Warnungen, dass sie wegen Verstoßes gegen die Ausgangssperre verhaftet werden könnten. Anfang April hatte die Regierung noch alle Sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder Youtube blockieren lassen, um gerade neue Proteste zu verhindern. Doch wurde die Sperre wieder aufgehoben - weil es doch zu neuen Demonstrationen gekommen war.

Schon zuvor hatte Präsident Rajapaksa nach Gewalt bei Protesten vor seinem Haus den nationalen Notstand ausgerufen. Später wurde ein Ausgehverbot für 36 Stunden verhängt. Mit der Ausrufung des nationalen Notstandes besitzt der Präsident weitreichende Sicherheitsbefugnisse. Auch die Streitkräfte haben nun Befugnisse, die gewöhnlich die Polizei besitzt, um Menschen festzunehmen und zu inhaftieren. Sri Lanka hat Indien und China um Hilfe bei der Beschaffung von Lebensmitteln und Treibstoff gebeten und auch den Internationalen Währungsfonds um finanzielle Unterstützung ersucht.

Schulden werden mit Tee bezahlt

Bereits MItte Januar hatte Sri Lanka China um eine Restrukturierung seiner Schulden gebeten. Das sagte Außenminister Lakshman Peiris in der Hauptstadt Colombo nach einem Besuch des chinesischen Außenministers Wang Yi. Einzelheiten nannte er nicht. In der Regel geht es bei solchen Umstrukturierungen darum, Zinszahlungen oder die Tilgung von Krediten zu verlängern, damit ein Schuldner mehr finanziellen Spielraum erhält. China ist einer der größten Kreditgeber des Inselstaates im Indischen Ozean. Sri Lanka schuldet China mehr als fünf Milliarden US-Dollar (4,4 Milliarden Euro). Das Geld war unter anderem für Energie-, Hafen- und Straßenprojekte bestimmt.

Sri Lanka wird zudem bereits erhaltenes Öl aus dem Iran mit Tee bezahlen. Die beiden Länder unterzeichneten Ende Dezember 2021 ein entsprechendes Abkommen zur Tilgung von Schulden in Höhe von 251 Millionen Dollar (umgerechnet etwa 221 Millionen Euro), wie die Regierung mitteilte. Nun soll der Iran jeden Monat aus Sri Lanka Tee im Wert von fünf Millionen Dollar bekommen. Der Inselstaat im Indischen Ozean gehört weltweit zu den wichtigsten Tee-Produzenten.

Es sei das erste Mal, dass Sri Lanka Schulden mit Tee bezahlen wolle, hieß es aus dem für Plantagen zuständigen Ministerium. Dem Land geht es unter anderem wegen fehlender Touristen infolge der Corona-Pandemie wirtschaftlich schlecht. Es ist hoch verschuldet. Derzeit fehlt es auch an ausländischen Devisen, um Importe wie Lebensmittel, Medikamente oder auch Öl zu bezahlen. Zudem ist das Geschäft mit dem Iran durch die US-Sanktionen wegen des iranischen Atomprogramms beeinträchtigt. Tee ist davon ausgenommen.

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