Politik

Nach Ukraine: Russland eröffnet neue zweite Front

Lesezeit: 2 min
19.04.2022 19:59  Aktualisiert: 19.04.2022 19:59
Russlands Armee und Marine bringen sich in einem weiteren Teil der Welt in Stellung.
Nach Ukraine: Russland eröffnet neue zweite Front
Der russische Flugzeugträger "Admiral Kuznetsov". (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der russische Zerstörer „Admiral Pantelejew“ führt derzeit im Ostchinesischen Meer zusammen mit einem mittelgroßen russischen Öltanker ein Manöver durch, dessen Ziel es ist, russische Tanker vor Angriffen zu schützen. Die Meldung stammt von der russischen Nachrichtenagentur „Sputnik“, die sich wiederum auf eine Pressemeldung der russischen Pazifikflotte bezieht. Danach sei es der Besatzung der „Pantelejew“ gelungen, den imaginären Angriff abzuwehren.

Beide Schiffe waren aus ihrem Heimathafen Wladiwostok ausgelaufen, um das Manöver durchzuführen. Wladiwostok liegt an Russlands äußerster Ostgrenze gegenüber Japans Hauptinsel „Honshu“. Das Ostchinesische Meer liegt südlich von Südkorea und Japan, nördlich von Taiwan und östlich der chinesischen Küste (wo sich mit dem Hafen von Schanghai der größte Hafen der Welt befindet).

Die „Pantelejew“ ist einer der Zerstörer der Udaloy-Klasse, die in den 1980er Jahren gebaut wurden. Sie verfügen unter anderem über Systeme zur Luftabwehr und Bekämpfung von U-Booten und sollen auch mit Nuklearsprengköpfen ausgerüstet werden können.

Dass das Manöver gerade jetzt stattfindet, ist kein Zufall. Russland will maritime Stärke demonstrieren: Zum einen gegenüber dem Westen, nachdem sein Schwarzmeerflottenschiff „Moskwa“ gesunken ist (wie, ist nach wie vor nicht klar: Russland besteht darauf, dass es sich um einen Unfall handelte, während die Ukraine behauptet, den Raketenkreuzer mit zwei Raketentreffern versenkt zu haben, wobei es möglich ist, dass die Raketenabwehr des Schiffes von Drohnen aus türkischer Produktion abgelenkt wurde). Zum anderen gegenüber Japan, mit dem es sich im Clinch um die nordöstlich von Japan gelegenen Kurilen-Inseln befindet. Ende März führte Russland auf der Inselkette ein Manöver mit rund 3.000 Soldaten durch.

Die „South China Morning Post“ zitiert zum einen den chinesischen Marine-Analysten Li Jie: „Aufgrund der westlichen Sanktionen ist Russland besorgt, dass seine Öltanker und Frachtschiffe gekapert werden können. Sie begleitende Kriegsschiffe können diese Schiffe schützen.“ Zum anderen den ehemaligen Volksarmee-Oberst Yue Gang: „Die Übungen … sollen den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten demonstrieren, dass der russische Rohölhandel unantastbar ist“.

Von chinesischer Seite (das Manöver fand zwar weit außerhalb des chinesischen Hoheitsgebiets statt, aber, wie gesagt, im chinesischen Interessengebiet) ist keine Reaktion bekannt. Möglicherweise will Russland gegenüber dem Westen und gegenüber Japan demonstrieren, dass sein Verhältnis mit dem Reich der Mitte ungetrübt ist und von dort keine Kritik an seinen militärischen Aktivitäten sowohl in der Ukraine als auch in Fernost zu erwarten ist.

Es überrascht, dass Russland nun neben der Ukraine anscheinend eine weitere Front eröffnet ("Front" ist angesichts der angespannten Lage der richtige Ausdruck, auch wenn es hier - noch - zu keinen konkreten militärischen Auseinandersetzungen gekommen ist). Tatsache ist nämlich, dass diese Entwicklung China gar nicht gefallen kann, denn sie verstärkt die seit einiger Zeit sowie schon zu beobachtende Militarisierung der Region, die vor allem von einer starken Aufrüstung Japans, Taiwans und den beiden koreanischen Staaten gekennzeichnet ist (wobei Nordkorea natürlich eine Sonderrolle spielt). Die öffentliche Meinung in Südkorea ist eindeutig pro Stationierung taktischer amerikanischer Atomwaffen, und auch Japans ehemaliger Regierungs-Chef Shinzo Abe hat kürzlich das in seinem Land eigentlich Unsagbare geäußert: Atomwaffen könnten notwendig werden (wenn auch nicht eigene, sondern - genau wie im Fall von Südkorea - amerikanische).

Heute hat das offizielle Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, die „Global Times“, bekanntgegeben, dass die Volksrepublik einen speziellen Gesandten in eine ganze Reihe der sogenannten CEEC-Staaten (die mittel- und osteuropäischen Länder) schicken wird, und zwar in die Tschechische Republik, in die Slowakei, nach Ungarn, Kroatien, Slowenien, Polen, Estland und Lettland. Unter anderem sollen dort „Missverständnisse ausgeräumt“ werden hinsichtlich Chinas Haltung zum Ukraine-Krieg, die in den betreffenden Staaten für große Unruhe sorgt. Die Global Times spricht ganz offen an, dass Peking sich um seine „Neuen Seidenstraße“-Initiative Sorgen macht, für deren Erfolg die osteuropäischen Länder eine gewichtige Rolle spielen.

Eins steht fest: Der Ukraine-Krieg wirbelt die „Weltinsel“ ziemlich durcheinander.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Memoiren „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Erinnerungen schönschreibt
22.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform: Entscheidung über Lauterbachs hoch umstrittenes Projekt heute im Bundesrat
22.11.2024

Krankenhausreform: Kommt sie jetzt doch noch? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht mit seinem hochumstrittenen Projekt vor...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
22.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktien sind heiß gelaufen: Warum immer mehr Analysten den europäischen Aktienmarkt in den Blick nehmen
22.11.2024

Vermögensverwalter Flossbach von Storch sieht zunehmend Risiken für US-Aktien. Nach der jüngsten Rekordjagd an den US-Börsen verlieren...

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...