Politik

Explosion auf Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte

Lesezeit: 2 min
14.04.2022 11:26  Aktualisiert: 14.04.2022 11:26
Das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte ist nach einer Explosion offenbar schwer beschädigt.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Russland muss in seinem Krieg gegen die Ukraine künftig auf seinen wichtigsten Raketenkreuzer im Schwarzen Meer verzichten. Um 1:05 Uhr Ortszeit in der Nacht zum Donnerstag morst das Kriegsschiff «Moskwa» der Schwarzmeerflotte SOS: Das Schiff sei nach einer Explosion im Munitionslager schwer beschädigt, die Crew evakuiert, heißt es im Funkspruch. Die Ursachen würden untersucht. Auch Kremlchef Wladimir Putin wird über den Vorfall informiert. Die Ukraine behauptet, den Kreuzer mit zwei Raketen getroffen und versenkt zu haben. Aber unklar bleibt, was genau passiert ist.

Im morgendlichen Briefing verliert der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, kein Wort darüber. Er ist traditionell für frohe Botschaften bei der Schlacht gegen die Ukraine zuständig. Die ukrainischen Offiziellen zünden derweil ein Feuerwerk an Erfolgsmeldungen.

Laut dem Chef der Gebietsverwaltung von Odessa, Maxym Martschenko, ist der russische Kreuzer von zwei ukrainischen Schiffsraketen des Typs «Neptun» getroffen und schwer beschädigt worden. Doch die Angaben sind widersprüchlich. Einmal heißt es, dass Schiff sei vor der von Russland eroberten Schlangeninsel getroffen worden, ein anderes Mal soll es in der Bucht von Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim getroffen worden sein. Der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch erklärt das russische Kriegsschiff sogar für gesunken - steht mit dieser Behauptung allerdings ziemlich alleine da.

Dennoch ist der Brand auf dem Schiff für die Ukraine ein psychologischer Erfolg, handelt es sich doch um jenen Kreuzer, der von dem ukrainischen Marineinfanteristen Roman Hrybow aufgefordert wurde: «Russisches Kriegsschiff, verpiss dich!» Inzwischen ist dieser Spruch zu einem geflügelten Wort in der Ukraine geworden. Die «Moskwa» soll unter anderem Ende Februar an der Eroberung der Schlangeninsel knapp 35 Kilometer östlich der Donaumündung beteiligt gewesen sein.

Die russische Militärführung dementiert zwar die Versenkung, räumt aber schwere Schäden ein. Der Brand mit ungeklärter Ursache sei inzwischen eingedämmt worden, die «Moskwa» weiter seetüchtig und die Raketendecks unbeschädigt. Nun solle das Schiff in den nächstgelegenen Hafen abgeschleppt werden. Ähnlich sieht auch das US-Verteidigungsministerium die Lage. Pentagon-Sprecher John Kirby sagt in Washington, das Schiff sei wohl noch in der Lage sei, sich selbst fortzubewegen. Vermutlich tue es genau dies und fahre in Richtung Sewastopol, um dort repariert zu werden.

In jedem Fall wiegt der Verlust für die russischen Streitkräfte schwer: Die 1979 zu Wasser gelassene und 1983 in Dienst gestellte «Moskwa» ist das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, mehr als 180 Meter lang und mit einer Besatzung von mehr als 500 Mann. Zudem ist der Kreuzer erst vor wenigen Jahren runderneuert worden und verfügt über eine gewaltige Feuerkraft und eigentlich auch modernste Luft- und Raketenabwehrsysteme. Eine Reparatur dürfte Monate, wenn nicht Jahre dauern.

Für die russische Marine ein solches Kriegsschiff in der jetzigen Lage enorm wichtig. In allen Seestreitkräften werden die Abläufe bei möglichen Treffern oder auch bei Unglücken an Bord genau geübt. Dabei gilt: Das «äußere Gefecht» ist der Kampf mit Waffensystemen des Schiffes gegen den Gegner. Das «innere Gefecht» gilt dem Umgang mit Treffern im eigenen Schiff, wenn Wassereinbrüche eingedämmt und Feuer gelöscht werden müssen. Wird evakuiert, gibt die Besatzung das Schiff auf.

Es ist das zweite größere russische Schiff, das im Ukrainekrieg zumindest stark beschädigt wurde: Vor knapp drei Wochen war ein Landungsschiff der russischen Kriegsmarine im Hafen der besetzten südukrainischen Stadt Berdjansk infolge eines Raketenangriffs versenkt worden.

Für die weitere Kriegsführung der Russen bedeutet dies durchaus Probleme. Denn der russischen Flotte geht nicht nur jede Menge Feuerkraft verloren. Ihre Kriegsschiffe, die bislang ungehindert in ukrainischen Gewässern navigierten und von dort Landziele unter Beschuss nahmen, müssen sich zudem darauf einstellen, zunehmend zum Ziel von Küstenbatterien zu werden.

Kiew hat sich neben den im eigenen Land hergestellten «Neptun»-Raketen unlängst auch Antischiffsraketen aus Großbritannien gesichert. Um diesen Geschossen zu entgehen, müssen die russischen Kriegsschiffe wohl den Abstand zur Küste vergrößern. Landemanöver wie in Odessa, über die seit Wochen spekuliert wird, werden damit deutlich unwahrscheinlicher.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Raumsonde übersteht nahen Vorbeiflug an der Sonne
27.12.2024

"Die Sonnensonde hat nach Hause telefoniert!", schreibt die US-Raumfahrtbehörde Nasa aufgeregt. Das bedeutet: Der Hitzeschild hat die...

DWN
Politik
Politik Nato in der Krise: Wie sichern wir Frieden und Stabilität in Europa?
27.12.2024

Viele Deutsche sorgen sich angesichts der Lage in der Ukraine vor einer Ausweitung des Krieges. Der neue Nato-Generalsekretär hält dies...

DWN
Finanzen
Finanzen Notenbanker durch und durch: Ex-Bundesbankpräsident Schlesinger zum Gedenken
27.12.2024

Zeit seines Lebens hat sich Helmut Schlesinger für eine stabile Währung eingesetzt. Dabei scheute er auch nicht den Konflikt. Nun ist der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Reformen 2025: Steuererhöhungen, Mindestlohnerhöhung und neue Gesetze im Überblick
27.12.2024

Die Reformen 2025 bringen eine Reihe bedeutender Änderungen für Bürgerinnen und Bürger: vom neuen Mindestlohn über die Einführung der...

DWN
Politik
Politik Jetzt auch amtlich: Steinmeier macht Weg für Neuwahlen frei
27.12.2024

Die Ampel-Koalition zerbrochen, keine neue, stabile Mehrheit in Sicht, Deutschland in der Regierungskrise. Für den Bundespräsidenten gibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Als der Tiger noch im Tank war: Warum sich ExxonMobil von Europa distanziert
27.12.2024

Exxon mit Sitz ist Houston ist eine halbe Billion Dollar wert und damit der größte Mineralöl-Konzern der Welt. 20 Prozent der 62.000...

DWN
Politik
Politik Studie: Elterngeld seit Einführung deutlich weniger wert
27.12.2024

Die Kaufkraft des Elterngelds sei seit 2007 um 38 Prozent gesunken, schreibt das Institut der deutschen Wirtschaft in einer aktuellen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Flugsicherung erhöht Gebühren: Gründe, Auswirkungen und Forderungen
27.12.2024

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat angekündigt, zum Jahreswechsel die Gebühren für Fluggesellschaften deutlich zu erhöhen. Während...