Deutschland

Umfrage: Verbraucher sehen Inflationsrate bei 14 Prozent

Die Preise steigen in der Wahrnehmung der deutschen Verbraucher fast doppelt so stark wie offiziell gemessen.
17.04.2022 10:20
Aktualisiert: 17.04.2022 10:20
Lesezeit: 2 min

Die Preise steigen in der Wahrnehmung der deutschen Verbraucher fast doppelt so stark wie offiziell gemessen. Die Inflationsrate ihrer regelmäßig erworbenen Güter schätzen die Deutschen auf durchschnittlich 14,0 Prozent, wie aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Ipsos unter mehr als 1000 Teilnehmern für die ING-Bank hervorgeht. Diese lag der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag vor. Die vom Statistischen Bundesamt für März ermittelte Teuerungsrate beträgt dagegen 7,3 Prozent, womit sie so hoch ausgefallen ist wie seit 1981 nicht mehr.

"Weil Lebensmittel und Kraftstoffe häufig und regelmäßig erworben werden, bekommen die Konsumenten die starken Ausschläge dieser Preise im Einzelhandel oder an der Tankstelle deutlich vorgeführt", betonen die ING-Experten. "Dies führt oft dazu, dass die persönliche Wahrnehmung der Inflation von den offiziell festgestellten Statistiken abweicht – man spricht von der gefühlten Inflation." Ökonomen würden hingegen durch stark schwankende Preise wie die von Energie und Lebensmitteln gerne "hindurchsehen" und sich auf die Kerninflation konzentrieren, die diese ausblendet.

Für die kommenden zwölf Monate erwarten die Deutschen der Umfrage nach im Durchschnitt eine Inflationsrate von 11,4 Prozent. 86 Prozent der Befragten gehen von weiter steigenden Preisen aus. Zwei Drittel davon erwarten allerdings, dass der Anstieg die Marke von zehn Prozent nicht überschreitet. Aber fast 22 Prozent halten eine Teuerungsrate von bis zu 20 Prozent für möglich.

Zum Phänomen der gefühlten Inflation trägt der ING zufolge auch bei, dass gerade für diejenigen Ausgaben, die mit niedrigen Preissteigerungen die offizielle Inflation dämpfen, nur selten bewusste Konsumentscheidungen getroffen werden. "Bestes Beispiel sind die Mieten, die im Wägungsschema des Statistischen Bundesamts ein doppelt so hohes Gewicht einnehmen wie die Ausgaben für Energie", heißt es dazu. Während letztere im März bei einer Preissteigerung von fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat lag, verharren die Mieten üblicherweise bei Werten um die 1,5 Prozent - so auch derzeit. Allerdings dürften sich potenzielle Mieter mit weit stärkeren Steigerungen konfrontiert sehen. "Da jedes Jahr nur ein kleiner Teil der Mieter umzieht, wird die gemessene Preisänderung bei den Mieten von der großen Zahl der Bestandsverträge dominiert", heißt es dazu.

Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Inflation mittelfristig bei 2,0 Prozent stabilisieren. Angesichts der Rekordinflation im gesamten Euroraum macht sie sich auf den Weg zu einer Zinswende. EZB-Präsidentin Christine Lagarde signalisierte am Donnerstag nach der geldpolitischen Sitzung, dass die Zeiten der milliardenschweren Anleihenkäufe gezählt sind und "sehr wahrscheinlich" im Sommer enden werden. In einem zweiten Schritt soll dann das Ende der Nullzins-Ära eingeläutet werden.

Viel Ökonomen fordern eine schnellere Zinswende. "Jeder Monat des Zauderns fügt der Reputation dieser wichtigen europäischen Institution Schaden zu", sagte etwa Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mit Blick auf die EZB, die anders als die Notenbanken in den USA und Großbritannien noch keine Zinsanhebung gewagt hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erzeugerpreise sinken weiter: Energie drückt den Index
19.12.2025

Sinkende Energiepreise drücken die Erzeugerpreise in Deutschland weiter nach unten. Der Abstand zum Vorjahr wächst, während sich im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Beschäftigungsbarometer sinkt weiter: Alarmzeichen zum Jahresende für den deutschen Arbeitsmarkt
19.12.2025

Trotz Konjunkturpaket kippt die Stimmung am Arbeitsmarkt: Das Beschäftigungsbarometer fällt weiter und signalisiert wachsende...

DWN
Politik
Politik EU sichert Ukraine-Finanzierung bis 2027 – Moskau spottet
19.12.2025

Die EU hat sich nach zähem Ringen auf eine Ukraine-Finanzierung bis 2027 geeinigt. Ein zinsloser Kredit über 90 Milliarden Euro soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Baugenehmigungen steigen wieder: Eigenheime besonders gefragt
19.12.2025

Nach langer Flaute werden in Deutschland wieder deutlich mehr Wohnungen genehmigt. Vor allem bei Einfamilienhäusern zieht die Nachfrage...

DWN
Technologie
Technologie Lothar Schupet: Warum ich nach 23 Jahren BMW für ein chinesisches Startup verlassen habe
19.12.2025

Ein deutscher Topmanager verlässt nach 23 Jahren einen der mächtigsten Autokonzerne Europas und geht ausgerechnet zu einem chinesischen...

DWN
Finanzen
Finanzen USA Börsen: Überraschend deutlicher Rückgang der US-Inflation beflügelt die Aktienmärkte
18.12.2025

Die im letzten Monat überraschend stark abgekühlten US-Inflationsdaten befeuerten die Hoffnung, dass im Jahr 2026 weitere Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Feuer und Tränengas: Tausende Bauern protestieren in Brüssel gegen Mercosur
18.12.2025

Feuer, Tränengas und Traktoren: Tausende Landwirte bringen Brüssels Europaviertel zum Chaos. Sie protestieren gegen das geplante...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlandfonds startet: Wie der Staat 130 Milliarden Euro private Investitionen lostreten will
18.12.2025

Deutschland braucht Wachstum, aber der Staat allein kann es nicht finanzieren. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen neuen Hebel: den...